Unser Leben oder ihre Profite

 

U. D.

So oder so die Erde wird rot. Ent­we­der lebend­rot oder todrot“ sang Ende der 1960er Jah­re Wolf Bier­mann. Das war eine poe­ti­sche Anleh­nung an Rosa Luxem­burgs Losung Sozia­lis­mus oder Bar­ba­rei. Längst will er von sei­nen roten Träu­men nichts mehr wissen.

Antikriegsdemo in Mannheim, 5. März 2022. (Foto: Helmut Roos.)

Anti­kriegs­de­mo in Mann­heim, 5. März 2022. (Foto: Hel­mut Roos.)

Mehr als 50 Jah­re nach Bier­manns Lied droht die Erde todrot zu wer­den. Dem Neo­li­be­ra­lis­mus ist es welt­weit gelun­gen, die arbei­ten­de Klas­se poli­tisch und orga­ni­sa­to­risch zu schwä­chen. Die sozia­lis­ti­sche Idee ist dis­kre­di­tiert. Auto­ri­tä­re oder gar faschis­ti­sche Strö­mun­gen sind auf dem Vormarsch.

So ent­steht der Ein­druck, die glo­ba­le Bedro­hung durch Kli­ma­zer­stö­rung, Krie­ge, pro­fit­ge­trie­be­ne Aus­beu­tung von Men­schen und Natur und ande­res mehr kön­ne nicht gestoppt werden.

Trumps Sieg
Mit Trump wur­de ein ras­sis­ti­scher, frau­en­ver­ach­ten­der, kli­ma-leug­nen­der Mil­li­ar­där und auto­ri­tä­rer Anti-Demo­krat gewählt. In sei­ner Regie­rung ver­sam­melt er wei­te­re Super­rei­che, Ras­sis­ten, Natio­na­lis­ten und Demo­kra­tie­fein­de. Sei­ne poli­ti­sche Richt­schnur sind allein sei­ne eige­nen und die Pro­fit-Inter­es­sen wich­ti- ger Sek­to­ren des US-Kapitals.

Um die USA wie­der groß zu machen und sei­ne Wäh­ler nicht zu ent­täu­schen, rei­chen innen­po­li­ti­sche Maß­nah­men nicht aus. Dar­um wird Trump rück­sicht­los ver­su­chen, die wirt­schaft­li­che und die mili­tä­ri­sche Welt­macht­po­si­ti­on der USA zu ver­tei­di­gen und aus­zu­bau­en. Genau dies wird die glo­ba­len Kon­flik­te wei­ter ver­schär­fen und damit auch die Kriegs­ge­fahr erhöhen.

Lind­ners Sprengsatz
Lind­ner hat mit sei­ner neo­li­be­ra­len Kampf­schrift die Ampel-Regie­rung gezielt gesprengt. Ihm ging es dabei nicht nur um das eige­ne poli­ti­sche Über­le­ben. Sein Ziel ist es, zur Bewäl­ti­gung der kapi­ta­lis­ti­schen Kri­se einen noch här­te­ren natio­nal-neo­li­be­ra­len Kurs durchzusetzen.

Das heißt: noch weni­ger Regu­lie­rung für das Kapi­tal, wei­te­re Steu­er­ge­schen­ke an Unter­neh­men und Rei­che, weni­ger Kli­ma­schutz, mehr Sozi­al­ab­bau, fle­xi­ble­re Arbeits­zei­ten, wei­te­re Sen­kung des Ren­ten­ni­veaus und noch mehr Druck auf Erwerbs­lo­se. Kurz­um, freie Fahrt für noch mehr Pro­fi­te auf Kos­ten der arbei­ten­den Klasse.

Merz Kanz­ler?
Bei den anste­hen­den Neu­wah­len droht ein CDU/C­SU-Wahl­sieg. Merz hofft, Regie­rungs­chef zu wer­den. Mit ihm wür­de dann ein reak­tio­nä­rer und neo­li­be­ra­ler Ultra Bun­des­kanz­ler wer­den, der im Kern Lind­ners Posi­tio­nen teilt.

Eine Merz-Kanz­ler­schaft wür­de die poli­ti­sche „Zei­ten­wen­de“ mit ver­schärf­ten neo­li­be­ra­len Angrif­fen im Sin­ne der Pro­fit­ma­xi­mie­rung fort­set­zen. Zum Bei­spiel mit beschleu­nig­tem Sozi­al­ab­bau, ver­schärf­ten Angrif­fen auf Ren­te und Bür­ger­geld, noch mehr Auf­rüs­tung und ras­sis­ti­scher Abschot­tung sowie der wei­te­ren Aus­höh­lung des Asylrechts.

Gegen Kapi­ta­lis­mus
Der Wech­sel auf der Regie­rungs­bank wird jedoch die Kri­sen nicht lösen. Denn eine ver­schärf­te neo­li­be­ra­le Poli­tik kann die Fol­gen des Kapi­ta­lis­mus nur verschlimmern.

Wohin die Rei­se geht, zei­gen unter ande­rem die aktu­el­le Wel­le von Arbeits­platz­ver­nich­tun­gen, die anhal­ten­de Teue­rung, die Schlie­ßung von Kran­ken­häu­sern, die Ein­schrän­kun­gen demo­kra­ti­scher und sozia­ler Rechte.

Dies alles wird poli­ti­sche und sozia­le Kon­flik­te aus­lö­sen. Ob sich dabei der Rechts­ruck fort­setzt, ist noch nicht ent­schie­den. Doch um dies zu ver­hin­dern, muss über­all der soli­da­ri­sche Wider­stand wei­ter­ent­wi­ckelt werden.

Zum Bei­spiel gegen Arbeits­platz­ver­nich­tung, gegen Sozi­al­ab­bau, Preis­trei­be­rei, Miet­wu­cher und Woh­nungs­not, gegen Kli­ma­zer­stö­rung, gegen Auf­rüs­tung und Kriegs­trei­be­rei, für Frau­en­rech­te, gegen Faschis­mus, Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus, Islam­feind­lich­keit und den Abbau von Grund- und Menschenrechten.

Für Soli­da­ri­tät
Ent­schei­dend wird dabei sein, ob es gelingt, die­sen Wider­stand zu bün­deln und mit der Idee einer soli­da­ri­schen, öko­lo­gi­schen und fried­li­chen Gesell­schaft zu ver­bin­den. Trotz unter­schied­li­cher Vor­aus­set­zun­gen könn­te dabei die Nou­veau Front Popu­lai­re in Frank­reich Anre­gun­gen geben.
Eine gemein­sa­me sozia­le und poli­ti­sche Front, die sich auf ein Maß­nah­men­bün­del gegen den Neo­li­be­ra­lis­mus einigt, die auf Mobi­li­sie­rung und sozia­len Wider­stand setzt, aber auch gemein­sam bei Wah­len antritt.

Eine Front, an der sich unter­schied­li­che Initia­ti­ven, Orga­ni­sa­tio­nen und Par­tei­en betei­li­gen kön­nen, ohne ihre Eigen­stän­dig­keit aufzugeben.

Wie dich­te­te Bier­mann einst auf­mun­ternd wei­ter? „Wir mischen uns da biss­chen ein | […] Und Frie­den ist nicht mehr nur ein Wort | Aus Lüg­ner­schnau­zen für Mas­sen­mord | Kein Volk muss mehr nach Frie­den schrei’n | […] Ja, Wohl­stand wol­len wir gern, anstatt | Dass uns am Ende der Wohl­stand hat | Der Mensch lebt nicht von Brot allein | So soll es sein, so soll es sein, so wird es sein“.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Dezem­ber 2024
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