Roland Schuster
Die kurdische Nachrichtenagentur ANF berichtet in einem Artikel vom 26. Juni 2020 von skandalösen Hausdurchsuchungen bei Repräsentanten des Kurdischen Gemeinschaftszentrum Ludwigshafen/Mannheim e.V.
Nach diesen Angaben durchsuchte die Polizei am vergangenen Dienstag die Wohnungen des 76-jährigen Aktivisten Halis Doğan und drei weiterer Personen. Bei der Razzia sollen persönliche Gegenstände beschlagnahmt worden sein. Doğan war von 1999 bis 2000 in der Türkei Herausgeber der Zeitung Özgür Bakış und musste deswegen vor neunzehn Jahren die Türkei verlassen. Zur Zeit lebt er in einer Gemeinde bei Mannheim.
Ermittlungsverfahren gegen vier Personen
Auch im Exil engagiert sich Doğan weiter und ist jahrelang Ko-Vorsitzender des Kurdischen Gemeinschaftszentrum Ludwigshafen/Mannheim e.V. gewesen. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe wurden laut ANF neben Halis Doğan auch Ermittlungsverfahren gegen die damalige Ko-Vorsitzende Gülhan Yücekaya und die Vorstandsmitglieder Davut Karadağ und Seyfettin Yıldız eingeleitet. Laut ANF sollen nach Polizeiangaben das Zeigen von Fahnen und Symbolen, welche der PKK zugeordnet werden, der Grund für die Ermittlungen sein. Dies sei bei zwei Kulturveranstaltungen am 27. November und am 9. Dezember 2019 in Mannheim geschehen.
Polizei stürmt Wohnung um fünf Uhr morgens
Zur Razzia bei ihm zu Hause um fünf Uhr morgens berichtet Doğan: „Als die Polizei die Wohnung stürmte, schliefen wir. Meine Frau fürchtete sich sehr und hatte einen Nervenzusammenbruch. Ich protestierte mit den Worten: ‚Sie haben die Grausamkeit der türkischen Polizei übernommen.‘“
Sogar Prozessakten wurden mitgenommen
Die Durchsuchung habe insgesamt drei Stunden gedauert.
„Es wurden Bücher und Bilder von Abdullah Öcalan, Fahnen des Kurdischen Roten Halbmonds Heyva Sor, Prozessakten aus der Türkei, die Akten der Verfahren, die ich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR gegen die Türkei angestrengt hatte, Dokumente des Kurdischen Nationalkongress KNK, Dokumente des Vereins, mein Handy und viele weitere Dinge beschlagnahmt.“
Doğan kündigt Rechtsmittel gegen die Durchsuchung an.
Unverständnis für die Strafermittlungen
In Kreisen der kurdischen Community herrscht großes Unverständnis über die Strafermittlungen der Karlsruher Staatsanwaltschaft. Dass das Zeigen von kurdischen Fahnen und Symbolen als „Unterstützung für einer terroristischen Vereinigung“ gewertet wird, ist in diesen Kreisen nicht nachvollziehbar. Deutschland mache sich damit zum Handlanger türkischer Politik. Am 23. Juni exekutierte die Türkei drei bekannte Frauenrechtlerinnen in einem Wohnhaus in Helince in Rojava/Nordsyrien. Das war eindeutig ein von der Türkei angeordnetes Kriegsverbrechen. „Wo bleibt hier der Protest der deutschen Regierung. Warum wird wieder einmal mit zweierlei Maß gemessen?“ - so die Reaktionen vieler kurdischer Menschen.
Quelle: ANF News 26/06/2020 u.a.
siehe LINK:
https://kommunalinfo-mannheim.de/2020/06/28/razzia-bei-76-jaehrigem-kurdischen-vereinsvorsitzenden-in-mannheim/