Nur Solidarität gewinnt!*
H. N.
Die verheerenden Krisen des kapitalistischen Weltsystems sind unübersehbar. Offensichtlich setzen jetzt immer größere Teile des Kapitals auf autoritäre und faschistische „Lösungen“. Diese zunehmenden Bedrohungen für unser Leben, dessen Grundlagen und unsere Grund- und Menschenrechte sind aber abwendbar. Es bedarf dazu eines ebenso entschlossenen wie konsequenten Engagements für eine grundlegende Über- windung der Ursachen der aktuellen Bedrohungen.
Die Gegenwehr gegen die Auswirkungen der obszönen Machtzusammenballung in den Händen der herrschenden Klasse der 0,1 % ist dringend erforderlich. Sie ist möglich durch breite Mobilisierungen für solidarische Lösungen und demokratische Selbstorganisation von unten. Nur so kann die Macht des Kapitals und seiner politischen Sachwalter gebrochen werden. Nur so können unsere immer mehr in Frage gestellten und ausgehöhlten Rechte verteidigt werden.
1. Gutes Leben für alle erkämpfen
Seit Jahrzehnten sind die abhängig Beschäftigten in der Defensive. Mit der neoliberalen „Reformpolitik“ der letzten Jahrzehnte ist die Ausbreitung ungeschützter Arbeitsverhältnisse und der Armut massiv befördert worden. Die wieder steigende Massenerwerbslosigkeit drückt zudem auf die Reallöhne. Sie droht durch die beschleunigte Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche massiv weiter zu wachsen.
Wir fordern:
• Einen armutsfesten Mindestlohn von mindestens 16 Euro/Stunde
• Die Durchsetzung des tarifgebundenen Normalarbeits verhältnisses für alle
• Eine sanktionsfreie Grundsicherung von derzeit min destens 1.400 Euro/Monat ohne Beseitigung der bishe rigen sozialen Zuwendungen
• Die Sicherung und den Ausbau einer einheitlichen ge setzlichen Rentenversicherung für alle Erwerbstätigen (auch Beamte, Selbständige, Abgeordnete etc.)
• Eine abschlagsfreie Rente ab 60 nach 40 versicherungs pflichtigen Jahren
• Eine automatische Anpassung der Löhne, Ausbildungs vergütungen, Renten und anderer Sozialleistungen an die Inflation
• Ein Verbot von (Massen-)Entlassungen
• Einen sozial-ökologischen Umbau der Arbeitswelt
• Eine sofortige Einführung der 35-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich und danach die 28-Stundenwoche
• Die Umsetzung des seit 1996 gesetzlich vorgeschriebenen ganzheitlichen Gesundheitsschutzes in der Arbeitswelt
• Die Verwirklichung des Menschenrechts auf Wohnen durch die geplante Schaffung bezahlbaren und men schenwürdigen Wohnraums!
Komitees der Beschäftigten in den Betrieben müssen gemeinsam mit den Betriebsräten überwachen, dass die Arbeitszeitverkürzung nicht von Arbeitsverdichtung aufgefangen wird. Bundesweit und regional koordinierte örtliche Komitees müssen aufgrund der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten kontrollieren, wie Löhne und Grundsicherung anzuheben sind.
2. Gewerkschaftliche Rechte verteidigen und ausweiten
Zunehmend werden betriebliche und gewerkschaftliche Interessenvertretungen durch das Kapital und seine Helfershelfer bekämpft. Zunehmend werden Tarifbindung und Streikrecht eingeschränkt. Die gewerkschaftlichen Organisationsgrade sind ebenso wie die Anzahl der Betriebsräte in der Regel rückläufig. Ohne starke betriebliche und gewerkschaftliche Gegenmacht kann jedoch die arbeitende Klasse ihre wirtschaft- lichen und sozialen Interessen nicht verteidigen.
Wir fordern:
• Wirksame Unterbindung von BR-Mobbing und Gewerk schaftsbekämpfung
• Verfolgung der Behinderung/Verhinderung von Betriebs ratstätigkeit und gewerkschaftlicher Organisierung als Offizialdelikt
• Verbot der aus dem Faschismus stammenden Verdachts kündigungen
• Zwingende Tarifbindung für alle Branchen
• Vergabe öffentlicher Aufträge nur an Betriebe mit Be triebsrat und Tarifbindung
• Uneingeschränktes Streikrecht!
