Inter­clean - Kol­le­gIn­nen weh­ren sich gegen Mob­bing und Lohndumping

 

P.S.

Inter­clean lässt sich als wei­te­res Bei­spiel ein­fü­gen in die Lis­te der Betriebs­rats-Mob­ber. Wer sich mit dem Fall beschäf­tigt, erhält den Ein­druck, dass Geschäfts­füh­rer Hel­muth Bar­kow­ski für sich das Recht bean­sprucht, das Unter­neh­men nach sei­nen eige­nen Geset­zen zu regie­ren. Doch nicht alle Kol­le­gIn­nen neh­men dies wider­spruchs­los hin.

Die Inter­clean Gebäu­de­rei­ni­gung und Gebäu­de­diens­te GmbH, ein Unter­neh­men mit weni­ger als 200 Beschäf­tig­ten, hat ihren Sitz in Glad­beck. Haupt­auf­trag­ge­ber von Inter­clean ist das Ein­kaufs­zen­trum Cen­tro in Ober­hau­sen. Der Bru­der des Geschäfts­füh­rers, Micha­el Bar­kow­ski, ist dort für den Bereich Rei­ni­gung zuständig.

Im Jahr 2012 grün­de­te sich bei Inter­clean ein Betriebs­rat. Sei­ne Mit­glie­der wur­den zur Ziel­schei­be eines aus­ge­feil­ten Sys­tems von Schi­ka­nen. Dem BR wur­de als „Betriebs­rats­bü­ro“ ein unbe­heiz­ter Con­tai­ner zur Ver­fü­gung gestellt, der auch nicht die für die Betriebs­rats­ar­beit benö­tig­te Aus­stat­tung besaß. Der BR muss­te immer wie­der um geeig­ne­te Arbeits­be­din­gun­gen und um die benö­tig­ten Arbeits­mit­tel kämp­fen. Dem Vor­sit­zen­den des Betriebs­rats wur­de noch 2012 wegen angeb­li­chen Arbeits­zeit­be­trugs gekün­digt. Er klag­te erfolg­reich auf die Rück­nah­me der Kün­di­gung, been­de­te dann aber unter ande­rem auf­grund ver­schlech­ter­ter Arbeits­be­din­gun­gen das Arbeits­ver­hält­nis selbst. Es folg­ten wei­te­re Kün­di­gun­gen, dar­un­ter die Eigen­kün­di­gun­gen von Wal­ter und Simo­ne Reiß­ner, zwei wei­te­ren Mit­glie­dern des Betriebs­rats, die als Rei­ni­gungs­kraft bzw. als so genann­te Sitze­rin1 in der Toi­let­ten­an­la­ge des Cen­tro beschäf­tigt waren.

Bei­de reich­ten im Anschluss Kla­ge gegen Inter­clean auf Her­aus­ga­be eines Teils der Trink­gel­der ein. Das Unter­neh­men hat­te das von den Kun­dIn­nen hin­ter­las­se­ne Trink­geld kom­plett ein­be­hal­ten.2 Inzwi­schen war Des­de­mo­na Eber­lein als Betriebs­rats­vor­sit­zen­de nach­ge­rückt. Der Betriebs­rat war zu der Zeit von sie­ben Mit­glie­dern auf drei geschrumpft – unter ihnen der ein­zi­ge Kan­di­dat der Geschäfts­lei­tung. Von da an erhiel­ten die Klä­ge­rIn­nen und die Betriebs­rats­vor­sit­zen­de Tag und Nacht Anru­fe sowie Emails mit Belei­di­gun­gen, Dro­hun­gen und Erpres­sun­gen. Der Ter­ror mach­te auch vor Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen nicht Halt und beein­träch­tig­te das Leben der Betrof­fe­nen nach­hal­tig. Mit einer Pres­se­er­klä­rung gab Inter­clean im Sep­tem­ber 2013 die Auf­lö­sung des Betriebs­rats bekannt, der von ihr als kor­rupt und für die Beleg­schaft und das Unter­neh­men als schäd­lich bezeich­net wur­de. Mit der angeb­li­chen Zustim­mung vie­ler der Ange­stell­ten wur­de von der Geschäfts­lei­tung statt­des­sen ein „Beleg­schafts­rat“ ein­ge­setzt, unter der Lei­tung des BR-Kan­di­da­ten der Geschäfts­lei­tung. Bei den BR-Wah­len in die­sem Jahr kan­di­dier­te Des­de­mo­na Eber­lein, aller Schi­ka­nen zum Trotz, erneut für den Betriebs­rat und wur­de auch gewählt – als ein­zi­ge enga­gier­te Gewerk­schaf­te­rin. Das Betriebs­rats-Mob­bing hat offen­bar sein Ziel erreicht und einen unter­neh­mer­freund­li­chen „Betriebs­rat“ durchgesetzt.

