Bau­ern­oper in Kirch­berg an der Jagst am 10. Mai 2025

Kein Denk­mal, son­dern ein „Fühl­mal“

 

A. N.

Als ein sol­ches „Fühl­mal“ kün­dig­te die Regis­seu­rin Catrio­na Blan­ke die Bau­ern­oper an dem lau­en Früh­lings­abend im Rit­ter­saal des Schlos­ses Kirch­berg an der Jagst an.

Bauernoper in Kirchberg/Jagst, 10. Mai 2025. (Foto: Privat.)

Bau­ern­oper in Kirchberg/Jagst, 10. Mai 2025. (Foto: Privat.)

Und ein Fühl­mal war es in der Tat. Die rund 200 Zuschauer:innen im vol­len Saal fühl­ten das Leid und das Elend der Bau­ern unter den Feu­dal­her­ren und der mit­tel­al­ter­li­chen Kir­che. Sie fühl­ten den Unmut, die stei­gen­de Wut und die im Auf­stand auf­kei­men­de Hoff­nung der Bau­ern. Sie fühl­ten das Atmen der Frei­heit im Zuge der ers­ten Erfol­ge, und sie fühl­ten die Ver­zweif­lung und Fas­sungs­lo­sig­keit ange­sichts der grau­sa­men, blut­rüns­ti­gen Nie­der­schla­gung der Aufstände.

Zum 450. Jah­res­tag der Bau­ern­auf­stän­de schrie­ben Yaak Kar­sun­ke (Text) und Peter Jans­sens (Musik) die Bau­ern­oper. Nun wur­de die­ses beein­dru­cken­de Stück, 50 Jah­re spä­ter zum 500. Jah­res- tag, von einem Ensem­ble aus Lai­en auf die Büh­ne gebracht.

Hät­te der Orga­ni­sa­tor des Abends nicht ange­kün­digt, dass die Schauspieler:innen kei­ne Pro­fis waren, so hät­te das Publi­kum es wohl nicht gemerkt. Oder doch? Denn mit so viel Herz­blut lässt sich ein Stück wohl kaum ohne inne­re Über­zeu­gung umset­zen. Und nicht nur die Schauspieler:innen brann­ten für das The­ma, auch das begeis­ter­te Publi­kum zeig­te sei­ne Lei­den­schaft dafür. Selbst aus Ber­lin waren Gäs­te gekom­men, um sich das Stück anzuschauen.

Elend und Wut
Die Fas­zi­na­ti­on des Stü­ckes geht dabei nicht allein von einem his­to­ri­schen Inter­es­se an den revo­lu­tio­nä­ren Auf­stän­den der Bau­ern des 16. Jahr­hun­derts aus, son­dern wird sicher­lich auch von der Aktua­li­tät der The­men getragen.

Die Bau­ern kla­gen zu Beginn ihr Leid dar­über, wie ihr Land und ihre Fel­der von Adli­gen bei der Jagd zer­stört wird, die ihnen selbst ver­bo­ten ist. Und dann müs­sen sie von dem halb zer­stör­ten Feld noch ihre Abga­ben an den Feu­dal­her­ren und das Klos­ter leis­ten sowie an den ertrag­reichs­ten Ern­te­ta­gen für die Feu­dal­her­ren schuf­ten, anstatt ihre Fel­der zu bestel­len. Hin­zu kommt der Ablass­han­del, der ihnen das letz­te Geld aus den Taschen zieht.

Aus dem Kla­gen her­aus ent­wi­ckeln sich bei eini­gen Beschwer­den: „Als Adam grub und Eva spann – wo war denn da der Edel­mann?“ Die Bau­ern ver­ste­hen mit­ein­an­der: Die­se Ver­hält­nis­se sind nicht „gott­ge­ge­ben“, son­dern geschaf­fen von den Herr­schen­den. Die Reli­gi­on spielt für die Bau­ern eine bedeu­ten­de Rol­le. Die Legi­ti­mi­tät ihrer For­de­run­gen lei­ten sie maß­geb­lich von den Ideen der Refor­ma­ti­on ab, auch wenn deren Haupt­wort­füh­rer ihnen letzt­lich zumin­dest zum Teil in den Rücken fallen.

Auf­stand und Niederschlagung
Die Bau­ern schlie­ßen sich zusam­men und erken­nen, dass sie sich gemein­sam gegen die Unter­drü­ckung weh­ren kön­nen. Sie knüp­fen mit ihren Auf­stän­den an klei­ne­ren Erhe­bun­gen an, wie denen der Bund­schuh-Bewe­gung der vor­an­ge­gan­ge­nen Jahr­zehn­te, und sie arbei­ten dar­an, sich zu organisieren.

Die Rol­le der Frau­en ist dabei bis heu­te nicht ganz geklärt – waren wirk­lich kaum akti­ve Frau­en betei­ligt, oder wur­den sie in den Berich­ten und Doku­men­ten, die uns als Quel­len die­nen, weg­zen­siert? Eine Frau jedoch tritt auch in der Bau­ern­oper pro­mi­nent in Erschei­nung. Es ist die „schwar­ze Hof­män­nin“ Mar­ga­re­te Ren­ner, die gemein­sam mit Jäck­lein Rohr­bach den beson- ders kämp­fe­ri­schen Heil­bron­ner Hau­fen führt.

Unter­schied­li­che Inter­es­sen der auf­stän­di­schen Bau­ern und Stadt­be­woh­ner, Unei­nig­keit, Betrug, teil­wei­se „Nai­vi­tät“ und die mili­tä­ri­sche Über­le­gen­heit der Her­ren füh­ren schließ­lich doch dazu, dass die Auf­stän­de zer­schla­gen wer­den. Mit Schre­cken müs­sen die Bau­ern die blu­ti­ge Nie­der­schla­gung mit zehn­tau­sen­den Todes­op­fern und teils grau­sams­ten Hin­rich­tun­gen erleben.

Und was bleibt?
Doch so nie­der­ge­schla­gen konn­te das Ensem­ble sein Publi­kum nicht nach Hau­se gehen las­sen. So schlug es den Bogen über die 500 Jah­re und mehr, die den Bau­ern­krie­gen fol­gen: Der Kampf um ein gutes Leben für alle ohne Unter­drü­ckung und ohne Her­ren geht wei­ter. Die Bau­ern­auf­stän­de geben uns dafür wich­ti­ge Erfah­run­gen und Inspi­ra­tio­nen mit.

So san­gen das Ensem­ble und das Publi­kum zum Ende des Stücks als Zuga­be gemein­sam mit Begeisterung: 
„Denn gegen Adel, gegen Pfaffen
Da hilft nicht Demut, son­dern Waffen
Man muss mit Her­ren − ihr wer­det sehn −
Die Spra­che reden, die sie verstehen
− Der Bau­er zeigt jetzt, dass er’s kann:
Fünfzehn/fünfundzwanzig – dran, dran, dran!“

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juni 2025
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