Faschis­ten auf der Über­hol­spur? Wie ist die Nazi-Offen­si­ve zu stoppen?“

M. G.

Das war das The­ma unse­res ISO-Dis­kus­si­ons­abends am 25. Okto­ber. Die Blut­spur des Nazi-Ter­rors und die Wahl­er­fol­ge der AFD sind Alarmsignale.

Vie­le Fra­gen drän­gen sich in die­sem Zusam­men­hang auf. War­um kann die brau­ne Gefahr so bedroh­lich anwach­sen? Was sind die sozia­len und die poli­ti­schen Ursa­chen? Wel­che Rol­le spie­len der Neo­li­be­ra­lis­mus und die eta­blier­te Poli­tik? Vor allem aber: Wie und mit wem sind die Nazis zu stoppen?

Nie­der­träch­ti­ge Hetzkampagnen
Seit Jah­ren sind wir mit nie­der­träch­ti­gen Hetz­kam­pa­gnen rech­ter Krei­se kon­fron­tiert. Sie orga­ni­sie­ren und unter­stüt­zen Ter­ror. Sie schü­ren Anti­se­mi­tis­mus, Ras­sis­mus und Frem­den­feind­lich­keit. In den letz­ten Mona­ten haben sie ihre Kam­pa­gnen noch ein­mal gewalt­sam verstärkt.

Ihre Hass­ob­jek­te sind vor allem die Ärms­ten der Armen. Men­schen, die vor Krieg, Unter­drü­ckung, Aus­beu­tung, Armut und Per­spek­tiv­lo­sig­keit fliehen.

Ras­sis­mus als Spaltpilz
Vor­der­grün­dig geht es den Rech­ten und Ultra­rech­ten um Wahl­er­fol­ge. Stra­te­gisch geht es ihnen um die Besei­ti­gung unse­rer demo­kra­ti­schen und sozia­len Grund- und Menschenrechte.

Sie bau­en mit Ras­sis­mus Sün­den­bö­cke (die Migran­tIn­nen) auf und ver­tie­fen die Spal­tung der arbei­ten­den Klas­se (deut­sche Arme gegen aus­län­di­sche Arme). Sie len­ken damit von der hem­mungs­lo­sen Berei­che­rung an der Spit­ze der Gesell­schaft ab.

Im Dienst des neo­li­be­ra­len Kapitalismus
Das ist ganz im Sin­ne des neo­li­be­ra­len Kapi­ta­lis­mus, der alle Hin­der­nis­se der Pro­fit­ma­xi­mie­rung abräu­men will. Mit der „Digi­ta­li­sie­rung“ stre­ben Kapi­tal und Poli­tik eine grund­le­gen­de Trans­for­ma­ti­on der Arbeits­welt an.

Durch die beschleu­nig­te Pre­ka­ri­sie­rung, Ver­la­ge­rung, Ver­nich­tung und Zer­stü­cke­lung von Arbeit soll das Kräf­te­ver­hält­nis noch mas­si­ver zu Guns­ten des Kapi­tals ver­scho­ben wer­den. Die ver­blie­be­ne Schutz­macht von Gewerk­schaf­ten soll ent­schei­dend geschlif­fen werden.

Umver­tei­lung von unten nach oben
In Deutsch­land und der EU wur­den und wer­den auf­grund der neo­li­be­ra­len Umver­tei­lungs­po­li­tik enor­me Mit­tel für gesell­schaft­li­che Soli­da­ri­tät gekürzt. Statt der drin­gend erfor­der­li­chen öffent­li­chen Inves­ti­tio­nen wur­den und wer­den vor allem die Inter­es­sen der Kon­zer­ne und Rei­chen bedient. Statt Arbeit, Bil­dung, Gesund­heit, Infra­struk­tur, Kul­tur, Pfle­ge, Umwelt­schutz und Woh­nungs­bau wirk­sam zu för­dern, erhält die gren­zen­lo­se Berei­che­rung der herr­schen­den Klas­se wei­ter Vorfahrt.

Glo­ba­ler Kapitalismus
Sozia­le Spal­tung, Zer­stö­rung der natür­li­chen Lebens­grund­la­gen und Unter­drü­ckung sind die Fol­gen die­ser Poli­tik. Und nicht zuletzt der schein­bar unauf­halt­sa­me Auf­stieg rech­ter und faschis­ti­scher Par­tei­en und Bewe­gun­gen, die als „Popu­lis­mus“ ver­harm­lost werden.