Doch hier­mit gab sich Geschäfts­füh­rer Hel­muth Bar­kow­ski noch nicht zufrie­den. Als Des­de­mo­na Eber­lein Dru­cker­pa­tro­nen für die Betriebs­rats­ar­beit bestell­te und die Rech­nung bei Inter­clean ein­reich­te, kon­stru­ier­te die Geschäfts­lei­tung dar­aus einen Betrugs­ver­such und sprach die frist­lo­se Kün­di­gung aus. Um den „Betrug“ zu „bewei­sen“, hat­te Inter­clean zuvor die Kol­le­gin sowie die Fir­ma, bei der sie die Dru­cker­pa­tro­nen gekauft hat­te, durch die Sicher­heits­fir­ma des Cen­tro aus­spio­nie­ren las­sen. Tele­fon­ter­ror und Schi­ka­nen gin­gen wei­ter. Und es pas­sier­ten ner­ven­auf­rei­ben­de Din­ge: Zum Bei­spiel bestell­te jemand auf den Namen Eber­lein Kata­lo­ge für die Fir­ma Interclean.

Unter Miss­brauch ihrer Tele­fon­num­mer erhiel­ten Drit­te uner­be­te­ne Wer­be­an­ru­fe für Dienst­leis­tun­gen von Inter­clean. Als jemand unter ihrem Namen einen Nach­sen­de­an­trag stell­te, der ihre gesam­te Post an Inter­clean umlei­te­te, erstat­te­te sie Anzei­ge. „Rechts­an­wäl­te“ wie Nau­joks , der auf sei­ner Web­site damit wirbt, „zu den weni­gen Anwäl­ten im deut­schen Arbeits­recht [zu zäh­len], die kon­se­quent und aus­schließ­lich Arbeit­ge­ber­in­ter­es­sen ver­tre­ten“, oder die Kanz­lei Schrei­ner & Part­ner, die eben­falls gewerk­schafts­feind­li­che Semi­na­re für „Arbeit­ge­ber“ abhält, lie­fern Anlei­tun­gen für das Betriebs­rats-Bas­hing. Im Fall von Inter­clean heißt die Kanz­lei Löbb­ecke, Gövert, Büse und Part­ner. Der direkt invol­vier­te Anwalt, der Inter­clean recht­lich ver­tritt, ist Mar­tin Löbb­ecke, ver­wandt­schaft­lich ver­bun­den mit Inter­clean-Geschäfts­füh­rer Micha­el Barkowski.

Aber es gibt in Sachen Inter­clean nicht nur Nega­ti­ves zu berich­ten. Hier ist ins­be­son­de­re das posi­ti­ve Ergeb­nis des Pro­zes­ses um das so genann­te Tel­ler­geld zu nen­nen, den Simo­ne und Wal­ter Reiß­ner ange­strengt hat­ten.1 Es ist zu wün­schen, dass sich vie­le ermu­tigt füh­len und dem Bei­spiel von Simo­ne und Wal­ter Reiß­ner fol­gen. Eben­so ist zu wün­schen, dass sie sich in der Gewerk­schaft orga­ni­sie­ren und sich in ihrem Betrieb für ihre Rech­te ein­set­zen. Für Beschäf­tig­te pri­va­ter Rei­ni­gungs­un­ter­neh­men ist die IG BAU die zustän­di­ge Gewerk­schaft, die auch die Grün­dung des Betriebs­rats bei Inter­clean unter­stützt und deren Mit­glie­der bei den Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit dem Unter­neh­men zum Teil beglei­tet hat. Dass sich Vie­le gewerk­schaft­lich orga­ni­sie­ren und eine akti­ve Basis bil­den, ist letzt­lich die Grund­vor­aus­set­zung für star­ke und durch­set­zungs­fä­hi­ge Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen der Lohn­ab­hän­gi­gen. Und die wie­der­um sind zwin­gend not­wen­dig für grund­le­gen­de gesell­schaft­li­che Ver­än­de­run­gen. Orga­ni­sie­rung und der kol­lek­ti­ve und soli­da­ri­sche Kampf für die gemein­sa­men Inter­es­sen sind die ein­zi­ge Mög­lich­keit, um den zuneh- men­den Angrif­fen der so genann­ten Arbeit­ge­ber auf ein­zel­ne Gewerk­schaf­te­rIn­nen etwas ent­ge­gen­set­zen zu können.

