Kan­del - Brau­ner Spuk ohne Ende?

O. T.

Schon seit län­ge­rem ist Kan­del in das Visier rechts­extre­mer Grup­pen gera­ten. Sie neh­men den mut­maß­li­chen Mord an der 15-jäh­ri­gen Mia zum Anlass, um Stim­mung gegen Geflüch­te­te zu machen. Das Mäd­chen war im ver­gan­ge­nen Dezem­ber von ihrem afgha­ni­schen Ex-Freund ersto­chen worden.

Am 3. März hat­te ein Bünd­nis um die AfD bun­des­weit zu einer Demo nach Kan­del mobi­li­siert. Rund 3.500 Per­so­nen, davon vie­le aus dem rechts­extre­men und faschis­ti­schen Lager, waren damals dem Auf­ruf gefolgt.

Am Sams­tag, den 24. März, hat­te die AfD aber­mals zu einer Groß­de­mons­tra­ti­on in Kan­del gegen Geflüch­te­te auf­ge­ru­fen. Dies­mal kamen aller­dings gut dop­pelt so vie­le Gegen­de­mons­tran­tIn­nen wie Rechte.

Dem Bünd­nis „Wir sind Kan­del“ und der Anti­fa war es gelun­gen, ein brei­tes Spek­trum von Nazi­geg­ne­rIn­nen zu mobi­li­sie­ren. Dar­un­ter befan­den sich Gewerk­schaf­ten, poli­ti­sche Par­tei­en und Ver- tre­te­rIn­nen der Lan­des­re­gie­rung wie Minis­ter­prä­si­den­tin Malu Dreyer.

Ins­ge­samt dürf­ten es um die 2.500 Men­schen gewe­sen sein, die sich den rund 1.200 Unter­stüt­ze­rIn­nen des ras­sis­ti­schen Bünd­nis­ses „Kan­del ist über­all“ ent­ge­gen­ge­stellt haben. Inso­fern war die Demo vom 24. März auf jeden Fall ein Fortschritt.

Kein Fort­schritt war es, dass sich meh­re­re Red­ner des Bünd­nis­ses „Wir sind Kan­del“ für eine Spal­tung des Wider­stan­des gegen Ras­sis­mus und Faschis­mus bzw. für eine Gleich­set­zung von rechts und links aussprachen.

Der Bür­ger­meis­ter von Kan­del, Gün­ther Tie­le­bör­ger (SPD), tön­te etwa: „Wir las­sen es nicht mehr zu, dass Kan­del von extre­mis­ti­schen Grup­pen, ob links oder rechts, miss­braucht wird.“ Der CDU-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te Tho­mas Geb­hart äußer­te sich ähn­lich: „Radi­ka­le Paro­len dür­fen in unse­rer Gesell­schaft kei­nen Platz haben – egal von wo sie kommen.“

Dem wider­spra­chen ledig­lich Kat­rin Wer­ner, Lan­des­vor­sit­zen­de der Links­par­tei, und der Spre­cher der Band „Strom und Was­ser“, die den kul­tu­rel­len Teil der Kund­ge­bung abdeckte.

Poli­zei provoziert
Etwa 1.000 Poli­zis­tIn­nen waren auf­ge­bo­ten, die bei­den gegen­sätz­li­chen Demos getrennt zu hal­ten. Wobei sich die Poli­zei ganz offen­sicht­lich vor allem um die Behin­de­rung von Akti­ven der Anti­fa küm­mer­te, die sich dem Bünd­nis „Wir sind Kan­del“ ange­schlos­sen hatten.

Mit lär­men­den Laut­spre­cher­durch­sa­gen, die die Kund­ge­bung des Bünd­nis­ses „Wir sind Kan­del“ über­tön­ten, wur­den unter ande­rem zu hoch gehal­te­ne oder ver­kno­te­te Trans­pa­ren­te moniert. Die Poli­zei wies dar­auf hin, dass dies aus­rei­chend sei, um die Demo auf­zu­lö­sen. Die­se Ankün­di­gung emp­fan­den selbst vie­le Demo-Teil­neh­me­rIn­nen aus dem bür­ger­li­chen Lager als Provokation.

Spä­ter kam es dann auch zu Pfef­fer­spray- und Schlag­stock­ein­sät­zen, weil Böl­ler und Fla­schen gegen die Poli­zei gewor­fen wor­den wären. Vier Anti­fa-Akti­vis­tIn­nen sol­len fest­ge­nom­men wor­den sein.

Demo gegen Naziaufmarsch am 24.03.2018 in Kandel (Foto: Avanti)

Demo gegen Nazi­auf­marsch am 24.03.2018 in Kan­del (Foto: Avanti)

Pro­tes­te fortgesetzt
Bereits am 7. April organ­sier­te das rech­te „Frau­en­bünd­nis Kan­del“ eine wei­te­re Demons­tra­ti­on mit angeb­lich rund 800 Per­so­nen in dem süd­pfäl­zi­schen Ort. Der Pro­test dage­gen blieb nicht aus, auch wenn Mahn­wa­chen vom Ord­nungs­amt Ger­mers­heim nicht wie ange­mel­det geneh­migt wurden.

Ein Skan­dal ist ins­be­son­de­re das Ver­hal­ten der Bun­des­po­li­zei gewe­sen. Sie hat­te einen Zug in Wörth drei Stun­den lang gestoppt. Die Wei­ter­fahrt von rund 150 Anti­fa­schis­tIn­nen nach Kan­del und ihre Teil­nah­me an den anti­ras­sis­ti­schen Pro­tes­ten wur­de so ver­hin­dert. Dies war eine kla­re Ver­let­zung ihres Grund­rechts auf Demons­tra­ti­on, die offen­bar fol­gen­los blei­ben soll. 

Auch in Kan­del selbst stieß das Agie­ren der Poli­zei vie­len Anwe­sen­den sau­er auf. Sie ver­schaff­te nicht nur NPD- und AfD-Leu­ten, son­dern auch pöbeln­den Hoo­li­gans den direk­ten Zugang zum ört­li­chen Marktplatz.

Trotz aller Behin­de­run­gen durch die Staats­macht betei­lig­ten sich etwa 400 Men­schen an den Kund­ge­bun­gen gegen die rech­te Het­ze. Es ist kei­ne Fra­ge, dass der Wider­stand gegen brau­ne Men­schen­ver­ach­tung und gegen Ras­sis­mus wei­ter­ge­führt wer­den muss. 

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti Mai 2018

 

 

Tagged , , , , . Bookmark the permalink.