„Nie wieder ist jetzt!“
H. N.
Für die Arbeitswelt hat die Parole „Nie wieder ist jetzt!“ eine ganz besondere Bedeutung. Zur Erklärung, warum das so ist, müssen wir einen Blick zurückwerfen.
1933 konnten die Faschisten die stärks- te und am besten organisierte (teilweise sogar bewaffnete Arbeiterbewegung) der damaligen Welt brutal zerschlagen.
Das konnte deshalb geschehen, weil sich die Führungen von KPD und SPD in ihrer politischen Blindheit geweigert hatten, eine Einheitsfront gegen die tödliche braune Gefahr zu bilden.
Die Gewerkschaftsspitzen ihrerseits duckten sich nicht nur weg. Sie biederten sich den neuen Machthabern bis zum 1. Mai 1933 in der irrsinnigen Hoffnung an, vom Nazi-Terror verschont zu bleiben.
Bekämpfung von Aktiven heute
Und heute? Heute werden Betriebsräte und gewerkschaftliche Organisierung bekämpft. Vom Kleinbetrieb des Autohändlers Kohlhoff in Mannheim bis zur Grünheider Tesla-„Gigafactory“ des ultrarechten Milliar- därs Musk wird das, was die AfD anstrebt, bereits umgesetzt.
Die besondere Spitze des Eisbergs stellt in diesem Zusammenhang die Zerschlagung des in der IG Metall organisierten Betriebsrats bei ProMinent Heidelberg dar. Miteigentümer des Unternehmens ist Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände und damit oberster „Sozialpartner“.
Dort wie anderswo fand und findet brutales Betriebsrat-Mobbing statt. Mit Verdachtskündigungen können völlig legal die Existenzen von BR-Mitgliedern vernichtet werden. Unter dem Vorwand eines angeblichen Fehlverhaltens ist es damit möglich, Betriebsräte aus dem Betrieb zu werfen.
Die Opfer müssen dann vor dem Arbeitsgericht ihre „Unschuld“ beweisen. Das ist eine zynische Umkehr der ansonsten im Rechtswesen geltenden Unschuldsvermutung und Ergebnis des skandalösen Fortwirkens des faschistischen Arbeitsunrechts bis heute.
Bekämpfung von Aktiven ab 1933
Nach 1933 nahmen die faschistischen Herrscher eine radikale Änderung des Arbeitsrechts vor. Ihr Ziel war die totale Atomisierung der Arbeiterklasse „durch Bildung einer alles umfassenden Volksgemeinschaft“.
Ab dem 4. April 1933 konnten Betriebsratswahlen ausgesetzt und die Entlassungen „staats- und wirtschaftsfeindlicher“ BR- Mitglieder angeordnet werden.
Am 20. Januar 1934 wurde das „Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit“ (AOG) von der Nazi-Führung erlassen. Die Juristen Hans Carl Nipperdey und Alfred Hueck waren sowohl Verfasser als auch Hauptkommentatoren dieses Machwerks.
Die im AOG festgeschriebene Verpflichtung der „Betriebsgefolgschaft“ zur „Treue“ dem „Betriebsführer“ gegenüber hatte Folgen. Angebliche Verstöße gegen diese Treuepflicht konnten seitdem „legal“ mit Ver- dachtskündigungen geahndet werden.
Nazi-„Arbeitsrechtler“ in der BRD
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) transformierte unter maßgeblicher Beteiligung seines 1. Präsidenten Nipperdey und von Konsorten aus der Nazi-Zeit wesentliche Elemente des faschistischen Arbeitsunrechts „demokratisch“ und führte sie fort: insbesondere die massive Einschränkung des Streikrechts, aber auch die „Treuepflicht“, das Verbot politischer Betätigung im Betrieb, die „Betriebsgemeinschaft“, die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“, die „Friedenspflicht“ und nicht zuletzt die „Verdachts- kündigungen“.
Das BAG hält bis heute nicht nur an dieser faschistischen „Tradition“ fest. Es hat sogar seine Rechtsprechung durch die Möglichkeit einer grundlosen fristlosen Verdachtskündigung verschärft.
Im Frühjahr 2024 wurde die Präsidentin des BAG, Inken Gallner, in einem Interview gefragt, wie sich der Einfluss von Nazi-Juristen auf die Arbeitsgerichtsbarkeit „bemerkbar“ gemacht habe. Ihre Antwort: „Das kann ich noch nicht beantwor- ten.“ Diese Aussage lässt in tiefe Abgründe blicken und dort eine große Leere erkennen.
Widerstand ist Pflicht
Die Zeiten werden noch rauer wegen der anhaltenden Offensive des Kapitals und des damit einhergehenden politischen Rechtsrucks.
Es ist auch deshalb höchste Zeit, das skan- dalöse Fortwirken des faschistischen Arbeitsunrechts in Deutschland zu beenden.
DGB und Einzelgewerkschaften müssen endlich den Kampf für das gesetzliche Verbot der Verdachtskündigung aufnehmen und ihrer eigenen Beschlusslage gerecht werden.
„Nie wieder ist jetzt!“ gilt in diesem Sinne insbesondere für die Arbeitswelt. Denn gerade dort, wo faschistisches Unrecht nach wie vor „Recht“ ist, wird Widerstand zur Pflicht!