Für Avanti² sprach Heinrich Neuhaus mit einem Kollegen über seine Erfahrungen mit BR-Mobbing bei den letzten Betriebsrats-Wahlen. Da keine Persönlichkeitswahl stattfinden konnte und ihm und seinen KollegInnen die Kandidatur auf der Mehrheitsliste verwehrt wurde, mussten sie eine eigene Liste gründen. Die Geschäftsleitung versuchte, diese Kandidatur konsequent zu verhindern. Unter anderem rief sie die Polizei, um die Sammlung von Stützunterschriften für die Kandidatur dieser Liste zu torpedieren.
Wie habt Ihr Euch gewehrt?
Gewehrt haben wir uns dadurch, indem wir den Betriebsrat und auch den Wahlvorstand über die massive Behinderung durch das Unternehmen informiert und uns beschwert haben.
Zudem haben wir die zuständige Gewerkschaft von Anfang an kontinuierlich per E-Mail, selbst aus meinem „Schutzraum“ im Betrieb bis 23:00 Uhr, zeitweise im Stundentakt informiert und um Rat und Unterstützung gebeten.
Wer hat Euch unterstützt?
Einzig und allein nur die Kolleginnen und Kollegen vom Solikomitee Mannheim und mein Anwalt.
Welchen Erfolg habt Ihr gehabt?
Er wäre noch größer gewesen, wenn die Betriebsratswahl ohne die massiven Behinderungen durch das Management durchgeführt worden wäre. Ich nenne hier:
• das Herauskaufen unseres zweiten Kandidaten,
• die „Höllenhunde“, die mich verfolgt haben, um die Beschäftigten einzuschüchtern,
• die persönliche Einschüchterung unseres dritten Kandidaten und seinen Rücktritt von der Kandidatur sowie
• die Verbreitung der Drohung der Geschäftsleitung im Betrieb, dass keine befristeten Arbeitsverträge mehr verlängert und auch keine Leiharbeitnehmer mehr übernommen werden, weil die Gefahr bestünde, dass diese Gruppen verstärkt unsere Liste wählen würden.
Ohne diese illegalen Methoden hätte unsere Liste von den insgesamt fünf zur Wahl zugelassenen Listen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die zweitmeisten Stimmen bekommen. So haben wir es am Schluss dennoch geschafft im neuen Betriebsrat vertreten zu sein. Viele Beschäftigte waren dermaßen eingeschüchtert und verunsichert, dass das Unternehmen letztendlich sein Ziel fast erreicht hätte.
Was sind in diesem Zusammenhang Eure Erwartungen an die zuständige Gewerkschaft?
Sie muss immer auf der Einhaltung des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und der geltenden Tarifverträge bestehen. Sie muss dies dementsprechend auch konsequent überwachen, um so nicht als indirekter „Mittäter und Mitwisser“ bei Verstößen letztendlich doch in der Hand des Kapitals zu sein. Die Gewerkschaft muss sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, gegen jegliche Art von Wahlbehinderung sofort und ohne Zögern einsetzen und diese verhindern.
Insgesamt muss ich leider im Nachhinein feststellen, dass in unserer Firma schon seit Jahrzehnten offen sowohl gegen das BetrVG, gegen den geltenden Manteltarifvertrag als auch gegen das Sozialabgaben-Gesetz verstoßen wird. Gekrönt wird dieser Skandal durch das Verhalten von Gewerkschaft und Betriebsratsspitze. Sie sehen es gar nicht gerne, wenn demokratisch in den Betriebsrat gewählte Beschäftigte diese Missstände in Zukunft abgestellt haben wollen.