3. Umverteilung von oben nach unten
Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander. Die Umverteilung von unten nach oben muss durch eine grundlegend andere Steuerpolitik gestoppt und umgekehrt werden. Die Aussetzung der Vermögensteuer im Jahr 1996 hat die öffentlichen Haushalte bisher 380 Milliarden Euro an Mindereinnahmen gekostet. Wegen der systematischen Unterbesetzung der Stellen für Betriebsprüfungen entgehen dem Staat jährlich 125 Milliarden Euro. Von 1982 bis 1990 lag der Spitzensteuersatz noch bei 56 Prozent. Heute liegt er bei 42 Prozent. Unternehmensgewinne wurden bis zu 56 Prozent besteuert, heute liegt die Körperschaftsteuer für Unternehmen bei 15 Prozent.
Wir fordern:
• Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer bei einer Freigrenze von 750.000 Euro, damit niemand sein selbst genutztes Eigenheim verliert
• Die Anhebung der Erbschaftssteuer unter voller Einbe ziehung von Unternehmenskapital bis niemand mehr durch das „Privileg der Geburt“ von der Arbeit anderer profitiert
• Die Abschaffung indirekter Steuern wie der Mehrwert steuer auf alltägliche Konsumgüter
• Die Einführung einer stark progressiven und wie die Lohnsteuer an der Quelle erhobenen Einkommenssteuer
• Die restlose und schnelle Aufklärung des Diebstahls an Steuergeldern durch CumCum und CumEx und die Be kämpfung der Finanzkriminalität
• Das vollständige Schließen der Steuerschlupflöcher und Steueroasen für Konzerne und Superreiche
• Die Aussetzung der „Schuldenbremse“!
4. Rassismus und Faschismus bekämpfen
Gegen die zunehmende rassistische, antisemitische, antiislamische und faschistische Hetze setzen wir auf die konsequente Verteidigung der Menschen- und Grundrechte unabhängig von Herkunft und Geschlecht. Für den Aufschwung der rechten Kräfte und das verrohende gesellschaftliche Klima ist die marktradikale Politik und der aufhaltbare Rechtsruck der prokapitalistischen Parteien der „demokratischen Mitte“ verantwortlich.
Dem Kapitalismus und den rechten Scheinalternativen stellen wir die Alternative einer demokratischen, sozialen und ökologischen Gesellschaft entgegen. Rassismus und Faschismus müssen überall − in der Öffentlichkeit, in der Schule, in der Uni oder im Betrieb bekämpft werden. Dazu sind antifaschistische Fronten – breitestmögliche Bündnisse – und Streiks gegen Rechts erforderlich.
Wir fordern:
• Stopp der Kumpanei staatlicher Dienste und Institutio nen mit Faschisten und Rassisten
• Wiederherstellung des Asylrechts und offene Grenzen für Menschen in Not
• Bekämpfung von Fluchtursachen und nicht der Geflüch teten
• Effiziente Sprachförderung und legale Arbeitsmöglich keiten für Geflüchtete
• Gleiche Rechte für alle
• Schließung von Medien, die rassistische bzw. faschisti sche Hetze und Lügen verbreiten
• Das Widerstandsrecht nach Artikel 20 GG insbesondere durch Streiks umsetzen!
5. Gleichberechtigung durchsetzen
Eigentlich ist alles klar. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Zumindest laut Artikel 3 (2) des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Und weiter: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Schön wäre es! Noch immer erhalten in Deutschland Frauen durchschnittlich 18 % weniger Entgelt als Männer. Sie haben häufig ungesicherte, schlecht bezahlte (Teilzeit-) Jobs. Viele arbeiten in unterbezahlten „Frauenberufen“.
Oft führen Frauen neben ihrem Beruf den Haushalt, erziehen die Kinder, kümmern sich um kranke oder betagte Angehörige. Frauen sind überdurchschnittlich häufig von Altersarmut betroffen.
In Krisenzeiten sind Frauen die ersten, die zurückstecken sollen. Rechte Kräfte greifen die bisher erkämpften Erfolge in Richtung Gleichberechtigung heute frontal an. Und noch immer sind Frauen sexueller Gewalt am Arbeitsplatz, im öffentlichen Raum und in den Medien ausgesetzt.
Die Ziele, für die Frauen seit mehr als 175 Jahren kämpfen, sind längst nicht erreicht.
