Mit Abmah­nungs­stra­te­gie gegen akti­ven Betriebsrat?

Ein Inter­view zum Betriebsrats-Mobbing*

 

Avan­ti² hat Gün­ther Bad­ner, den Betriebs­rats­vor­sit­zen­den eines Unter­neh­mens aus dem Trans­port­sek­tor, inter­viewt. Die Fir­ma in der Rhein-Neckar-Regi­on hat rund 100 Beschäf­tig­te. Der Betriebs­rat wur­de vor weni­gen Jah­ren neu gegrün­det und besteht aus fünf Mit­glie­dern. Zustän­di­ge Gewerk­schaft ist ver.di. Seit es den Betriebs­rat gibt, wird er von der Geschäfts­lei­tung mit Abmah­nun­gen über­zo­gen. Die Wut der Geschäfts­lei­tung gegen die demo­kra­tisch gewähl­te Inter­es­sen­ver­tre­tung rich­tet sich aber nicht nur gegen den akti­ven Betriebsratsvorsitzenden.

Protest gegen BR-Mobbing bei Ford Kohlhoff in Mannheim, 30. April 2024. (Foto: Privat.)

Pro­test gegen BR-Mob­bing bei Ford Kohl­hoff in Mann­heim, 30. April 2024. (Foto: Privat.)

Avan­ti² : Gün­ther, um was geht es bei den Abmah­nun­gen? Was wird damit bezweckt?
Gün­ther: Bei den Abmah­nun­gen geht es zum Bei­spiel um die Nut­zung mei­nes pri­va­ten Com­pu­ters für die Betriebs­rats­ar­beit. Die­se wird mir will­kür­lich unter­sagt, obwohl der Fir­men­chef mir ledig­lich einen ver­al­te­ten Rech­ner zur Ver­fü­gung gestellt hat, der zudem mit einer längst über­hol­ten Soft­ware aus­ge­stat­tet ist. Die­ses Gerät ist des­halb so lang­sam, dass ein flüs­si­ges Schrei­ben gar nicht mög­lich ist. Um ver­nünf­tig arbei­ten zu kön­nen, blieb mir gar nichts ande­res übrig, als mei­nen eige­nen Com­pu­ter zu nut­zen. Wir hat­ten mehr­fach den Geschäfts­füh­rer dar­auf hin­ge­wie­sen, dass dem Betriebs­rat die erfor­der­li­chen Arbeits­mit­tel und Räum­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len sind. Lei­der ist das bis heu­te nicht gesche­hen. Selbst Mate­ria­li­en wie Brief­um­schlä­ge, Brief­mar­ken oder Schreib­zeug muss ich nach wie vor selbst mit­brin­gen, da es sei­tens der Unter­neh­mens- lei­tung bis­her kei­ne Reak­ti­on auf unse­re Anfor­de­run­gen gab.

Ein ande­res Bei­spiel: Einem Kol­le­gen wur­de per Abmah­nung das Auf­su­chen des Betriebs­rats wäh­rend einer Betriebs­rats­sit­zung unter­sagt, da dies die Bera­tun­gen des Gre­mi­ums unnö­tig ver­län­gern und zusätz­li­che Kos­ten ver­ur­sa­chen wür­de. Unser Betriebs­rat ist jedoch nur wäh­rend sei­ner Sit­zun­gen kom­plett anzu­tref­fen. Beschäf­tig­ten soll also erschwert wer­den, mit dem Betriebs­rat in Kon­takt zu tre­ten und ihre Anlie­gen vor­zu­brin­gen. Außer­dem geht es dar­um, den Betriebs­rat und die Beleg­schaft ein­zu­schüch­tern und mür­be zu machen. Gleich­zei­tig sol­len mit sol­chen Abmah­nun­gen offen­sicht­lich auch Kün­di­gun­gen vor­be­rei­tet werden.

Avan­ti² : Sind Eure Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen über sol­che Vor­gän­ge informiert?
Günther:Die Beleg­schaft ist dar­über infor­miert. Ein Groß­teil des Außen­dienst­per­so­nals ist grund­sätz­lich mit dem Betriebs­rat soli­da­risch. Es gibt auch akti­ve Unter­stüt­zung. Aber, wie man an der Abmah­nung unse­res Kol­le­gen sieht, gera­ten sol­che offe­nen Unter­stüt­zer von uns in das Visier des Fir­men­chefs. Wir haben uns des­halb als Betriebs- rat juris­ti­sche Unter­stüt­zung durch einen Rechts­an­walt besor­gen müs­sen. Wegen der aggres­si­ven Vor­ge­hens­wei­se der Geschäfts­füh­rung gegen uns hat er viel zu tun.

Avan­ti² : Die inner­be­trieb­li­che Soli­da­ri­tät ist ein ent­schei­den­der Fak­tor. Wie siehst Du die Mög­lich­kei­ten für den Auf­bau eines gewerk­schaft­li­chen Vertrauensleutekörpers?
Günther:Der Auf­bau eines Ver­trau­ens­kör­pers ist eher schwie­rig, da die Beleg­schaft gewerk­schaft­lich nicht sehr aktiv ist. Wir konn­ten zwar vie­le neue Mit­glie­der für ver.di gewin­nen, aber das war schon ein gutes Stück Arbeit. Auch ver.di selbst ist eher pas­siv, da die Haupt­amt­li­chen über­las­tet sind und unser Betrieb recht klein ist. Mit einem hohen Orga­ni­sa­ti­ons­grad ver­su­chen wir aber, die Basis für einen Ver­trau­ens­leu­te­kör­per zu legen.
Auch Soli­da­ri­tät von außen ist wich­tig. Wel­che Mög­lich­kei­ten gibt es da?

Wir hat­ten schon über­legt, uns direkt an die Auf­trag­ge­ber unse­rer Fir­ma oder an die Pres­se zu wen­den, da die gro­ßen Trans­port­ge­sell­schaf­ten, für die wir als Sub­un­ter­neh­mer arbei­ten, nicht ger­ne mit schlech­ten Arbeits­be­din­gun­gen in Ver­bin­dung gebracht wer­den wol­len. Ganz wich­tig ist aber die Unter­stüt­zung die wir vom Komi­tee „Soli­da­ri­tät gegen BR-Mob­bing!“ in Mann­heim erhal­ten. Sei es die soli­da­ri­sche Unter­stüt­zung bei den vie­len Ver­hand­lun­gen vor dem Arbeits­ge­richt oder die sehr pro­fun­de Bera­tung durch die Akti­ven des Solikomitees.

*[Die Fra­gen für Avan­ti² stell­te H. S. Der Name des inter­view­ten Kol­le­gen muss­te aus Sicher­heits­grün­den geän­dert werden.]

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Dezem­ber 2024
Tagged , , , , . Bookmark the permalink.