Die Kon­zen­tra­ti­on von Reich­tum hat nie gekann­te Dimen­sio­nen angenommen.147 Kon­zer­ne beherr­schen die Welt­wirt­schaft. Die­se wird durch rund 2.220 Clans von Mul­ti­mil­li­ar­dä­ren kon­trol­liert. 70 Mil­lio­nen Men­schen sind auf der Flucht vor Armut, Unter­drü­ckung, Krie­gen und den Fol­gen des Kli­ma­wan­dels. Atom­waf­fen ver­stär­ken die Gefahr des Umschla­gens „kon­ven­tio­nel­ler“ Krie­ge in eine Mas­sen­ver­nich­tung bis­her unbe­kann­ten Aus­ma­ßes. Die Kli­ma­ka­ta­stro­phe bedroht unse­re Existenz.

Kurz gesagt: Das durch die Pro­fit­ma­xi­mie­rung ver­ur­sach­te glo­ba­le Cha­os hat sehr bedroh­li­che Dimen­sio­nen ange­nom­men. Es stärkt zudem das Bedürf­nis der Herr­schen­den nach direk­te­ren Herr­schafts­me­tho­den zur Durch­set­zung ihrer Interessen.

200 Mil­lio­nen für die AfD
In Deutsch­land bie­tet sich immer offe­ner die AfD für die­se letzt­end­lich faschis­ti­sche Per­spek­ti­ve an. Die­se Par­tei stellt der­zeit mit über 90 Abge­ord­ne­ten die dritt­stärks­te Frak­ti­on im Bun­des­tag. In der Wahl­pe­ri­ode bis 2021 ste­hen ihr mehr als 200 Mil­lio­nen Euro für Per­so­nal in der Frak­ti­on und für Mit­ar­bei­ten­de im Bun­des­tag und den Wahl­kreis­bü­ros zur Verfügung.

Sie kann mit die­sem Geld etwa 350 Stel­len beset­zen. Unter­su­chun­gen kom­men zu dem Ergeb­nis, dass die Alli­an­zen die­ses poli­ti­schen Appa­rats mit neo­fa­schis­ti­schen Krei­sen immer enger werden.

Ver­ant­wor­tung der Linken
Wel­che Ver­ant­wor­tung tra­gen die Lin­ken und die Gewerk­schaf­ten für den aktu­el­len Rechts­ruck? Haben sie sich zu sehr um iden­ti­täts­po­li­ti­sche und kul­tu­rel­le Fra­gen und zu wenig um die exis­ten­zi­el­len Pro­ble­me der Lohn­ab­hän­gi­gen und Pre­ka­ri­sier­ten geküm­mert hat?

Die­se Kri­tik ist nicht von der Hand zu wei­sen. Zudem haben vie­le Lin­ke und gewerk­schaft­lich Akti­ve noch immer nicht die Ursa­chen des his­to­ri­schen Schei­terns von Sozi­al­de­mo­kra­tie und Sta­li­nis­mus ver­stan­den, das die alte Arbei­ter­be­we­gung zer­stört hat. Die ver­blie­be­ne Min­der­heit der zer­spreng­ten revo­lu­tio­nä­ren Lin­ken ist zudem eher mit sich selbst und ihren inter­nen Debat­ten beschäftigt.

Statt­des­sen sind ver­ein­heit­li­chen­de, in der Öffent­lich­keit wirk­sa­me Initia­ti­ven erfor­der­lich. Sie müs­sen ele­men­ta­re Klas­sen­fra­gen wie den Kampf gegen Armut glaub­wür­dig beant­wor­ten. Solan­ge Lin­ke und gewerk­schaft­lich Akti­ve das nicht ver­ste­hen, wer­den sie sich wei­ter um sich selbst dre­hen und sich von den Rech­ten end­gül­tig ihr „Kron­ju­wel“ (so AfD-Füh­rer Höcke) ent­rei­ßen lassen.

Was tun?
Der Auf­wärts­trend der AfD kann nur durch eine kon­se­quen­te anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche Poli­tik gebro­chen wer­den. Die Lin­ke und die Gewerk­schaf­ten müs­sen sowohl die Kli­ma­fra­ge als auch die sozia­le Fra­ge beant­wor­ten. Dazu bedarf es einer Mobi­li­sie­rung vor allem der gewerk­schaft­lich orga­ni­sier­ten Tei­le der arbei­ten­den Klas­se und der Jugend. Nur so kann der Wider­stand gegen alle neo­li­be­ra­len Spal­tungs­po­li­ti­ken ent­wi­ckelt werden.

Es ist höchs­te Zeit auf­zu­ste­hen und aktiv zu wer­den für die Ver­tei­di­gung unse­rer Grund- und Menschenrechte

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Novem­ber 2019
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