U. D.
„So oder so die Erde wird rot. Entweder lebendrot oder todrot“ sang Ende der 1960er Jahre Wolf Biermann. Das war eine poetische Anlehnung an Rosa Luxemburgs Losung Sozialismus oder Barbarei. Längst will er von seinen roten Träumen nichts mehr wissen.
Mehr als 50 Jahre nach Biermanns Lied droht die Erde todrot zu werden. Dem Neoliberalismus ist es weltweit gelungen, die arbeitende Klasse politisch und organisatorisch zu schwächen. Die sozialistische Idee ist diskreditiert. Autoritäre oder gar faschistische Strömungen sind auf dem Vormarsch.
So entsteht der Eindruck, die globale Bedrohung durch Klimazerstörung, Kriege, profitgetriebene Ausbeutung von Menschen und Natur und anderes mehr könne nicht gestoppt werden.
Trumps Sieg
Mit Trump wurde ein rassistischer, frauenverachtender, klima-leugnender Milliardär und autoritärer Anti-Demokrat gewählt. In seiner Regierung versammelt er weitere Superreiche, Rassisten, Nationalisten und Demokratiefeinde. Seine politische Richtschnur sind allein seine eigenen und die Profit-Interessen wichti- ger Sektoren des US-Kapitals.
Um die USA wieder groß zu machen und seine Wähler nicht zu enttäuschen, reichen innenpolitische Maßnahmen nicht aus. Darum wird Trump rücksichtlos versuchen, die wirtschaftliche und die militärische Weltmachtposition der USA zu verteidigen und auszubauen. Genau dies wird die globalen Konflikte weiter verschärfen und damit auch die Kriegsgefahr erhöhen.
Lindners Sprengsatz
Lindner hat mit seiner neoliberalen Kampfschrift die Ampel-Regierung gezielt gesprengt. Ihm ging es dabei nicht nur um das eigene politische Überleben. Sein Ziel ist es, zur Bewältigung der kapitalistischen Krise einen noch härteren national-neoliberalen Kurs durchzusetzen.
Das heißt: noch weniger Regulierung für das Kapital, weitere Steuergeschenke an Unternehmen und Reiche, weniger Klimaschutz, mehr Sozialabbau, flexiblere Arbeitszeiten, weitere Senkung des Rentenniveaus und noch mehr Druck auf Erwerbslose. Kurzum, freie Fahrt für noch mehr Profite auf Kosten der arbeitenden Klasse.
Merz Kanzler?
Bei den anstehenden Neuwahlen droht ein CDU/CSU-Wahlsieg. Merz hofft, Regierungschef zu werden. Mit ihm würde dann ein reaktionärer und neoliberaler Ultra Bundeskanzler werden, der im Kern Lindners Positionen teilt.
Eine Merz-Kanzlerschaft würde die politische „Zeitenwende“ mit verschärften neoliberalen Angriffen im Sinne der Profitmaximierung fortsetzen. Zum Beispiel mit beschleunigtem Sozialabbau, verschärften Angriffen auf Rente und Bürgergeld, noch mehr Aufrüstung und rassistischer Abschottung sowie der weiteren Aushöhlung des Asylrechts.
Gegen Kapitalismus
Der Wechsel auf der Regierungsbank wird jedoch die Krisen nicht lösen. Denn eine verschärfte neoliberale Politik kann die Folgen des Kapitalismus nur verschlimmern.
Wohin die Reise geht, zeigen unter anderem die aktuelle Welle von Arbeitsplatzvernichtungen, die anhaltende Teuerung, die Schließung von Krankenhäusern, die Einschränkungen demokratischer und sozialer Rechte.
Dies alles wird politische und soziale Konflikte auslösen. Ob sich dabei der Rechtsruck fortsetzt, ist noch nicht entschieden. Doch um dies zu verhindern, muss überall der solidarische Widerstand weiterentwickelt werden.
Zum Beispiel gegen Arbeitsplatzvernichtung, gegen Sozialabbau, Preistreiberei, Mietwucher und Wohnungsnot, gegen Klimazerstörung, gegen Aufrüstung und Kriegstreiberei, für Frauenrechte, gegen Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und den Abbau von Grund- und Menschenrechten.
Für Solidarität
Entscheidend wird dabei sein, ob es gelingt, diesen Widerstand zu bündeln und mit der Idee einer solidarischen, ökologischen und friedlichen Gesellschaft zu verbinden. Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen könnte dabei die Nouveau Front Populaire in Frankreich Anregungen geben.
Eine gemeinsame soziale und politische Front, die sich auf ein Maßnahmenbündel gegen den Neoliberalismus einigt, die auf Mobilisierung und sozialen Widerstand setzt, aber auch gemeinsam bei Wahlen antritt.
Eine Front, an der sich unterschiedliche Initiativen, Organisationen und Parteien beteiligen können, ohne ihre Eigenständigkeit aufzugeben.
Wie dichtete Biermann einst aufmunternd weiter? „Wir mischen uns da bisschen ein | […] Und Frieden ist nicht mehr nur ein Wort | Aus Lügnerschnauzen für Massenmord | Kein Volk muss mehr nach Frieden schrei’n | […] Ja, Wohlstand wollen wir gern, anstatt | Dass uns am Ende der Wohlstand hat | Der Mensch lebt nicht von Brot allein | So soll es sein, so soll es sein, so wird es sein“.