BR-Wah­len 2026 (I)*

Wie Gegen­macht im Betrieb organisieren?

 

O. T.

Im Vor­feld der anste­hen­den Betriebs­rats­wah­len wer­den wir uns mit zwei grund­le­gen­den Fra­gen beschäf­tig­ten. Wel­che Auf­ga­ben haben Betriebs­rat (BR) und Gewerk­schaft? Und: In wel­chem Ver­hält­nis ste­hen sie zuein­an­der und zum Kapital?

Torblockade bei Alstom Power Mannheim, 16. April 2014. (Foto: BR Alstom.)

Tor­blo­cka­de bei Als­tom Power Mann­heim, 16. April 2014. (Foto: BR Alstom.)

Der BR ist eine durch das Betriebs­ver­fas­sungs­ge­setz (BetrVG) legi­ti­mier­te Insti­tu­ti­on. Das BetrVG gibt ihm gleich­zei­tig sei­nen recht­li­chen Hand­lungs­rah­men vor. 
§ 2 Abs. 1 BetrVG ver­pflich­tet den Betriebs­rat zur „ver­trau­ens­vol­len“ Zusam­men­ar­beit mit der Geschäfts­lei­tung. Im Gegen­satz zur Gewerk­schaft darf der BR nicht strei­ken oder ande­re Arbeits­kampf­me­tho­den anwenden.

Er kann allen­falls bestimm­te Rechts­mit­tel in Anspruch neh­men, um die Ein­hal­tung von gesetz­li­chen und tarif­ver­trag­li- chen Bestim­mun­gen durch­zu­set­zen. Die Fest­le­gung zur „ver­trau­ens­vol­len“ Zusam­men­ar­beit beschränkt sehr die Durch­set­zungs­mög­lich­kei­ten eines Betriebsrats.

Eine krea­ti­ve und offen­si­ve Nut­zung des BetrVG öff­net einem akti­ven und kämp­fe­ri­schen Betriebs­rat wie bei Als­tom Power Mann­heim den­noch Spielräume.

Mit­be­stim­mung“
Die „Mit­be­stim­mung“ des BR aus dem BetrVG ist begrenzt, vor allem, wenn es um „wirt­schaft­li­che Ange­le­gen­hei­ten“ wie zum Bei­spiel Betriebs­schlie­ßung oder Ver­la­ge­rung von Pro­duk­ti­on geht. In sol­chen Fäl­len ste­hen dem Betriebs­rat ledig­lich Infor­ma­ti­ons-, Mit­wir­kungs- und Mit­be­stim­mungs­rech­te nach den §§ 111 bis 112a BetrVG zu.

Daher hat der BR hier recht­lich nur die Mög­lich­keit, die Aus­wir­kun­gen sol­cher Ent­schei­dun­gen auf die Beschäf­tig­ten durch Sozi­al­plan und Inter­es­sen­aus­gleich abzu­mil­dern. Die Ent­schei­dung des Kapi­ta­lis­ten, einen Betrieb zu ver­kau­fen, zu schlie­ßen oder die gesam­te Beleg­schaft zu ent­las­sen, kann mit dem BetrVG recht­lich meist nur ver­zö­gert, nicht aber ver­hin­dert wer­den. Erfreu­li­che Aus­nah­men wie bei VFW-Fok­ker Spey­er oder nora sys­tems Wein­heim bestä­ti­gen die­se Regel.

Geschäfts­lei­tun­gen geht es vor allem um Pro­fit­ma­xi­mie­rung. Dafür wer­den Betrie­be auf­ge­spal­ten und ver­la­gert. Wenn sie aus Sicht der Eigen­tü­mer nicht mehr „ren­ta­bel“ sind, dann wird ratio­na­li­siert, gekün­digt oder dichtgemacht.

Die „Wett­be­werbs­fä­hig­keit“ dient als Begrün­dung für das „alter­na­tiv­lo­se“ Han­deln von Geschäfts­lei­tun­gen bzw. Kapi­tal­eig­nern. Das BetrVG bil­det somit auch einen Schutz­rah­men zur Wah­rung der Kapitalinteressen.

Sozi­al­part­ner­schaft“
Die Ver­pflich­tung des Betriebs­rats zur „ver­trau­ens­vol­len Zusam­men­ar­beit“ zum „Wohl des Betriebs“ beein­flusst auch das sozi­al­part­ner­schaft­li­che Ver­hal­ten vie­ler BR-Gre­mi­en. Sie sehen sich für die „Wett­be­werbs­fä­hig­keit“ „ihres“ Unter­neh­mens ver­ant­wort­lich und leh­nen For­de­run­gen der Beleg­schaft oft genug selbst ab. Eine sol­che kapi­tal­freund­li­che Hal­tung schwächt mas­siv das Ver­trau­en der Beschäf­tig­ten in ihre Interessenvertretung.

Fakt ist: Die aller­meis­ten For­de­run­gen von Beschäf­tig­ten sind der unein­ge­schränk­ten Wett­be­werbs­fä­hig­keit ent­ge­gen­ge­setzt, weil sie die Kos­ten erhö­hen und den Pro­fit schmälern.

Gegen­macht
Uns geht es aber dar­um, wie der Betriebs­rat den Beschäf­tig­ten­in­ter­es­sen dient. Er ist die gewähl­te Ver­tre­tung aller wahl­be­rech­tig­tem Beschäf­tig­ten im Betrieb.
Die Wahl eines BR ist vom Gesetz nicht zwin­gend vor­ge­schrie­ben. Einen Betriebs­rat gibt es nur, wenn zumin­dest ein Teil der Beleg­schaft aktiv wird und die Wahl mög­lichst mit der Unter­stüt- zung einer Gewerk­schaft initi­iert. In etwa 90 % aller Betrie­be mit mehr als 5 Beschäf­tig­ten gibt es hier­zu­lan­de des­halb kei­nen Betriebs- bzw. Personalrat.

Ohne Betriebs­rat kann die Geschäfts­lei­tung weit­ge­hend machen, was sie will, denn die „Arbeit­neh­mer­rech­te“ aus dem BetrVG sind für ein­zel­ne Beschäf­tig­te eng begrenzt.

So ist zum Bei­spiel ein Sozi­al­plan und Inter­es­sen­aus­gleich nur erzwing­bar, wenn es einen Betriebs­rat gibt.

Um Nach­tei­le wegen BR-Tätig­keit mög­lichst aus­zu­schlie­ßen, gibt es ein Ver­bot der Benach­tei­li­gung von Betriebs­rä­ten. Für sie gilt ein beson­de­rer Kün­di­gungs­schutz. Die­ser gerät jedoch immer dann ins Wan­ken, wenn akti­ve bzw. kri­ti­sche BR-Mit­glie­der gemobbt wer­den. Oft sind dabei unter­neh­mens­hö­ri­ge „Betriebs­rats­mit­glie­der“ der ver­län­ger­te Arm des Managements.

* [Teil II folgt in Avan­ti² von Janu­ar 2026.]

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Dezem­ber 2025
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