U. D.
Auch für den Oktober 2022 ermittelte das Statistische Bundesamt eine Inflationsrate von über 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Erneut stiegen insbesondere die Preise für Energie und Nahrungsmittel. Ein Ende der Preistreiberei ist nicht in Sicht.
Bereits Ende 2021 – also vor dem Ukraine-Krieg – sind die Preise massiv gestiegen. Aber immer noch werden der russische Überfall Ende Februar 2022 und seine verheerenden Folgen als wesentlicher Grund der Teuerung genannt. Zum einen soll damit die Inflation als unvermeidlich dargestellt werden. Zum anderen soll von ihrer wirklichen Ursache, dem kapitalistischen Profitsystem, abgelenkt werden.
„Zeitenwende“ im Interesse des Kapitals
Die Polit-Kaste dieses Landes verkündet unermüdlich, dass „wir“ angesichts des Krieges, der Energiekrise und der Teuerung „solidarisch zusammenrücken“ müssten. Dabei ist offensichtlich, wer dabei zahlen soll – vor allem die arbeitende Klasse.
Dagegen halten sich die Reichen, Superreichen und Konzerne beim „solidarischen“ Zusammenrücken vornehm zurück. Stattdessen nutzen sie die aktuelle Lage und ihre Kapitalmacht rücksichtslos aus, um auf Kosten der großen Mehrheit ihre Klassen- und Profitinteressen durchzusetzen. Begründet wird dies mit „wirtschaftlichen Notwendigkeiten“ sowie der „Sicherung des Standortes Deutschland“ und „unseres“ Wohlstandes.
Die Ampelparteien, die CDU/CSU und die faschistisch geprägte AfD unterstützen trotz aller Unterschiede, diese Politik des Kapitals. Sie schaffen beste Ausbeutungs- und Profitbedingungen mit Niedriglohnsektor, Leiharbeit und „Bürgergeld“ und verkaufen dies als „sozial“ und „alternativlos“.
Ein Beispiel für dieses politische Verwirrspiel ist die verlogene Debatte um das „Bürgergeld“. Lautstark wurde über angeblich fehlende Sanktionen, hohe Schonvermögen, geringe Abstände zu den Niedriglöhnen und arbeitsunwillige Anspruchsberechtigte „gestritten“. So wurde die arbeitende Klasse in faul und fleißig gespalten und ihr Sand in die Augen gestreut. Die eigentlichen Skandale, der Niedriglohnsektor und die Erwerbslosigkeit, blieben lediglich ein Randthema.
Ohnmacht statt Gegenmacht
Die führenden Apparate der DGB-Gewerkschaften haben sich dieser Politik bislang nicht in den Weg gestellt. Sie setzen dem Klassenkampf von oben bewusst keinen Klassenkampf von unten entgegen. Im Gegenteil, mit ihrer Beteiligung an der „Konzertierten Aktion“ unterstützen die Gewerkschaftsführungen letztendlich ein Bündnis mit dem Kapital.
In diese Richtung weisen auch die jüngsten Tarifabschlüsse der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) und der IG Metall (IGM). Mit ihnen haben die jeweiligen Gewerkschaftsspitzen gewerkschaftlich gut organisierte Teile der arbeitenden Klasse bis Mitte 2024 tarifpolitisch ruhiggestellt. Sie haben damit Chancen zur solidarischen Gegenwehr gegen die Preistreiberei für ein tarifpolitisches Linsengericht verkauft.
Nicht zuletzt ließen sie eine weitere Möglichkeit ungenutzt, gewerkschaftliche Organisation und Gegenmacht zu stärken. Stattdessen wurden wesentliche Ziele der „Konzertierten Aktion“ umgesetzt: Reallohnabbau, Profitsteigerung und Wahrung des „sozialen Friedens“. Damit tragen die Führungen von IGBCE und IGM die Verantwortung für die weitere politische und organisatorische Schwächung vor allem der Industriegewerkschaften.
Ihre Politik steht im Widerspruch zu den objektiven Interessen der arbeitenden Klasse. Trotz „Konzertierter Aktion“ wird die große Mehrheit auch weiterhin von Teuerung und sozialer Unsicherheit betroffen sein. Trotz – oder besser wegen – der „Konzertierten Aktion“ werden auch in Zukunft Belegschaften, ge- werkschaftlich Aktive und Betriebsräte in den Firmen der Chemie- und der Metallindustrie massiv angegriffen werden.
Solidarischer Widerstand jetzt!
Die vielleicht größte Gefahr der systemkonformen Gewerkschaftspolitik ist jedoch, dass der politisch unbewussteste Teil der arbeitenden Klasse noch empfänglicher für autoritäre und faschistische Parolen wird.
Umso wichtiger ist es jetzt, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Wer die kapitalorientierte „Krisenbewältigung“ von SPD, Grünen, FDP, CDU/CSU und AFD ablehnt, sollte im jeweiligen Lebens-, Ausbildungs- und Arbeitsbereich aktiv werden.
Eine gute Möglichkeit dazu ist die Beteiligung an solidarischen Aktionsbündnissen gegen die Preistreiberei. Sie ist ein Beitrag zum notwendigen Aufbau einer sozialen Front gegen die Offensive des Kapitals und das Entstehen einer faschistischen Massenbewegung.