Betriebs­rä­te im Visier - Bos­sing, Mob­bing Co.“

Erfolg­rei­che 2. bun­des­wei­te-Kon­fe­renz in Mannheim

G.B.

Zum zwei­ten Mal fand in Mann­heim eine bun­des­wei­te Kon­fe­renz gegen BR-Mob­bing statt. Rund ein­hun­dert Kol­le­gIn­nen, hat­ten sich am Sams­tag, dem 17. Okto­ber 2015, im ört­li­chen Gewerk­schafts­haus eingefunden.


Ver­an­stal­ter war das Komi­tee „Soli­da­ri­tät gegen BR-Mob­bing“, das mit der Mann­hei­mer IG Metall (IGM), mit ver.di Rhein-Neckar, work watch Köln, der IG BCE Orts­grup­pe Wein­heim und der IGM-Ver­trau­ens­kör­per­lei­tung Als­tom Mann­heim beacht­li­che Unter­stüt­zung gefun­den hatte. 
Die meis­ten Teil­neh­me­rIn­nen waren akti­ve oder ehe­ma­li­ge Betriebs­rats­mit­glie­der. Sie stamm­ten vor allen aus den Orga­ni­sa­ti­ons­be­rei­chen der IGM und von ver.di, in gerin­ge­rem Maße auch aus der IG BCE. Eini­ge waren sogar aus dem hohen Nor­den, aus Ber­lin und aus Südddeutsch­land angereist. 
Nach den Gruß­wor­ten von Klaus Stein für die IGM Mann­heim und Albrecht Kie­ser für work watch Köln gab es gleich schwe­re Kost für die  Anwesenden.

Der Fall Hyundai

Unter der Über­schrift ‚Gewerk­schafts­be­kämp­fung und BR-Mob­bing“ setz­ten sich Kol­le­gen von Hyun­dai Deutsch­land mit der Stra­te­gie des süd­ko­rea­ni­schen Misch­kon­zerns aus­ein­an­der. Sie ist aggres­siv gegen akti­ve Gewerk­schaf­te­rIn­nen gerich­tet. So konn­te nicht nur detail­liert die „kri­mi­nel­len Machen­schaf­ten“ gegen IG Metall-Betriebs­rä­te am Bei­spiel der Rüs- sels­hei­mer Nie­der­las­sung des Mul­tis beleuch­tet wer­den. Zehn Schrit­te machen die „Metho­de Hyun­dai“ aus. Sie reicht von der Infor­ma­tion­ever­wei­ge­rung gegen­über dem ursprüng­lich IG Metall domi­nier­ten Betriebs­rat bis zur straf­recht­li­chen Ver­fol­gung der IGM-Betriebsräte.
Der Blick über die Gren­zen zeig­te zudem eine Kon­zern­lei­tung, die offen­sicht­lich abso­lut kei­ne Hem­mun­gen hat, gegen grund­le­gen­de Men- schen­rech­te zu ver­sto­ßen. Erschre­cken­de Bei­spie­le aus Nord­ame­ri­ka, aus Ost­eu­ro­pa und Asi­en (Indi­en und Süd­koera) beleg­ten eine veri­ta­ble Kriegs­füh­rung. Sie rich­tet sich skru­pel­los gegen alle Ver­su­che einer ernst­haf­ten gewerk­schaft­li­chen Orga­ni­sie­rung in den Hyun­dai-Fabri­ken. Die Ach­tung der Gesund­heit und des Lebens von enga­gier­ten Kol­le­gIn­nen spie­len für die Kon­zern­bos­se und ihre Hand­la­ger in die­sem Kampf kei­ne Rolle.

Die Rol­le der Arbeits­ge­richts­bar­keit

Der Mann­hei­mer Anwalt Klaus-Die­ter Freund beleuch­te­te „Die Rol­le der Arbeits­ge­richts­bar­keit in der betrieb­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung.“  Sei­ne Aus­füh­run­gen stie­ßen auf gro­ßes Interesse. 
Freund zufol­ge ist ein ver­stärk­tes „sys­te­ma­ti­sches Vor­ge­hen der Arbeit­ge­ber­sei­te“, ein „Rück­gang der kol­lek­ti­ven Ver­tre­tungs­macht auf Sei­ten der Betriebs­rä­te und der Gewerk­schaf­ten“ und eine „Ame­ri­ka­ni- sie­rung des Rechts­sys­tems“ fest­zu­stel­len. Es sprach von einer „asym­me­tri­schen ‚Aus­gangs­la­ge‘“, die sich auf der recht­li­chen Ebe­ne wider­spie­ge­le. Gemein­sam mit ande­ren Fak­to­ren (Wah­rung des „Rechts­frie­dens“ durch die Arbeits­ge­rich­te, lan­ge Ver­fah­rens­dau­er, Ver­schleie­rungs­tak­tik der „Arbeits­ge­ber­sei­te“) erschwe­re bzw. ver­hin­de­re sie sogar einen „effek­ti­ven Rechtsschutz“.
Um dem ent­ge­gen­wir­ken zu kön­nen, emp­fahl Freund ins­be­on­de­re die Bezug­nah­me auf den „wer­te­be­zo­ge­nen Recht­schutz“ nach § 75 Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz („Grund­sät­ze für die Behand­lung der Betriebs­an­ge­hö­ri­gen“). Zudem warb er dafür, die „Schaf­fung von Anknüp­fungs­punk­ten für die Her­stel­lung von Öffent­lich­keit“ anzugehen.

