Coro­na – Durch­seu­chung statt Prävention?

Nichts gelernt!

N. B.

Coro­na, immer noch. Kön­nen die nicht mal Ruhe geben mit dem The­ma? Das kann doch nie­mand mehr hören!

Wie ger­ne wür­den wir Ruhe geben mit die­sem (im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes) lei­di­gen The­ma! Der Wunsch nach dem Ruhe­ge­ben beglei­tet uns schon fast so lan­ge wie die Pan­de­mie selbst.

Kundgebung „Solidarität in Zeiten der Pandemie“ in Mannheim, 10. April 2021. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Kund­ge­bung „Soli­da­ri­tät in Zei­ten der Pan­de­mie“ in Mann­heim, 10. April 2021. (Foto: helmut-roos@web.de.)

Schon nach der ers­ten Wel­le hat­te nie­mand mehr Kraft für „das The­ma“, Fami­li­en waren aus­ge­laugt, Arbei­te­rin­nen und Arbei­ter völ­lig ent­kräf­tet, medi­zi­ni­sches Per­so­nal über die Gren­zen des Trag­ba­ren und fast des Mög­li­chen gegan­gen. Mit jeder wei­te­ren Wel­le nimmt das noch zu, und wir den­ken und hof­fen: Schlim­mer kann es jetzt nicht mehr kom­men. Und dann kommt es doch so.

Auf Kos­ten der Armen
Seit Beginn der Coro­na-Pan­de­mie beglei­tet uns auch die Ideo­lo­gie und die Poli­tik der Durch­seu­chung, mal mehr und mal weni­ger aggres­siv und offen­siv. Wei­ter­ge­bracht hat sie uns offen­sicht­lich nicht; wir ste­hen am Beginn der sieb­ten Welle.

Seit einem guten hal­ben Jahr haben wir es haupt­säch­lich mit einer Virus­va­ri­an­te zu tun, die im indi­vi­du­el­len Fall der Infek­ti­on meist weni­ger gefähr­lich ist. Dafür ist sie wesent­lich ansteckender.

Das sorgt dafür, dass die Zah­len der Neu­in­fek­tio­nen, der Hos­pi­ta­li­sie­run­gen und der Todes­fäl­le seit Mona­ten auf einem unfass­bar hohen Pla­teau schwan­ken. Hand­lungs­lei­ten­des Ziel der „Coro­na-Poli­tik“ ist, das Pla­teau zu hal­ten, statt zum Null­punkt zurückzukehren.

Die Gefah­ren, die auch die Omi­kron-Vari­an­te mit sich bringt, wer­den in äußers­ter haus­wirt­schaft­li­cher Sorg­falt unter den Tep­pich gekehrt. Nach den Dut- zen­den von Men­schen, die in Deutsch­land täg­lich am Coro­na-Virus ster­ben, muss man in den gedruck­ten wie digi­ta­len Medi­en regel­recht suchen.

Die Pro­ble­ma­tik von Long COVID ist zwar mitt­ler­wei­le all­ge­mein bekannt, aber offen­bar gekonnt ver­drängt. Dabei schränkt die­se Krank­heit in Fol­ge der Coro­na-Erkran­kung vie­le Men­schen mas­siv und oft lan­ge Zeit in ihrem All­tags- und Arbeits­le­ben ein.

Erwäh­nung fin­den die lang­zeit­er­krank­ten Men­schen ledig­lich ab und an, wenn es um ihre weg­fal­len­de Arbeits­kraft als Fol­ge der Pan­de­mie für die Wirt­schaft geht. Erwäh­nung fin­den also nicht die Men­schen an sich, son­dern die „Human­res­sour­cen“.

Das Risi­ko, Arbeits­kräf­te für die Zukunft zu ver­lie­ren, ist real. Es wird aber offen­bar von Fir­men­lei­tun­gen als nicht groß genug erach­tet, um auf kurz­fris­ti­gen Pro­fit durch Aus­beu­tung der Arbeits­kraft heu­te zu verzichten.

Inves­ti­tio­nen in einen vor­beu­gen­den ganz-heit­li­chen Gesund­heits­schutz sind sogar betriebs­wirt­schaft­lich gewinn­brin­gend. Vor allem aber schüt­zen sie Gesund­heit und ret­ten Leben. Den­noch setzt die Kapi­tal­sei­te hier wenig über­ra­schend fal­sche und geset­zes­wid­ri­ge Prioritäten.

Die Leid­tra­gen­den
Unter der Coro­na-Pan­de­mie lei­den ins­be­son­de­re lohn­ab­hän­gig Beschäf­tig­te und Men­schen in pre­kä­ren Lebens­ver­hält­nis­sen. Gro­ße Tei­le der arbei­ten­den Klas­se kön­nen sich ohne einen flä­chen­de­cken­den Infek­ti­ons­schutz auch am Arbeits­platz nur schwer gegen eine Coro­na-Infek­ti­on schützen.

Der Kapi­ta­lis­mus zwingt die Mehr­heit der Men­schen in gesund­heits­schä­di­gen­de Ver­hält­nis­se. Für sie ist nicht nur die Infek­ti­ons­ge­fahr durch Coro­na viel höher ist, son­dern auch das Risi­ko schwe­rer Ver­läu­fe mit Lang­zeit- bzw. im schlimms­ten Fall Todesfolgen.

Die sozia­len Effek­te der anhal­ten­den Pan­de­mie für die arbei­ten­de Klas­se sind ver­hee­rend. Sie ist Teil der umfas­sen­den ge- sell­schaft­li­chen, öko­lo­gi­schen, poli­ti­schen, sozia­len und wirt­schaft­li­chen Kri­se, die wir momen­tan erle­ben. Wir bekom­men sie in den mas­si­ven Teue­run­gen zu spü­ren. Vie­le Men­schen sind mit Arbeits­platz­ver­lus­ten und damit der Bedro­hung ihrer Exis­tenz konfrontiert.

Demo­kra­ti­scher Akti­ons­plan
Die chao­ti­sche, kapi­tal­ori­en­tier­te Coro­na-Kri­sen­po­li­tik wird dafür sor­gen, dass die­ses Leid in sei­ner immer wei­ter zuneh­men­den Ungleich­heit fort­ge­führt wird. Statt- des­sen brau­chen wir einen gesell­schaft­li­chen Akti­ons­plan. Er muss mit direk­ter demo­kra­ti­scher Betei­li­gung erstellt und stän­dig wei­ter­ent­wi­ckelt, ange­passt und nach­jus­tiert werden.

Gesund­heits­schutz ist mög­lich und gera­de in der Pan­de­mie mehr als nötig. Set­zen wir uns gemein­sam dafür ein, dass unse­re Leben mehr zäh­len als ihre Profite!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juli/August 2022
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