Es macht auch ande­ren Mut, wenn enga­gier­te Kol­le­gIn­nen sich nicht unter­krie­gen las­sen. Dies ist jedoch nur mög­lich, wenn die­se Kol­le­gIn­nen auch ihrer­seits nicht allei­ne ste­hen, son­dern eine unter­stüt­zen­de Gemein­schaft im Rücken haben. Des­de­mo­na Eber­lein ist eine der­je­ni­gen, die stand­hal­ten, und sie braucht die Unter­stüt­zung von ihrer Gewerk­schaft und von mög­lichst vie­len Akti­ven, um wei­ter­hin den Kopf oben behal­ten zu kön­nen. Fort­ge­setz­tes Mob­bing macht auf die Dau­er auch star­ke Per­sön­lich­kei­ten krank. Es ist wich­tig, die­sen zer­stö­re­ri­schen Kräf­ten eine deut­lich ver­nehm­ba­re Gegen­bot­schaft ent­ge­gen­zu­set­zen. Heu­te ist es wich­tig, einer­seits der Kol­le­gin den Rücken zu stär­ken, denn für sie ist die Geschich­te noch nicht zu Ende. Ihre frist­lo­se Kün­di­gung wur­de von Inter­clean Ende Juli zurück­ge­nom­men. Dann wur­de ihr wie­der gekün­digt. Am 10. Sep­tem­ber hat das Arbeits­ge­richt Gel­sen­kir­chen fest­ge­stellt, dass ihr Arbeits­ver­hält­nis wei­ter besteht.

Wie es wei­ter geht, ist unklar. Das Ver­fah­ren gegen sie wegen des angeb­li­chen Betrugs wur­de auf­grund man­geln­den öffent­li­chen Inter­es­ses ein­ge­stellt, aber das von ihr zu Beginn des Jah­res aus­ge­leg­te Geld für die angeb­lich nicht exis­tie­ren­den Dru­cker­pa­tro­nen hat sie bis heu­te von Inter­clean nicht bekom­men. Die am 25. Sep­tem­ber vor dem Arbeits­ge­richt Gel­sen­kir­chen ver­han­del­te dies­be­züg­li­che Kla­ge des alten Betriebs­rats wur­de vom Gericht ver­tagt, da Inter­clean-Anwalt Löbb­ecke die Gül­tig­keit des Betriebs­rats­be­schlus­ses zur Kla­ge­er­he­bung in Zwei­fel zog.

Beim Gerichts­ter­min am 10. Sep­tem­ber waren etwa 15 Besu­che­rIn­nen da, die regio­na­le Pres­se und das Regio­nal­fern­se­hen. Beim Gerichts­ter­min am 25. Sep­tem­ber war, auf­grund der eben­falls auf die­sem Tag ter­mi­nier­ten Ver­hand­lung zum „Tel­ler­geld“, mit etwa 30 Besu­che­rIn­nen der Saal voll. Es waren auch mehr Medi­en­ver­tre­te­rIn­nen anwe­send. Dem Geschäfts­füh­rer von Inter­clean sowie sei­nem Rechts­bei­stand hat die­ser Umstand offen­kun­dig nicht gefal­len. Sie mögen Öffent­lich­keit für ihre Machen­schaf­ten nicht. Um so wich­ti­ger, dass Gewerk­schaf­te­rIn­nen Öffent­lich­keit schaf­fen und aktiv wer­den! Unter­neh­mer, die auf eine Wei­se vor­ge­hen wie Inter­clean, und die in der blo­ßen Exis­tenz eines Betriebs­ra­tes offen­bar schon eine Pro­vo­ka­ti­on sehen, sol­len mit ihren Metho­den nicht durch­kom­men – eben­so wenig wie ihre Unter­stüt­zer. Lie­be Mona, lass’ Dich nicht unter­krie­gen! Es gibt viel zu weni­ge Men­schen, die den Mut und die Kraft auf­brin­gen, auf­recht zu gehen und sich gegen „ihre“ Geschäfts­lei­tung zu weh­ren. Wir neh­men es nicht hin, dass Du als Ein­zel­ne mit übels­ten Mob­bing-Metho­den fer­tig gemacht wer­den sollst!

Soli­da­ri­tät mit Des­de­mo­na Eber­lein! Schluss mit dem Betriebs­rats-Mob­bing! Rote Kar­te für Unionbusting-Anwälte!

1 Das Berufs­bild der „Sitze­rIn­nen“ wur­de eigens zum Zweck des Lohn­dum­pings geschaf­fen, u. a., um den Min­dest­lohn der Rei­ni­gungs­kräf­te zu umge­hen. „Sitze­rIn­nen“ sol­len die von den Toi­let­ten­nut­ze­rIn­nen hin­ter­las­se­nen Trink­gel­der bewa­chen und dann an den Unter­neh­mer aushändigen.
2 Über die Pra­xis des Lohn­dum­pings von Inter­clean und die erfolg­rei­che Kla­ge von Simo­ne und Wal­ter Reiß­ner gegen das Ein­be­hal­ten der Trink­gel­der im Cen­tro in Ober­hau­sen berich­ten wir in der nächs­ten Ausgabe. 
aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti 226, Okto­ber 2014
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