„Die Bezahlkarte diskriminiert und grenzt aus!“
N. B.
Auch das Land Baden-Württemberg hat sich für die Einführung der Bezahlkarte für Asylsuchende entschieden. 19 Mannheimer Initiativen und Einrichtungen sprechen sich in einem Offenen Brief dafür aus, die diskriminierenden und ausgrenzenden Folgen der Bezahlkarte in der Stadt Mannheim so gering wie möglich zu halten.
Wir zitieren hier aus dem Offenen Brief an den Gemeinderat sowie die Mannheimer Abgeordneten des Land- und des Bundestags:
„Die Bezahlkarte diskriminiert und grenzt aus!
Gestalten wir sie zumindest so, dass wir uns weiterhin auf humanitärem Parkett bewegen!
Am 12.04.2024 schuf der Bundestag den gesetzlichen Rahmen dafür, dass finanzielle soziale Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf Landes- und kommunaler Ebene künftig auch in Form der so genannten Bezahlkarte ausbezahlt werden können.
Wir sprechen uns entschieden gegen die Bezahlkarte aus, weil sie geflüchtete Menschen stigmatisiert und diskriminiert, sie in ihrer Lebensführung bevormundet, ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert und die Arbeit der in der Integrationsarbeit tätigen Menschen erschwert. Die Einführung der Bezahlkarte ist in unseren Augen ein kontraproduktives (wenn nicht sogar gefährliches) politisches Zeichen an die Gesellschaft, denn sie weist nicht in Richtung Integration, sondern in Richtung Ausgrenzung.
Der Bund hat den Ländern und Kommunen freigestellt, ob bzw. in welcher Form sie die Bezahlkarte einführen. Da sich das Land Baden-Württemberg für die Einführung der Bezahlkarte entschieden hat, müssen wir leider damit rechnen, dass diese auch in Mannheim eingeführt wird. Sollte dies der Fall sein, bitten wir die Verantwortlichen dringend, die Bezahlkarte so zu gestalten, dass die absehbar negativen Auswirkungen so gering wie möglich gehalten werden. Folgende Aspekte sind unserer Ansicht nach zu berücksichtigen:
Die Bezahlkarte muss
• … ohne Einschränkungen nutzbar sein: Barabhebungen sind ohne monatliche Obergrenze und ohne Gebühren möglich.
• … den bargeldlosen Zahlungsverkehr mit Dritten ermöglichen: Um z. B. das Deutschlandticket nutzen zu können, müssen monatliche Abbuchungen möglich sein. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr ist die Privatsphäre der Kartennutzer:innen und das Recht auf Vertraulichkeit zu wahren. Überweisungen oder Lastschriften mit der Karte sollten daher durch die Nutzer:innen selbst, ohne Umweg über die Behörde, vorgenommen werden können. Einkaufen mit der Karte sollte ohne räumliche Beschränkungen sowie ohne Ausschluss bestimmter Branchen möglich sein.
• … auf einen möglichst kleinen Personenkreis begrenzt sein: Die Bezahlkarte sollte nur für geflüchtete Menschen Verwendung finden, die ganz neu in Deutschland sind und deshalb noch kein eigenes Bankkonto eröffnen konnten.
• … möglichst zeitlich begrenzt sein: Sobald die Leistungsberechtigten über ein eigenes Basiskonto bei einer Bank verfügen, sollte die Auszahlung der monatlichen Leistungen umgehend von der Bezahlkarte auf das eigene Basiskonto umgestellt werden.
• … diskriminierungsfrei im Alltag verwendet werden können:
‒ Die Bezahlkarte sollte von außen nicht von einer regulären Bankkarte zu unterscheiden sein
‒ Mit der Einführung der Bezahlkarte steht die Stadt mit in der Verantwortung dafür, dass deren Inhaber:innen mit dieser Karte in allen Geschäften und an allen Stellen gebührenfrei bezahlen können, auch im lokalen Einzelhandel
• … von Anfang an störungsfrei funktionieren: Bereits jetzt führen kurzfristige, unverschuldete Unterbrechungen des Leistungsbezugs oft zu existenziellen Notlagen der Betroffenen, da diese in der Regel keinerlei finanzielle Rücklage haben. Vor Einführung ist daher die Schaffung technischer und personeller Voraussetzungen sicherzustellen.
• … so funktionieren, dass es zu keiner zusätzlichen Belastung von ehrenamtlichen und nicht-staatlichen Unterstützer:innen kommt.“
Abschließend bitten die Unterzeichner:innen die Abgeordneten darum, ihre Einflussmöglichkeiten auf Landesregierung und -politik in Bezug auf landesweite Vorgaben und Rahmenbedingungen zu nutzen, gerade auch, wenn es um eine einheitlichere Gestaltung der Bezahlkarte in Baden-Württemberg gehen soll.