Erfolg­rei­cher Widerstand

In einem Podi­ums­ge­spräch dis­ku­tier­ten drei Kol­le­gen aus den Orga­ni­sa­ti­ons­be­rei­chen der IG BCE, der IGM und von ver.di über ihren erfolg­rei­chen Kampf gegen BR-Mob­bing. Es ging hier­bei um den Wind­an­la­gen­her­stel­ler Ener­con in Mag­de­burg, den Tex­til­ein­zel­händ­ler H&M in Trier und den Boden­be­lags­her­stel­ler nora sys­tems in Weinheim.
Alle drei Koll­gen unter­stri­chen die gro­ße Bedeu­tung der Unter­stüt­zung in- und außer­halb des Betrie­bes. Zum einen beton­ten sie die Not­wen­dig­keit einer wirk­sa­men anwalt­li­chen Ver­tre­tung vor Gericht und des kon­se­quen­ten Wahr­neh­mens von Betriebs­rats- rechten.
Zum ande­ren sei­en die spür­ba­re gewerk­schaft­li­che Soli­da­ri­tät und die Skan­da­li­sie­rung der Vor­gän­ge in der Öffent­lich­keit das A und O einer erfolg­rei­chen Strategie.

Dis­kus­sio­nen im Plenum

In zahl­rei­chen Bei­trä­gen berich­te­ten von BR-Mob­bing betrof­fe­ne Kol­le­gIn­nen im Ple­num über ihre eige­nen Erfah­run­gen. In den meis­ten Fäl­len ende­ten die­se Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der Kapi­tal­sei­te in Nie­der­la­gen. Hin­zu kamen oft sehr nega­ti­ve Fol­gen für die wirt­schaft­li­che und gesund­heit­li­che Lage der betrof­fe­nen KollegInnen.
Wie­der­holt wur­de - zum Teil schar­fe - Kri­tik an „an den Gewerk­schaf­ten“ geäu­ßert, die dem Phä­no­men des BR-Mob­bing meist hilf­los gegenüberstünden. 
Aller­dings wur­den auch posi­ti­ve Bei­spie­le (z.B. Anträ­ge zu den Gewerk­schafts­ta­gen von IGM und ver.di) genannt. Sie zei­gen, dass sich die hart­nä­cki­ge Arbeit von Basis­in­itia­ti­ven wie dem Komi­tee „Soli­da­ri­tät gegen BR-Mob­bing“ auszahlt.

Fol­ge­kon­fe­renz 2016

Die Teil­neh­me­rIn­nen der Tagung ver­ab­schie­de­ten ein­mü­tig eine Ent­schlie­ßung, die zur ent­schlos­se­nen Ver­tei­di­gung der „Grund- und Men­schen­rech­te von Gewerk­schafts­mit­glie­dern und Betriebs­rä­ten“ auf­ruft (sie­he Text im Anhang). 
Für den musi­ka­li­schen Abschluß sorg­te mit einem eben­so ful­mi­nan­ten wie anrüh­ren­den Auf­tritt die deutsch-tür­ki­sche Grup­pe Mel­tem um ihre groß­ar­ti­ge Sän­ge­rin Handan.

Danach gab es bei einem gemein­sa­men Abend­essen Zeit und Raum für den Aus­tausch zwi­schen den anwe­sen­den KollegInnen.
In einem Jahr wird die drit­te Kon­fe­renz gegen BR-Mob­bing in Mann­heim statt­fin­den. Mitt­ler­wei­le ist auch das genaue Datum bekannt: Sams­tag, der 15. Okto­ber 2016.
Es bleibt zu hof­fen, dass sie am erfolg­rei­chen Ver­lauf der dies­jäh­ri­gen Ver­an­stal­tung anknüp­fen kann.

aus der Rhein-Neckar Bei­la­ge zur Avan­ti 238, Novem­ber 2015
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