Auch für die Arbeits­welt gilt:

Nie wie­der ist jetzt!“

 

H. N.

Für die Arbeits­welt hat die Paro­le „Nie wie­der ist jetzt!“ eine ganz beson­de­re Bedeu­tung. Zur Erklä­rung, war­um das so ist, müs­sen wir einen Blick zurückwerfen.

Protest gegen BR-Mobbing vor dem Arbeitsgericht Darmstadt, 8. August 2019. (Foto: Privat.)

Pro­test gegen BR-Mob­bing vor dem Arbeits­ge­richt Darm­stadt, 8. August 2019. (Foto: Privat.)

1933 konn­ten die Faschis­ten die stärks- te und am bes­ten orga­ni­sier­te (teil­wei­se sogar bewaff­ne­te Arbei­ter­be­we­gung) der dama­li­gen Welt bru­tal zerschlagen.

Das konn­te des­halb gesche­hen, weil sich die Füh­run­gen von KPD und SPD in ihrer poli­ti­schen Blind­heit gewei­gert hat­ten, eine Ein­heits­front gegen die töd­li­che brau­ne Gefahr zu bilden.

Die Gewerk­schafts­spit­zen ihrer­seits duck­ten sich nicht nur weg. Sie bie­der­ten sich den neu­en Macht­ha­bern bis zum 1. Mai 1933 in der irr­sin­ni­gen Hoff­nung an, vom Nazi-Ter­ror ver­schont zu bleiben.

Bekämp­fung von Akti­ven heute
Und heu­te? Heu­te wer­den Betriebs­rä­te und gewerk­schaft­li­che Orga­ni­sie­rung bekämpft. Vom Klein­be­trieb des Auto­händ­lers Kohl­hoff in Mann­heim bis zur Grün­hei­der Tesla-„Gigafactory“ des ultra­rech­ten Mil­li­ar- därs Musk wird das, was die AfD anstrebt, bereits umgesetzt.

Die beson­de­re Spit­ze des Eis­bergs stellt in die­sem Zusam­men­hang die Zer­schla­gung des in der IG Metall orga­ni­sier­ten Betriebs­rats bei Pro­Mi­nent Hei­del­berg dar. Mit­ei­gen­tü­mer des Unter­neh­mens ist Rai­ner Dul­ger, Prä­si­dent der Bun­des­ver­ei­ni­gung der deut­schen Arbeit­ge­ber­ver­bän­de und damit obers­ter „Sozi­al­part­ner“.

Dort wie anders­wo fand und fin­det bru­ta­les Betriebs­rat-Mob­bing statt. Mit Ver­dachts­kün­di­gun­gen kön­nen völ­lig legal die Exis­ten­zen von BR-Mit­glie­dern ver­nich­tet wer­den. Unter dem Vor­wand eines angeb­li­chen Fehl­ver­hal­tens ist es damit mög­lich, Betriebs­rä­te aus dem Betrieb zu werfen.

Die Opfer müs­sen dann vor dem Arbeits­ge­richt ihre „Unschuld“ bewei­sen. Das ist eine zyni­sche Umkehr der ansons­ten im Rechts­we­sen gel­ten­den Unschulds­ver­mu­tung und Ergeb­nis des skan­da­lö­sen Fort­wir­kens des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts bis heute.

Bekämp­fung von Akti­ven ab 1933
Nach 1933 nah­men die faschis­ti­schen Herr­scher eine radi­ka­le Ände­rung des Arbeits­rechts vor. Ihr Ziel war die tota­le Ato­mi­sie­rung der Arbei­ter­klas­se „durch Bil­dung einer alles umfas­sen­den Volksgemeinschaft“.

Ab dem 4. April 1933 konn­ten Betriebs­rats­wah­len aus­ge­setzt und die Ent­las­sun­gen „staats- und wirt­schafts­feind­li­cher“ BR- Mit­glie­der ange­ord­net werden.

Am 20. Janu­ar 1934 wur­de das „Gesetz zur Ord­nung der natio­na­len Arbeit“ (AOG) von der Nazi-Füh­rung erlas­sen. Die Juris­ten Hans Carl Nip­per­dey und Alfred Hueck waren sowohl Ver­fas­ser als auch Haupt­kom­men­ta­to­ren die­ses Machwerks.

Die im AOG fest­ge­schrie­be­ne Ver­pflich­tung der „Betriebs­ge­folg­schaft“ zur „Treue“ dem „Betriebs­füh­rer“ gegen­über hat­te Fol­gen. Angeb­li­che Ver­stö­ße gegen die­se Treue­pflicht konn­ten seit­dem „legal“ mit Ver- dachts­kün­di­gun­gen geahn­det werden.

Nazi-„Arbeitsrechtler“ in der BRD
Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) trans­for­mier­te unter maß­geb­li­cher Betei­li­gung sei­nes 1. Prä­si­den­ten Nip­per­dey und von Kon­sor­ten aus der Nazi-Zeit wesent­li­che Ele­men­te des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts „demo­kra­tisch“ und führ­te sie fort: ins­be­son­de­re die mas­si­ve Ein­schrän­kung des Streik­rechts, aber auch die „Treue­pflicht“, das Ver­bot poli­ti­scher Betä­ti­gung im Betrieb, die „Betriebs­ge­mein­schaft“, die „ver­trau­ens­vol­le Zusam­men­ar­beit“, die „Frie­dens­pflicht“ und nicht zuletzt die „Ver­dachts- kündigungen“.

Das BAG hält bis heu­te nicht nur an die­ser faschis­ti­schen „Tra­di­ti­on“ fest. Es hat sogar sei­ne Recht­spre­chung durch die Mög­lich­keit einer grund­lo­sen frist­lo­sen Ver­dachts­kün­di­gung verschärft.

Im Früh­jahr 2024 wur­de die Prä­si­den­tin des BAG, Inken Gall­ner, in einem Inter­view gefragt, wie sich der Ein­fluss von Nazi-Juris­ten auf die Arbeits­ge­richts­bar­keit „bemerk­bar“ gemacht habe. Ihre Ant­wort: „Das kann ich noch nicht beant­wor- ten.“ Die­se Aus­sa­ge lässt in tie­fe Abgrün­de bli­cken und dort eine gro­ße Lee­re erkennen.

Wider­stand ist Pflicht
Die Zei­ten wer­den noch rau­er wegen der anhal­ten­den Offen­si­ve des Kapi­tals und des damit ein­her­ge­hen­den poli­ti­schen Rechtsrucks.

Es ist auch des­halb höchs­te Zeit, das skan- dalö­se Fort­wir­ken des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts in Deutsch­land zu beenden.

DGB und Ein­zel­ge­werk­schaf­ten müs­sen end­lich den Kampf für das gesetz­li­che Ver­bot der Ver­dachts­kün­di­gung auf­neh­men und ihrer eige­nen Beschluss­la­ge gerecht werden.

Nie wie­der ist jetzt!“ gilt in die­sem Sin­ne ins­be­son­de­re für die Arbeits­welt. Denn gera­de dort, wo faschis­ti­sches Unrecht nach wie vor „Recht“ ist, wird Wider­stand zur Pflicht!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Sep­tem­ber 2024
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