Oder: „Wo fängt Unrecht an?“
E. B.
Am Sonntag, den 18. Februar 2024, hatte die ISO Rhein-Neckar erneut zur Spurensuche eingeladen. Eine kleine Schar Interessierter besuchte daher die Ausstellung „Wo fängt Unrecht an?“ im Heidelberger Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma.
Das dort zeitweise untergebrachte „mobile Geschichtslabor“ des Lernorts Kislau e. V. vermittelte nicht nur Wissen über das am 21. April 1933 von den Faschisten errichtete KZ Kislau. Es ermöglichte zudem, zwischen „Recht und Unrecht“ unterscheiden und die eigenen Positionen überprüfen zu können. Kurze bewegte Bildgeschichten mit Text und Ton („Motion Comics“) veranschaulichten die Schicksale von inhaftierten Antifaschisten.
Zum Bespiel wurde die von den Faschisten im Mai 1933 organisierte „Schaufahrt” von Verhafteten im offenen LKW nach Kislau dargestellt. In Karlsruhe gelang es den braunen Machthabern, die gewünschten öffentlichen Anfeindungen gegen sozialdemokratische „Systempolitiker” zu inszenieren.
Bei der Zwischenstation Bruchsal hingegen blieben die Straßen zur Enttäuschung der Faschisten leer. Die Hintergründe dieser Besonderheit werden leider im Film nicht erklärt. Offensichtlich waren sie ein Nachwirken der dort bis 1933 einflussreichen örtlichen Einheitsfront der Arbeiterbewegung. Initiiert wurde sie von un- seren Genossinnen und Genossen der Linken Opposition der KPD im Oktober 1931. Im Spätsommer 1932 verließ jedoch die SPD die Bruchsaler Einheitsfront!
Im KZ Kislau hielten die Faschisten von 1933 bis 1939 rund 700 Nazi-Gegner aus Baden gefangen. Einer von ihnen war unser Genosse Willy Boepple (1911–1992). Andere bekannte Mannheimer Häftlinge waren Georg Lechleiter (1885–1942) und Paul Schreck (1892–1948).
Seit einigen Jahren will der Verein Lernort Zivilcourage & Widerstand im einstigen KZ Kislau einen festen „Lernort“ errichten. Auch aufgrund der zunehmenden faschistischen Bedrohung ist es ein Skandal, dass dieses Projekt bisher wegen fehlender öffentlicher Mittel nicht realisiert worden ist.