Der Widerstand muss weitergehen!
Am 14. Januar 2023 hat die große Demonstration von 35.000 Menschen gegen die Räumung des Widerstandsdorfes Lützerath in NRW stattgefunden. RWE will das Dorf für den klimaschädlichen Braunkohleabbau wegbaggern. Avanti² hat aus diesem Anlass mit Gabi und Martin aus Heidelberg gesprochen, die beide mitdemonstriert haben.*
Was waren Eure Beweggründe für die Teilnahme an der Demo in Lützerath?
Wir waren schon öfters in Lützerath und den umliegenden Dörfern, und wir haben an friedlichen Demos und Waldspaziergängen gegen den Braunkohleabbau teilgenommen. Wir waren dabei, wie die ersten Zelte auf einem Grundstück von Eckardt Heukamp aufgebaut wurden und so nach und nach Holzhütten entstanden und dann die Baumhäuser.
Wir haben dort schon Tage in unserem Bus verbracht und waren überrascht über die Offenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen, die sich dort angesiedelt haben. Es wurden WC-Häuschen, Duschen und Waschgelegenheiten gebaut, es gab eine große Volksküche, eine geniale Infrastruktur für alle Erfordernisse und alles war sauber. Menschen aus der Umgebung haben die Aktivistinnen und Aktivisten mit vielem Nötigen versorgt, wie z. B. Essen, Trinkwasser oder Baumaterial. Müll wurde getrennt und entsorgt. Und jeder half jedem. Beeindruckend war das enorme Engagement der Aktiven für das Ziel, die uns alle bedrohende Klimakatastrophe zu verhindern.
Als wir von der anstehenden Räumung des Widerstandsdorfes durch die Polizei erfahren haben, war für uns klar, dass wir zur Großdemo nach Lützerath fahren. Wir wollten in dieser Situation unsere praktische Solidarität mit den Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort zeigen.
Wie habt Ihr die Stimmung und den Polizeieinsatz vor Ort erlebt?
Das Wetter war schlecht, es hat geregnet und gestürmt, dennoch war die Stimmung vor Ort super. Es waren Menschen jeden Alters dabei. Die Polizei hat sich im Hintergrund gehalten und man hat sie, außer einigen wenigen Einsatzkräften, nur in der Ferne gesehen.
Wir sind ganz vorne am Anfang der Demo beim Lautsprecherwagen gelaufen. Im Nachhinein haben wir gehört, dass ein paar tausend Menschen aus dem Demozug heraus zur Abbruchkante und auch nach Lützerath gelaufen sind, was wir nicht mitbekommen haben. Von einer Teilnehmerin der Demo haben wir aber erfahren, dass ihrem Freund von der Polizei mit dem Schlagstock ins Gesicht geschlagen worden sei. So etwas geht gar nicht. Auch den Begriff „Klimaterroristen“ halten wir für völlig unzutreffend, da der allergrößte Teil der aktiven Menschen friedlich ist. Sie machen zwar mit zivilem Ungehorsam auf sich aufmerksam, aber mit Terrorismus haben sie absolut nichts zu tun.
Wie wichtig ist aus Eurer Sicht der Protest gegen die Klimapolitik der Regierung?
Wir halten diesen Protest für zwingend nötig, und er müsste noch sehr viel stärker sein. Nur wenn die Menschen wirklich massenhaft auf die Straße gehen, besteht eine realistische Chance, Einfluss auf die katastrophale Politik der Regierung zu nehmen. So hat sie zum Beispiel zugelassen, dass RWE die Menschen, die dort schon seit Generationen leben, einfach enteignen konnte.
Die Amtskirche hat dabei keine gute Rolle gespielt. Die Kirchen wurden in den Dörfern immer mit als erstes verkauft. Wichtig wäre gewesen die Kirchen gerade nicht zu verkaufen, damit die Menschen eine Anlaufstelle haben, sowie sie in ihrem Widerstand zu begleiten und zu unterstützen und auch, um der weiteren Enteignung der Einwohner der Dörfer nicht Vorschub zu leisten. Uns ist nicht bekannt, dass wegen des Tagebaus jemals eine Kirche enteignet wurde. Wäre es tatsächlich zu einer Zwangsenteignung von Kirchen gekommen, wären sicherlich Hunderttausende auf die Barrikaden gegangen. Stattdessen wurde als Folge nicht ausreichenden Widerstandes ein Autobahnteilstück abgerissen, was jetzt für viele Menschen rund 20 km Umweg bedeutet. Zusätzlich wurden aus der L 277 etwa 4 km herausgerissen, wodurch jetzt der ganze Verkehr inklusive des Fernlastverkehrs durch Keyenberg fahren muss und die noch verbleibenden Bewohner zusätzlich belastet. Es werden sogar Windkraftanlagen abgebaut, weil sie im Weg stehen.
RWE baggert Böden mit den besten Bodenrichtwerten ab. Um zu verhindern, dass der Tagebau nicht absäuft, werden hunderte Millionen Liter bestes Grundwasser abgepumpt. Das dient alles nur dem klima- und umweltschädlichen Braunkohleabbau und dem Profit von RWE.