Kapitalismus als Rettung vor der Klimakatastrophe?
U.D.
Am 29. Mai 2019 trafen sich Interessierte beim Diskussionsabend der ISO-Rhein-Neckar zum Thema „Umweltzerstörung und Gesellschaftsform“. Referent war Bernd Brosius.
Bernd ist Autor von Büchern, Broschüren und Artikeln über Historischen Materialismus, egalitäre (sozial gleiche) Urgesellschaften und bedürfnisorientierte Ökonomie. Er setzt sich seit vielen Jahren mit dem Thema unserer Veranstaltung auseinander. Besonders intensiv befasst er sich mit den archäologischen Ausgrabungen und Forschungen zu „Catal Hüyük“ (hierzu sehr lohnend: www.urkommunismus.de).
Klassengesellschaften zerstören
In seinem Referat nannte Bernd zahlreiche Gesellschaften, die ihre zum Überleben notwendigen natürlichen Ressourcen zerstörten. Eine wesentliche Ursache dafür sei gewesen, dass diese durch soziale Ungleichheit und Klassenherrschaft geprägt worden sein.
So hätten die Herrschenden ohne Rücksicht auf menschliche Verluste oder Naturzerstörung versucht, immer mehr Reichtum anzuhäufen und immer größere Gebiete unter ihren Einfluss zu bringen. Oder sie wollten sich „einfach“ gegenseitig im Prunk überbieten.
Ein bekanntes Beispiel war unserem Referenten zufolge die völlige Abholzung des ursprünglichen Baumbestandes der Osterinseln. Sie resultierte aus der Konkurrenz der lokalen Herrscher, die immer größere und zahlreichere Monumente als Zeichen ihrer Größe und Macht errichten ließen, um die anderen zu „überbieten“. Zum Transport der schweren Steinfiguren seien Baumstämme notwendig gewesen. Obwohl klar gewesen sein musste, dass dies zur Zerstörung der Vegetation führte, wurde dieser Irrsinn nicht beendet.
Soziale Gleichheit reicht nicht aus
Allerdings gab es auch Versuche, eine klassenlose Gesellschaft zu errichten, die gescheitert sind, weil keine Rücksicht auf die Natur genommen wurde. In diesem Fall wollten die Menschen den Prunk und Protz der vor der Revolution Herrschenden allen zugutekommen lassen. Dies hätte letztendlich ebenfalls zu einer Über- ausbeutung der natürlichen Ressourcen und zum Untergang dieser Gesellschaften geführt.
Zum Schluss benannte Bernd zwei wesentliche Faktoren für eine Gesellschaft, die ökologisch und von Dauer sein will. Erstens soziale Gleichheit, d. h. Überwindung und Beseitigung von Klassenherrschaft, und zweitens die bewusste Ent- scheidung für eine bedürfnisorientierte Wirtschaft, die natürliche und menschliche Ressourcen schont.
Auch Kapitalismus vernichtet
Dieser „Streifzug“ durch die Geschichte bot allen Anwesenden reichlich Anregungen für die anschließende Diskussion und die weitere Beschäftigung mit diesem Thema. Interessant war einmal mehr, dass die Kenntnis der Geschichte helfen kann, die Gegenwart zu verstehen.
Auch der Kapitalismus beruht auf einer Gesellschaft mit massiver sozialer Ungleichheit und einem Wirtschaftssystem, das Mensch und Natur gnadenlos ausbeutet und zerstört. Einer Ökonomie, die auf der Ausweitung der Produktion beruht und nicht auf der Schonung von Ressourcen. Nicht die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse stehen im Zentrum, sondern die Maximierung des Profits Weniger auf Kosten Vieler.
Wer also die Umweltzerstörung beenden will, der darf vom Kapitalismus nicht schweigen. Ohne Überwindung des Kapitalismus, ohne den Aufbau einer sozial gleichen und demokratischen Gesellschaft mit einer bewussten ökologischen Orientierung ist eine grundlegende Umkehr der derzeitigen bedrohlichen Entwicklung kaum möglich. Dies wird nur gelungen, wenn wir dafür gemeinsam kämpfen und uns organisieren.