H. N.
Die Durchschlagskraft des neoliberalen Kapitalismus besteht in einer klaren und simplen strategischen Orientierung. Alle Hindernisse für die grenzenlose Profitmaximierung sollen beseitigt werden.
Vor dem Hintergrund eines zunehmenden globalen Wirtschaftskrieges wollen die Superreichen und ihre politischen Handlanger die seit Jahrzehnten anhaltende Offensive des Kapitals noch weiter verstärkten.
Bereits die bisher erzielten Ergebnisse lassen einen schwindeln. 147 Konzerne beherrschen 2011 die Weltwirtschaft. Die acht reichsten Männer der Welt besitzen 2016 mehr als 3,6 Milliarden Menschen – d.h. mehr als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Die globale Menge des 2017 vorhandenen Bar- und Buchgelds ist zwölf Mal so groß wie der Preis aller kaufbaren Dinge.
Durch Ungeschütztheit, Verlagerung, Vernichtung und Zerstückelung von menschlicher Arbeit wollen die Herrschenden das Kräfteverhältnis noch mehr zu Gunsten des Kapitals verschieben. Mit der „Digitalisierung“ streben Wirtschaft & Politik zudem eine grundlegende Transformation der Arbeitswelt an. Die verbliebene Schutzmacht von Gewerkschaften soll entscheidend geschliffen werden.
Der erfolgreiche Klassenkampf von oben wird verstärkt durch eine flexible Taktik bei seiner Umsetzung. Flankiert wird dies alles durch eine permanente ideologische Gehirnwäsche. Rund um die Uhr.
Margaret Thatcher, die britische Vorkämpferin des Neoliberalismus, gilt als Erfinderin des „TINA-Prinzips“: „There is no alternative“ – „Es gibt keine Alternative“. In der Formulierung von Frau Merkel heißt das, die prokapitalistische Politik der Bundesregierung sei „alternativlos“.
Thatchers Losung „Ein starker Staat für eine freie Wirtschaft“ und Merkels „marktkonforme Demokratie“ hatten und haben zwei Seiten. Einerseits weitestgehende Reduzierung der staatlichen Wirtschaftskontrolle, um dem Kapital freie Fahrt zu geben. Andererseits zunehmende Verstärkung und Raffinesse der staatlichen Kontroll- und Unterdrückungstechniken, die gegen die große Mehrheit gerichtet sind.
Ergänzt wird das um eine weitere Ebene – den Pseudo-Dialog. KritikerInnen eines Vorhabens werden zum Gespräch, zur Mediation oder zur Schlichtung eingeladen. Ziel dieser Methode ist es, in fortgesetztem „Meinungsaustausch“ den Gegner zu erschöpfen und den – vorgegebenen – Konsens als absolute Norm durchzusetzen. Gleichzeitig können die Verweigerer eines Dialogs als „unverantwortlich“ und „radikal“ diffamiert werden.
Ein Schelm, wer dabei an die aktuelle Politik etwa in Frankreich oder in Deutschland denkt …
Dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Juncker, werden die folgenden Sätze zugeschrieben: „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“
Wie gut, dass die Rebellion der „Gelbwesten“ in Frankreich seit November 2018 genau diese Politik in Frage stellt. Trotz rechter Manipulationsversuche und trotz der Bekämpfung durch Regierung, Polizei, Justiz und Medien.
Ist es nicht ist an der Zeit, auch hierzulande aktiver zu werden? Was hindert uns, Vereinzelung und Passivität durch solidarischen, gemeinsam organisierten Protest gegen die Auswirkungen des Kapitalismus zu überwinden?