Wir fordern:
• Gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben und an po litischen Entscheidungen
• Gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit
• Existenzsichernde Löhne, Gehälter und Renten für alle
• Umverteilung bzw. Vergesellschaftung der Reprodukti ons- und Sorgearbeit
• Bekämpfung der Vergewaltigungs-Unkultur und von Fe miziden
• Flächendeckende Finanzierung von Frauenhäusern, Be ratungsstellen und Einrichtungen zur Gewaltprävention
• Die Beendigung der Diskriminierung unterschiedlicher sexueller Rollen!
6. Unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen
Die natürlichen Lebensgrundlagen sind höchst gefährdet. Entscheidende Probleme sind die Erwärmung der Erdatmosphäre und der Anstieg des Meeresspiegels. Doch die prokapitalistische Politik in Deutschland ist sogar von den – an sich schon unzureichenden – Klimazielen abgerückt.
Wir fordern:
• Den schnellstmöglichen geplanten Umstieg auf 100 Pro zent erneuerbare, dezentral produzierte Energien und sofortiges systematisches Einsparen von Energie
• Die Vergesellschaftung der Erzeugung, des Transports und der Speicherung von Energie
• Die geplante Verkehrswende bei Personen- und Güter transport hin zur Schiene, von privat zu öffentlich
• Die ökologische Konversion der Industrie unter gesell schaftlicher Kontrolle
• Den Nulltarif im Nahverkehr
• Das 49 Euro-Ticket für Fernverkehr
• Den Ausbau gefahrenfreier Wege für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen
• Schutz und Ausdehnung natürlicher Flächen in Stadt und Land
• Stopp der Verbrennung noch vorhandener fossiler Ener- gieträger
• Den sofortigen und endgültigen Stopp der Nutzung von Atomenergie!
Die etablierte Politik will uns weismachen, Klima- und Umweltschutz könnten „marktwirtschaftlich“ geleistet werden, zum Beispiel mit Ökosteuern oder Emissionshandel. Die Realität beweist jeden Tag: Das Gegenteil ist wahr.
7. Schluss mit Aufrüstung und Kriegseinsätzen
Mit dem Ende der UdSSR und ihres Warschauer-Pakts 1991 wurde uns eine „Friedensdividende“ versprochen. Ursache der Kriege und der Gefahr eines vernichtenden Atomkriegs sei der Kalte Krieg zwischen Ost und West gewesen.
Wir wissen aber: Das auf Konkurrenz basierende kapitalistische System selbst ist die Ursache für Krieg, so wie die Wolke den Regen auslöst. Schon seit dem Ende der UdSSR hat eine neue Runde des Wettrüstens begonnen. Immer mehr Stellvertreterkriege werden geführt. Das Geschäft mit Waffen ist mordsmäßig profitabel.
Nach dem Überfall des Putin-Regimes auf die Ukraine wurde eine „Zeitenwende“ ausgerufen. Die seitherige Beschleunigung von Militarismus, Kriegstreiberei und Aufrüstung hat extrem gefährliche und teure Folgen – nicht nur in der Ukraine und im Nahen Osten, sondern für unsere menschliche Existenz weltweit.
Wir fordern:
• Das sofortige Verbot des Rüstungsexports
• Die politische Unterstützung von Abrüstungsinitiativen
• Die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags durch die Bundesregierung
• Die Umstellung der Kriegswaffenherstellung auf die Pro duktion ziviler Güter unter demokratischer Kontrolle der Belegschaften
• Die Umwidmung des Sondervermögens Bundeswehr für soziale, kulturelle und ökologische Zwecke!
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Im Grundgesetz steht, dass die Bundeswehr nur der Landesverteidigung dient. Doch gemäß der herrschenden Politik werden deutsche Interessen auch im Ausland „verteidigt“.
Wir fordern:
• Den sofortigen Stopp der grundgesetzwidrigen Auslands- einsätze der Bundeswehr!
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Die Bundeswehr als stehendes Heer und Berufsarmee ist außerdem eine Bedrohung für Demokratie und Freiheit. Es muss verhindert werden, dass der Reaktion ein solches Mittel gegen streikende Arbeiter:innen und demonstrierende Bevölkerungsteile zur Verfügung steht.
Wir fordern:
• Die Abschaffung der Bundeswehr als stehendes Heer und ihre Ersetzung durch ein demokratisch organisiertes, auf Landesverteidigung ausgerichtetes Milizsystem nach Schweizer Vorbild
• Den Aufbau eines ergänzenden Systems der sozialen Ver teidigung!
