ISO-Infoabend zur Nouveau Front Populaire
N. B.
Am 31. Januar 2025 kam unser französischer Genosse Antoine Larrache zu uns nach Mannheim. Als langjähriger Aktivist der Nouveau Parti Anticapitaliste (NPA, IV. Internationale) berichtete er von dem Wahl- und Aktionsbündnis Nouveau Front Populaire (NFP, Neue Populäre Front).

Demo gegen Faschismus in Paris, 15. Juni 2024. (Foto: Martin Noda/Hans Lucas.)
France, Paris, 2024-06-15. Une manifestante avec une pancarte avec le slogan “Faire Front Populaire”. Manifestation contre l extreme droite. Photographie de Martin Noda / Hans Lucas
Antoine ordnete die Entstehung und das Wirken der NFP zunächst in den gesellschaftlichen Kontext ein. Auch in Frankreich drückt sich die globale Krise aus, unter anderem in Massenentlassungen von etwa 800.000 Beschäftigten und einer Verschärfung rassistischer Angriffe von oben.
Politisch kommt es dabei zu einer Polarisierung zwischen rechten und linken Kräften. In Frankreich ist zu beobachten, dass reaktionäre Kräfte und die Großbourgeoisie sich dem rechtsextremen Rassemblement National (RN) anschließen. Eine Massenbasis jenseits von Wahlen konnte der RN nach Antoines Einschätzungen aber noch nicht aufbauen.
Front gegen den rechten RN
Angesichts der Gefahr einer Mehrheit für den RN bei den Parlamentswahlen 2024 schlossen sich zahlreiche größere und kleinere linke Parteien und Gruppen zur NFP zusammen. Mit dem Fokus auf den Wahlen konnten sie eine starke Basis aufbauen. Insbesondere in Wohnvierteln der arbeitenden Klasse gelang eine großflächige Mobilisierung. Strukturen und Komitees wurden vor allem in Industrie-Regionen und im Zusammenspiel mit sozialen Bewegungen geschaffen. So stellte die NFP ein Programm auf, das viele der Probleme der arbeitenden Klasse aufgreift und damit einen starken emanzipatorischen, wenn auch nicht revolutionären Charakter aufweist.
Einheit oder Politpöstchen?
So gelang es der vereinten gesellschaftlichen Linken in Frankreich, den Wahlsieg des rechten RN zu verhindern. Nach der Wahl zeigte sich aber auch die Schwäche des Bündnisses, so Antoine. Die größeren Parteien ließen den Einheitsgedanken schnell hinter sich und begaben sich in Machtkämpfchen um einzelne Parlaments- und Regierungsposten. Die Basis-Arbeit ließen sie nahezu fallen und es kostet Organisationen wie unserer Schwesterpartei NPA viel Kraft, zumindest einige Basiskomitees aufrecht und aktionsfähig zu halten.
Klassenbewusstsein dort und hier
In unserer Diskussion stellten wir fest, dass die politische Lage in Frankreich und Deutschland sich in vielem ähnelt. Einen entscheidenden Unterschied fanden wir jedoch in der relativen Stärke der radikal linken Kräfte. Anders als bei den meisten linken Ansätzen in Deutschland ist es der NFP gelungen, Teile der arbeitenden Klasse in die Mobilisierung zu integrieren. Antoine beschrieb auch, wie in bestimmten Teilen der Arbeiterschaft das politische Bewusstsein zunimmt und insbesondere in den unteren Schichten der Klasse der Kampf gegen Rassismus eine bedeutende Rolle spielt.
Auch wenn die Entwicklungen der NFP nach den Wahlen Ernüchterungen mit sich brachten, haben die Aktiven in ihren Komitees doch Strukturen geschaffen. Sie versuchen, diese auf- recht zu erhalten oder zu reaktivieren. Denn es ist angesichts der globalen und nationalen Lage nur eine Frage der Zeit, bis weitere, noch schärfere Krisen ausbrechen.
Was wir hierzulande lernen können
Mit etwas Abstand zu dem hoch interessanten Infoabend zur NFP in Frankreich sollten wir mit Blick auf die Situation in Deutschland mindestens eine wichtige Lehre aus den Erfahrungen unserer französischen Genoss:innen ziehen: Das Mobilisieren zur Wahl kann ein Ausgangspunkt sein. Die Aktivität gilt es jedoch darüber hinaus fortzuführen, geschaffene Strukturen zu halten und aufzubauen. In den letzten Wochen haben Tausende mit unermüdlichem Einsatz dazu beigetragen, dass die Linkspartei wieder in den Bundestag einzieht. Mit den starken 8,8 % ist jedoch kein Endpunkt erreicht. Vielmehr gilt es, die entstandene Aktivität in den Aufbau starker Strukturen der linken Bewegung zu orientieren, die abseits von Parlamenten unsere Grundrechte verteidigt und Widerstand organisiert.