Als­tom: Ver­ra­ten und verkauft!

 

Im Novem­ber 2015 geht die Kraft­werks­par­te von Als­tom offi­zi­ell an den über­mäch­ti­gen Kon­kur­ren­ten Gene­ral Elec­tric (GE) über. Auf die Beleg­schaf­ten und ihre Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen kom­men stür­mi­sche Zei­ten zu.
Zum Abschied von Als­tom erhiel­ten die Kol­le­gIn­nen noch einen ver­ba­len Tritt von Ober­boss Kron. Die­ser hat­te im Auf­trag von Haupt­ak­tio­när Bouy­gues die Aus­plün­de­rung und die Zer­schla­gung des tra­di­ti­ons­rei­chen fran­zö­si­schen Elek­tro­tech­nik­kon­zerns ver­ant­wort­lich organisiert.
Wir doku­men­tie­ren im Fol­gen­den sowohl das Schrei­ben von Kron an die „Lie­ben Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen“ als auch die Ant­wort eines zor­ni­gen Alstomarbeiters.

Ver­ar­schen kann ich mich auch alleine!“
Eine Ant­wort an P. Kron

Wer­ter Herr,

Ihr Schrei­ben an uns Als­tom-Beschäf­tig­te hat in mir nicht nur Zorn, son­dern auch Empö­rung ausgelöst.
Lei­der haben weder mei­ne Gewerk­schaft, die IG Metall, noch mein Betriebs­rat auf Ihre Zei­len reagiert. Das ist ein Ver­säum­nis und kein gutes Zeichen!

Auch wenn eine Ant­wort nichts mehr an den von Ihnen im Auf­trag des Mulit­mil­li­ar­därs Bouy­gues geschaf­fe­nen Fak­ten ändert, so erfor­dert doch die Selbst­ach­tung eine Stel­lung­nah­me im eige­nem Inter­es­se und im Inter­es­se mei­ner Kol­le­gin­nen und Kollegen.
Erich Käst­ner hat ein­mal geschrie­ben: „Nie dürft ihr so tief sin­ken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trin­ken.“ Wohlan!
Sie, Herr Kron, haben einen Welt­kon­zern nicht nur an die Wand gefah­ren, son­dern auch noch sei­ne Zer­schla­gung orga­ni­siert! Sie besit­zen die zyni­sche Unver­fro­ren­heit, sich in Ihrem Schrei­ben für die­se „Meis­ter­leis­tung“ auch noch selbst zu loben: „Ich gehe… mit dem Gefühl von Bord, mei­ne Auf­ga­be erfüllt zu haben: Ich habe dafür gesorgt, dass das Unter­neh­men die aus­ge­tre­te­nen Pfa­de ver­las­sen hat; ich habe sei­ne Ent­wick­lung beglei­tet und die Zukunft aller Spar­ten gesichert.“
Eines muss man Ihnen las­sen: Es ist kaum mög­lich, in so weni­gen Wor­ten mehr eit­len Grö­ßen­wahn, hem­mungs­lo­se Selbst­über­schät­zung und zyni­sche Lügen unter­zu­brin­gen. Ist es dass, was Leu­ten wie Ihnen auf den Pari­ser Eli­te­schu­len bei­gebracht wurde?

Es stimmt: Sie haben dafür gesorgt, Bouy­gues wei­te­re Mil­li­ar­den auf die Kon­ten zu schie­ben, und sich dabei eini­ge zusätz­li­che Mil­lio­nen abge­zweigt. Wenn das Ihre Auf­ga­be war, dann haben Sie die­se in der Tat „erfüllt“. Es gibt da nur ein klei­nes Pro­blem. Das vie­le Geld gehört nicht Ihnen und Ihrem Patron Bouy­gues, son­dern uns, den (ehe­ma­li­gen) Beschäf­tig­ten von Alstom. 
Es stimmt auch, dass Sie die „aus­ge­tre­te­nen Pfa­de“ ver­las­sen haben. Als­tom hat­te dank der Arbeit unse­rer Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen sowohl im Ener­gie- als auch im Schie­nen­ver­kehrs­sek­tor über ein unver­gleich­lich gro­ßes tech­no­lo­gi­sches Port­fo­lio und einen enor­men Erfah­rungs­schatz ver­fügt. Die­se auf lan­ge Sicht gesell­schaft­lich not­wen­di­gen Berei­che nicht wei­ter zu ent­wi­ckeln, son­dern die­ses indus­tri­el­le Erbe zu zer­schla­gen, ist mei­nes Erach­tens ein­fach offen kri­mi­nell. Inso­fern haben Sie wirk­lich die „aus­ge­tre­te­nen Pfa­de“ einer tra­di­tio­nel­len kapi­ta­lis­ti­schen Unter­neh­mens­füh­rung verlassen.
Es stimmt fer­ner, dass Sie die „Ent­wick­lung von Als­tom beglei­tet“ haben. Durch eine lan­ge Ket­te von gro­ben Fehl­ent­schei­dun­gen und eine per­ma­nen­te Aus­plün­de­rung haben Sie den Unter­gang des Unter­neh­mens und letzt­lich sei­ne Zer­schla­gung zu verantworten.

Wer­ter Herr, es ist aller­dings eine gro­ße Lüge, dass Sie „die Zukunft aller Spar­ten gesi­chert“ hätten. 
Was von der Ener­gie-Spar­te unter der Herr­schaft von GE übrig­bleibt, wird sich in den kom­men­den Jah­ren zei­gen. Ob die Schie­nen­ver­kehrs­spar­te noch lan­ge eigen­stän­dig erhal­ten bliebt, ist, wenn die Zei­chen nicht trü­gen, eher unwahrscheinlich.
Sie hat­ten zudem mit dem von Ihrem Patron Bouy­gues vor­ge­ge­be­nen Kurs schon jetzt welt­weit tau­sen­de Arbeits- und Aus­bil­dungs­plät­ze vernichtet. 

Sie hat­ten fer­ner dem deut­schen Als­tom-Manage­ment befoh­len, die hier­zu­lan­de ursprüng­lich bis 2016 gel­ten­den Stand­ort­si­che­rungs- und Beschäf­ti­gungs­ga­ran­tien für Ende 2014 zu kün­di­gen. Bereits vor­her waren auf Ihr Geheiß zahl­rei­che Abbau­plä­ne aus­ge­ar­bei­tet wor­den. Die­se haben mas­si­ve Arbeits­platz­ver­nich­tung bis hin zu Betriebs­schlie­ßun­gen zum Ziel (Bex­bach, Mann­heim, Neu­mark, Stutt­gart…) und sind teil­wei­se wie im Fal­le Neu­mark bereits umgesetzt.
Wenn das herr­schen­de Recht nicht das Recht der Herr­schen­den wäre, müss­ten Sie und Ihr Patron Bouy­gues für den immensen Scha­den, den sie ange­rich­tet haben, per­sön­lich haf­ten. Für mei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen müß­te hin­ge­gen die Exis­tenz durch einen staat­li­chen Schutz­schirm gesi­chert werden.

Wel­chen Gruß kann man einer Per­son, wie Sie es sind, ent­bie­ten? Ver­ar­schen kann ich mich auch alleine!

E.G. 

Krons „Nach­richt an die Mitarbeiter“

Nachricht Alstom an Mitarbeiter

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti 238, Novem­ber 2015
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