U. D.
Das Thema unseres ISO-Diskussionsabends am 27.09.2019 lautete: „1989 – Aufstand ohne Ziel? Das Ende der DDR“. Unser Referent schlug einen historischen Bogen und ordnete den „Mauerfall“ in die Geschichte der arbeitenden Klasse in Deutschland ein.
Unvollendete Siege und*verheerende Niederlagen
Die Teilung Deutschlands hatte mehrere geschichtliche Voraussetzungen. Zuerst der mörderische Verrat der Sozialdemokratie an der deutschen Novemberrevolution vom 09. November 1918. Sodann die brutale politische Konterrevolution Stalins. Sie ertränkte die russische Oktoberrevolution in Blut, wandelte Sowjetrußland in eine bürokratische Diktatur und die ursprünglich revolutionäre Kommunistische Internationale in ein außenpolitisches Werkzeug des Stalinismus um.
Aufgrund ihrer unsäglichen Unterschätzung der faschistischen Gefahr verhinderten die Führungen von KPD, SPD und Gewerkschaften die Bildung einer Einheitsfront. Die „Machtergreifung“ der NSDAP im Januar 1933 ist vor allem deshalb möglich geworden.
Damit war der Weg frei für den Nazi-Terror, die Ermordung der politischen Führung der arbeitenden Klasse, der millionenfachen Vernichtung insbesondere der Menschen jüdischen Glaubens und den Gräueln des II. Weltkrieges.
Am 08. Mai 1945 kapitulierte Nazi-Deutsch- land. Die Befreiung war kein Erfolg des Widerstands, sondern eine militärische Niederlage. Daher entschieden die Sieger- mächte (USA, UDSSR, Großbritannien und Frankreich) über die weitere Zukunft und teilten Deutschland in vier Besatzungszonen auf.
Schließlich wurde auf dem Gebiet der West-Zonen am 8. Mai 1949 mit der Verabschiedung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Am 7. Oktober 1949 folgte auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone die Gründung der DDR. Damit war die Teilung Deutschlands vollzogen.
Die DDR war nicht sozialistisch
Die DDR wurde nach dem „Vorbild“ der stalinistischen Diktatur in der Sowjetunion aufgebaut:
• Die politische „Führung“ hatte der SED-Apparat.
• Es gab keine direkte (Räte-)Demokratie,
• Großbetriebe und Großgrundbesitz wurden verstaatlicht. Aber es gab keine demokratische Planwirtschaft, sondern eine bürokratisch-zentralistische Kommandowirtschaft.
• Repressionsinstrumente wie Militär, Stasi und Kampfgruppen wurden auf- und ausgebaut.
• Die DDR war eine autoritäre „Gesinnungsdiktatur“. Wer sich besonders partei- und linientreu verhielt, konnte in Partei und Gesellschaft aufsteigen und sich Privilegien sowie einen besseren Lebensstandard „erdienen“.
Der Untergang der DDR
Nach der Niederschlagung des Arbeiteraufstands vom 17. Juni 1953 „verließen“ bis Ende 1960 mehr als 2 Millionen Menschen die DDR. Die SED-Führung unter Ulbricht reagierte auf diesen Exodus mit bürokratischen Methoden und ließ am 13. August 1961 die Mauer errichten.
Im Verlauf der 1980er Jahre begann es in der DDR politisch zu gären. Gründe waren die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage und ausbleibende politische Reformen. Dieser Gärungsprozess wurde im Lauf des Jahres 1989 so stark, dass er große Teile der Gesellschaft erfasste und die Massendemonstrationen im Herbst 1989 zum Kollaps der bürokratischen SED-Herrschaft führten.
Am 09. November 1989 vollendete der „Mauerfall“ den Untergang der DDR. Dies war zwar der Erfolg einer großen Massenbewegung, aber kein Sieg einer antibürokratischen Revolution für die Umwandlung der DDR in eine sozialistische Demokratie.
Die Folgen der „Wiedervereinigung“
30 Jahre nach dem „Mauerfall“ sind die Folgen der „Wiedervereinigung“ unter kapitalistischen Vorzeichen überdeutlich:
• Eine erfolgreiche Offensive der neoliberalen Ideologie und des deutschen Kapitals nach innen und nach außen.
• Die fortgesetzte Aushöhlung der sozialen Sicherungssysteme.
• Weitere Verschlechterungen der Arbeitsgesetze.
• Die politische und organisatorische Schwächung der arbeitenden Klasse und der Gewerkschaften.
• Massive soziale Verwerfungen und das Entstehen eines gesellschaftlichen Nährbodens für den Aufschwung reaktionärer und faschistischer Kräfte nicht nur in Ost-Deutschland.
Der lange Schatten der durch den Stalinismus verursachten Verwüstungen und Verbrechen ist immer noch eine schwere politische Hypothek für die Entwicklung eines linken, antikapitalistischen Widerstands.
Auch deshalb ist es so wichtig, die Geschichte zu verstehen. Nur mit einem klaren Verständnis der Vergangenheit und der Gegenwart kann die Vorstellung einer solidarischen Gesellschaft jenseits des Kapitalismus wieder Glaubwürdigkeit und Popularität erlangen – eines Sozialismus, der auf direkter Demokratie und einer demokratisch geplanten bedürfnisorientierten und ökologischen Wirtschaft beruht.