Die „Gelb­wes­ten“

Wil­de Gal­li­er oder soli­da­risch für eine Demo­kra­tie für die Vielen?“

M G.

Die Gelb­wes­ten-Ver­an­stal­tung am 23. Okto­ber 2020 lock­te knapp zwei Dut­zend Inter­es­sier­te in das Lud­wigs­ha­fe­ner Ver.di-Haus. Attac Lud­wigs­ha­fen und Mann­heim hat­ten den sehr infor­ma­ti­ven Abend orga­ni­siert – mit Unter­stüt­zung des Akti­ons­bünd­nis­ses „Wir zah­len nicht für Eure Kri­se!“ und von ISO Rhein-Neckar.

Zunächst kam der fran­zö­si­sche Doku­men­tar­film „Je veux du sol­eil!” („Auch ich will Son­ne!” - Ori­gi­nal mit deut­schen Unter­ti­teln) zur Auf­füh­rung. Dadurch gelang eine beein­dru­cken­de Annä­he­rung an die sozia­le Bewe­gung der „Gelb­wes­ten“.

Der Fil­me­ma­cher und Jour­na­list Fran­çois Ruf­fin hat­te im Dezem­ber 2018 eine acht­tä­gi­ge Rei­se zu „Gelb­wes­ten“ in ganz Frank­reich unter­nom­men. Mit sei­nem Strei­fen ist es ihm gelun­gen, den Stim­men der Akti­ven Gehör zu ver­schaf­fen. Jenen, die unter Unsi­cher­heit und Armut, Erwerbs­lo­sig­keit und Aus­gren­zung leiden.

Ergrei­fen­de Aus­sa­gen von Arbei­te­rIn­nen, Arbeits­lo­sen, klei­nen Selb­stän­di­gen und Rent­ne­rIn­nen erge­ben ein unge­schmink­tes Bild ihrer Lage im fran­zö­si­schen Kapi­ta­lis­mus. Sie doku­men­tie­ren den schnel­len Poli­ti­sie­rungs­pro­zess von jun­gen und älte­ren Men­schen, von Frau­en und Männern.

Durch die Über­win­dung ihrer vor­he­ri­gen Iso­lie­rung und Pas­si­vi­tät haben sie Kraft für den gemein­sa­men Pro­test gewon­nen. Und mehr: Sie haben Mensch­lich­keit und Soli­da­ri­tät trotz eines zyni­schen Sys­tems der Ent­frem­dung und Aus­beu­tung (wie­der) kennengelernt.

Peter Wahl, Grün­dungs­mit­glied von attac und Her­aus­ge­ber von Gilets Jau­nes („Gelb­wes­ten“), ana­ly­sier­te anschlie­ßend „die­se unge­wöhn­lich sozia­le Bewe­gung“. Sie hat­te vor über einem Jahr, am 17. Novem­ber 2018, über­ra­schend begon­nen. Unab­hän­gig von jedem gewerk­schaft­li­chen und par­tei­po­li­ti­schen Bezug sei es ihr gelun­gen, die Regie­rung und ihre Poli­tik im Inter­es­se der Super­rei­chen zu erschüttern.

Wahl unter­strich, dass sie damit auch eine Bre­sche für die jet­zi­gen Mas­sen­pro­tes­te gegen Macrons „Ren­ten­re­form“ geschla­gen habe. Ihre Zusam­men­set­zung und ihre Fähig­keit, sozia­le und poli­ti­sche Fra­gen mit­ein­an­der zu ver­knüp­fen, sei­en völ­lig neu­ar­tig. Die­se Ent­wick­lung sei auch des­halb mög­lich gewor­den, weil es mit Hil­fe radi­ka­ler Lin­ker und akti­ver Gewerk­schaf­te­rIn­nen gelun­gen sei, die extre­me Rech­te aus der Bewe­gung her­aus zu drängen.

In der danach fol­gen­den Dis­kus­si­on kam unter ande­rem die­ser auf­fal­len­de Unter­schied zum Ver­hal­ten der deut­schen Lin­ken und Gewerk­schaf­ten zur Spra­che. Dort ist bezeich­nen­der­wei­se bis heu­te das Vor­ur­teil in Mode, die „Gelb­wes­ten“ sei­en eine von Nazis unter­wan­der­te oder gar initi­ier­te Erscheinung.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Febru­ar 2020
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