Vor 100 Jah­ren: Die Janu­ar­streiks 1918

H. N.

Wäh­rend des Ers­ten Welt­kriegs litt auch die Zivil­be­völ­ke­rung immer mehr. Hun­ger, Ent­beh­run­gen und staat­li­che Repres­sio­nen ver­ur­sach­ten eine zuneh­men­de Empö­rung in der arbei­ten­den Klas­se. Ende Janu­ar 1918 kam es in Ber­lin zu einem poli­ti­schen Mas­sen­streik. Die Haupt­for­de­rung lau­te­te „Frie­den und Brot!“

Orga­ni­sa­to­ren des Streiks waren die Revo­lu­tio­nä­ren Obleu­te. Sie waren meist (kri­ti­sche) Mit­glie­der der Unab­hän­gi­gen Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei (USPD) und vor allem als kämp­fe­ri­sche Gewerk­schaf­ter in Metall­be­trie­ben kon­spi­ra­tiv tätig. Zu Arbeits­nie­der­le­gun­gen hat­te auch der Spar­ta­kus­bund im Vor­feld des 28. Janu­ar 1918 auf­ge­ru­fen, ent­ge­gen der Tak­tik der Revo­lu­tio­nä­ren Obleu­te. Die­se hat­ten die Streik­vor­be­rei­tun­gen bis zur letz­ten Minu­te geheim hal­ten wollen.

Die Streiks fan­den gegen den Wil­len der Füh­rer der Mehr­heits­so­zi­al­de­mo­kra­tie (MSPD) und der Gewerk­schaf­ten statt. Die­se set­zen nach wie vor auf die „Burg­frie­dens­po­li­tik“ mit Kai­ser und Kapi­tal. Ihr Bestre­ben war es, die Streiks einzudämmen.
Allein in Ber­lin wur­den über 400.000 Strei­ken­de gezählt. Sie wähl­ten einen 414-köp­fi­gen Groß-Ber­li­ner-Arbei­ter­rat, der einen aus elf Mit­glie­dern bestehen­den Akti­ons­aus­schuss bil­de­te. Des­sen Vor­sit­zen­der war Richard Mül­ler für die Revo­lu­tio­nä­ren Obleute.

Der Streik brei­te­te sich schnell in ande­ren Tei­len des Deut­schen Reichs aus. Ins­ge­samt betei­lig­ten sich über eine Mil­li­on Arbei­te­rIn­nen. Trotz Ver­samm­lungs­ver­bot kam es täg­lich zu Auf­mär­schen und Spontandemonstrationen.

Die Streiks konn­ten erst nach meh­re­ren Tagen durch den Ein­satz von Poli­zei und Mili­tär been­det wer­den. Am 31. Janu­ar 1918 ver­häng­ten die Herr­schen­den den ver­schärf­ten Bela­ge­rungs­zu­stand über Ber­lin, da sie einen Auf­stand befürchteten.
Die Regie­rung ließ Demons­tra­tio­nen und Kund­ge­bun­gen gewalt­sam durch Mili­tär und Poli­zei auf­lö­sen, wodurch es Tote und Ver­letz­te gab. Bestreik­te Groß­be­trie­be wur­den der mili­tä­ri­schen Kon­trol­le unter­stellt und ulti­ma­tiv die Arbeits­auf­nah­me bis zum 4. Febru­ar 1918 gefordert.

Am 3. Febru­ar ver­kün­de­te des­halb der Akti­ons­aus­schuss den Abbruch des Streiks, obwohl kei­ne der For­de­run­gen erfüllt war.
Die Herr­schen­den lie­ßen danach vie­le Arbei­ter fest­neh­men und sie zum Kriegs­dienst an der Front ein­be­ru­fen. Aber letzt­lich schei­ter­te ihr Ver­such, das revo­lu­tio­nä­re Poten­ti­al in Deutsch­land ent­schei­dend zu unterdrücken.

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti Janu­ar 2018
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