Mitreißende Musik, klare Worte und ein unverstellter Blick nach Frankreich
H. S. / H. N.
Am 6. Dezember 2022 fand die vierte Kundgebung des Aktionsbündnisses „Solidarität statt Preistreiberei!“ auf dem Mannheimer Marktplatz statt. Neben den inhaltlichen Beiträgen war es vor allem die mitreißende Musik Bernd Köhlers und Joachim Romeis‘ von ewo², die an einem dunklen und kalten Winterabend für Licht und Wärme sorgte.
Der Auftritt der beiden Musiker, die jeweils vor und nach den Redebeiträgen aufspielten, gab dieser Aktion einen ganz besonderen Charakter. Das blieb den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie den Passantinnen und Passanten in der belebten Innenstadt nicht verborgen.
Gemeinwohl- statt Profitorientierung
Ursula Jochim vom „Offenen Stadtteiltreffen Neckarstadt“ (OST) ging als Haupt- rednerin der Kundgebung auf die angespannte Wohnungssituation in Mannheim ein. Sie kritisierte vehement steigende Mieten und Mietnebenkosten als Folgen einer verfehlten Politik. Weil gleichzeitig die Reallöhne sinken würden, seien nicht nur Menschen mit niedrigen Einkommen, sondern zunehmend auch Menschen mit mittleren Einkommen von Armut bedroht.
Es braucht Jochim zufolge jetzt sofort einen Mietpreisdeckel, um eine weitere Kostenexplosion zu verhindern. Zudem sei eine Gemeinwohlorientierung in der Wohnungspolitik dringend erforderlich. (Den Wortlaut ihrer Ausführungen findet Ihr auf Seite 5 dieser Zeitung.)
In zwei weiteren Reden beleuchteten Vertreter der SDAJ und der ISK die kapitalistischen Ursachen und die verheerenden Auswirkungen der Preistreiberei vor allem für arme Menschen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Krieg in der Ukraine und seine Folgen thematisiert.
Zum Schluss der gelungenen Aktion informierte Moderator Wolfgang Alles die Anwesenden, dass am 10. Januar 2023 die nächste Kundgebung gegen die anhaltende Inflation stattfinden werde.
Blick über die Grenzen
Auf Einladung des Aktionsbündnisses fand noch am selben Abend des 6. Dezember ein spannendes Infotreffen zum Widerstand gegen die Teuerung in Frankreich statt.
Der Journalist und Anwalt Bernard Schmid (Paris) berichtete kompetent über die vielfältigen Proteste gegen die Preissteigerungen in unserem Nachbarland. Dort verging seit dem Herbst kein Tag ohne Streiks, Blockaden und Demonstrationen für einen Inflationsausgleich und höhere Löhne.
Bernard Schmids fundierter Vortrag ermöglichte auch den Zuhörenden, denen die französischen Verhältnisse eher fremd waren, einen guten Überblick über die Entwicklungen westlich des Rheins. Er veranschaulichte sehr präzise die Unterschiede zwischen dem französischen und dem deutschen System gewerkschaftlicher Interessenvertretung.
Insgesamt dürfe aber trotz allem aktuellen Engagements die Schwächung sozialer Gegenmacht in den letzten Jahrzehnten auch in Frankreich nicht ignoriert werden.
Nachdem in den letzten Monaten vor allem für höhere Einkommen oft erfolgreich gestreikt wurde, steht nun der Kampf gegen die „Rentenreform“ der Regierung an, das heißt gegen weitere Rentenkürzungen und die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre.
Es wird sich erst 2023 zeigen, wie sich die Klassenkämpfe in Frankreich weiterentwickeln werden. Bereits am späten Abend des 6. Dezember 2022 war jedoch klar, dass das Aktionsbündnis „Solidarität statt Preistreiberei!“ sowohl mit der Kundgebung als auch mit der anschließenden Infoveranstaltung kleine, aber wichtige Beiträge zum Kampf gegen die Teuerung geleistet hat.