8. Demokratische Vergesellschaftung durchsetzen
Die seit Jahrzehnten laufende Privatisierungsstrategie bedeutet nichts anderes als gesellschaftlichen und kulturellen Rückschritt. Das Kapital konzentriert sich in immer weniger Konzer- nen. Es will sich die ganze Welt untertan machen und alle Bereiche (wie Wirtschaft, Natur, Gesundheit, Kommunikation, Medien, Infrastruktur, Bildung und Kultur) der Profitmaximierung und Ausbeutung unterordnen.
Wir sagen aber: Was für die menschliche Gesellschaft von Bedeutung ist, das muss auch von der Gesellschaft verantwortet und demokratisch kontrolliert werden!
Wir fordern:
• Die vollständige Rückkehr zur gesellschaftlich verant worteten öffentlichen Daseinsfürsorge bei demokrati scher Kontrolle durch die betroffenen Nutzer:Innen
• Die Vergesellschaftung der Immobilienkonzerne, der In frastruktur, der Post, der Bahn, der großen Produktions mittel und (digitalen) Medienkonzerne, der Geschäfts- banken und Versicherungsgesellschaften.
• Den Auf- und Ausbau eines nicht profitorientierten, für alle offenen und der Prävention verpflichteten ganzheit lichen Gesundheitssystems
• Den Auf- und Ausbau eines solidarischen, für alle zu gänglichen Bildungs- und Ausbildungssystems
• Die Förderung und Verteidigung eines für alle zugäng lichen öffentlichen Kulturbereichs!
Für Vergesellschaftung reicht Verstaatlichung nicht aus. Zur Verstaatlichung muss die demokratische Kontrolle durch die Beschäftigten und die Bürger:innen hinzukommen. Demokratische Kontrolle bedeutet auch, dass die Belegschaften gegen alle Entscheidungen der Geschäftsleitung ihr Veto einlegen können, durch die sie ihre Interessen beeinträchtigt sehen.
9. Internationale Solidarität stärken
Die kapitalistische Globalisierung untergräbt die Lebensinteressen der arbeitenden Menschen, schafft immer mehr Ungleichheit und vernichtet die natürlichen Lebensgrundlagen.
Dagegen wird in zunehmendem Maße mit dem Rückzug auf den Nationalstaat und die nationalen Interessen geantwortet. Viele sehen darin heute einen rettenden Strohhalm, weil die sozialen Errungenschaften der Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg, weil Lebensstandard und Sozialstaat an den Nationalstaat gebunden zu sein schienen.
Doch indem sich die abhängig Beschäftigten und die Benachteiligten an den „eigenen“ Staat und an die „eigenen“ Herrschenden und Kapitalisten heften, liefern sie sich ihnen aus. Sie können dabei nur noch mehr verlieren.
Zum Rückzug auf das Nationale gibt es eine klare Alternative: den grenzüberschreitenden Kampf für soziale Mindeststandards und Klimaschutz nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt!
Wir fordern:
• Konsequente Entwicklung wirksamer gemeinsamer Ge genmacht der Beschäftigten der transnationalen Kon zerne
• Organisation internationaler Solidarität entlang der glo balen Wertschöpfungsketten in der Produktion, im Ge sundheitswesen, im Kommunikations-, im Verkehrs- und
Transportsektor
• Eine europaweite Kampagne für existenzsichernde Min destlöhne, Grundsicherungen, radikale Arbeitszeitver kürzung und gegen Profitgier und Faschismus!
10. Unsere Rechte gemeinsam verteidigen
Unsere Vorschläge haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind ein Angebot und ein Aufruf zur gemeinsamen Aktion. Sie richten sich an die zersplitterte, politisch organisierte und nichtorganisierte Linke, an gewerkschaftlich Aktive innerhalb und außerhalb von Betrieben und an Engagierte in den vielfältigen Bewegungen gegen die Folgen des Kapitalismus.
Nur gemeinsam können wir unsere Rechte verteidigen und die Welt grundlegend verändern. Abwarten ist dabei keine gute Idee. Wir sind bereit zur Zusammenarbeit vor Ort, regional, national und international. Wir können für unsere Alternativen bereits existierende Bündnisse und Komitees stärken und neue bilden. Es ist höchste Zeit, gemeinsam aktiver zu werden. Es ist höchste Zeit, eine gemeinsame solidarische Front zur Verteidigung unserer elementaren Interessen aufzubauen!
Es gibt nichts Gutes, es sei denn wir tun es!