Ein Interview zum Betriebsrats-Mobbing*
Avanti² hat Günther Badner, den Betriebsratsvorsitzenden eines Unternehmens aus dem Transportsektor, interviewt. Die Firma in der Rhein-Neckar-Region hat rund 100 Beschäftigte. Der Betriebsrat wurde vor wenigen Jahren neu gegründet und besteht aus fünf Mitgliedern. Zuständige Gewerkschaft ist ver.di. Seit es den Betriebsrat gibt, wird er von der Geschäftsleitung mit Abmahnungen überzogen. Die Wut der Geschäftsleitung gegen die demokratisch gewählte Interessenvertretung richtet sich aber nicht nur gegen den aktiven Betriebsratsvorsitzenden.
Avanti² : Günther, um was geht es bei den Abmahnungen? Was wird damit bezweckt?
Günther: Bei den Abmahnungen geht es zum Beispiel um die Nutzung meines privaten Computers für die Betriebsratsarbeit. Diese wird mir willkürlich untersagt, obwohl der Firmenchef mir lediglich einen veralteten Rechner zur Verfügung gestellt hat, der zudem mit einer längst überholten Software ausgestattet ist. Dieses Gerät ist deshalb so langsam, dass ein flüssiges Schreiben gar nicht möglich ist. Um vernünftig arbeiten zu können, blieb mir gar nichts anderes übrig, als meinen eigenen Computer zu nutzen. Wir hatten mehrfach den Geschäftsführer darauf hingewiesen, dass dem Betriebsrat die erforderlichen Arbeitsmittel und Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen sind. Leider ist das bis heute nicht geschehen. Selbst Materialien wie Briefumschläge, Briefmarken oder Schreibzeug muss ich nach wie vor selbst mitbringen, da es seitens der Unternehmens- leitung bisher keine Reaktion auf unsere Anforderungen gab.
Ein anderes Beispiel: Einem Kollegen wurde per Abmahnung das Aufsuchen des Betriebsrats während einer Betriebsratssitzung untersagt, da dies die Beratungen des Gremiums unnötig verlängern und zusätzliche Kosten verursachen würde. Unser Betriebsrat ist jedoch nur während seiner Sitzungen komplett anzutreffen. Beschäftigten soll also erschwert werden, mit dem Betriebsrat in Kontakt zu treten und ihre Anliegen vorzubringen. Außerdem geht es darum, den Betriebsrat und die Belegschaft einzuschüchtern und mürbe zu machen. Gleichzeitig sollen mit solchen Abmahnungen offensichtlich auch Kündigungen vorbereitet werden.
Avanti² : Sind Eure Kolleginnen und Kollegen über solche Vorgänge informiert?
Günther:Die Belegschaft ist darüber informiert. Ein Großteil des Außendienstpersonals ist grundsätzlich mit dem Betriebsrat solidarisch. Es gibt auch aktive Unterstützung. Aber, wie man an der Abmahnung unseres Kollegen sieht, geraten solche offenen Unterstützer von uns in das Visier des Firmenchefs. Wir haben uns deshalb als Betriebs- rat juristische Unterstützung durch einen Rechtsanwalt besorgen müssen. Wegen der aggressiven Vorgehensweise der Geschäftsführung gegen uns hat er viel zu tun.
Avanti² : Die innerbetriebliche Solidarität ist ein entscheidender Faktor. Wie siehst Du die Möglichkeiten für den Aufbau eines gewerkschaftlichen Vertrauensleutekörpers?
Günther:Der Aufbau eines Vertrauenskörpers ist eher schwierig, da die Belegschaft gewerkschaftlich nicht sehr aktiv ist. Wir konnten zwar viele neue Mitglieder für ver.di gewinnen, aber das war schon ein gutes Stück Arbeit. Auch ver.di selbst ist eher passiv, da die Hauptamtlichen überlastet sind und unser Betrieb recht klein ist. Mit einem hohen Organisationsgrad versuchen wir aber, die Basis für einen Vertrauensleutekörper zu legen.
Auch Solidarität von außen ist wichtig. Welche Möglichkeiten gibt es da?
Wir hatten schon überlegt, uns direkt an die Auftraggeber unserer Firma oder an die Presse zu wenden, da die großen Transportgesellschaften, für die wir als Subunternehmer arbeiten, nicht gerne mit schlechten Arbeitsbedingungen in Verbindung gebracht werden wollen. Ganz wichtig ist aber die Unterstützung die wir vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ in Mannheim erhalten. Sei es die solidarische Unterstützung bei den vielen Verhandlungen vor dem Arbeitsgericht oder die sehr profunde Beratung durch die Aktiven des Solikomitees.
*[Die Fragen für Avanti² stellte H. S. Der Name des interviewten Kollegen musste aus Sicherheitsgründen geändert werden.]