Nach Lüt­zer­ath

Der Wider­stand muss weitergehen!

 

Am 14. Janu­ar 2023 hat die gro­ße Demons­tra­ti­on von 35.000 Men­schen gegen die Räu­mung des Wider­stands­dor­fes Lüt­zer­ath in NRW statt­ge­fun­den. RWE will das Dorf für den kli­ma­schäd­li­chen Braun­koh­le­ab­bau weg­bag­gern. Avan­ti² hat aus die­sem Anlass mit Gabi und Mar­tin aus Hei­del­berg gespro­chen, die bei­de mit­de­mons­triert haben.*

Demo in Lützerath, 14. Januar 2023.  (Foto: H. B.)

Demo in Lüt­zer­ath, 14. Janu­ar 2023. (Foto: H. B.)

Was waren Eure Beweg­grün­de für die Teil­nah­me an der Demo in Lützerath?
Wir waren schon öfters in Lüt­zer­ath und den umlie­gen­den Dör­fern, und wir haben an fried­li­chen Demos und Wald­spa­zier­gän­gen gegen den Braun­koh­le­ab­bau teil­ge­nom­men. Wir waren dabei, wie die ers­ten Zel­te auf einem Grund­stück von Eckardt Heu­kamp auf­ge­baut wur­den und so nach und nach Holz­hüt­ten ent­stan­den und dann die Baumhäuser.

Wir haben dort schon Tage in unse­rem Bus ver­bracht und waren über­rascht über die Offen­heit, Freund­lich­keit und Hilfs­be­reit­schaft der Men­schen, die sich dort ange­sie­delt haben. Es wur­den WC-Häus­chen, Duschen und Wasch­ge­le­gen­hei­ten gebaut, es gab eine gro­ße Volks­kü­che, eine genia­le Infra­struk­tur für alle Erfor­der­nis­se und alles war sau­ber. Men­schen aus der Umge­bung haben die Akti­vis­tin­nen und Akti­vis­ten mit vie­lem Nöti­gen ver­sorgt, wie z. B. Essen, Trink­was­ser oder Bau­ma­te­ri­al. Müll wur­de getrennt und ent­sorgt. Und jeder half jedem. Beein­dru­ckend war das enor­me Enga­ge­ment der Akti­ven für das Ziel, die uns alle bedro­hen­de Kli­ma­ka­ta­stro­phe zu verhindern.

Als wir von der anste­hen­den Räu­mung des Wider­stands­dor­fes durch die Poli­zei erfah­ren haben, war für uns klar, dass wir zur Groß­de­mo nach Lüt­zer­ath fah­ren. Wir woll­ten in die­ser Situa­ti­on unse­re prak­ti­sche Soli­da­ri­tät mit den Akti­vis­tin­nen und Akti­vis­ten vor Ort zeigen.

Wie habt Ihr die Stim­mung und den Poli­zei­ein­satz vor Ort erlebt?
Das Wet­ter war schlecht, es hat gereg­net und gestürmt, den­noch war die Stim­mung vor Ort super. Es waren Men­schen jeden Alters dabei. Die Poli­zei hat sich im Hin­ter­grund gehal­ten und man hat sie, außer eini­gen weni­gen Ein­satz­kräf­ten, nur in der Fer­ne gesehen.

Wir sind ganz vor­ne am Anfang der Demo beim Laut­spre­cher­wa­gen gelau­fen. Im Nach­hin­ein haben wir gehört, dass ein paar tau­send Men­schen aus dem Demo­zug her­aus zur Abbruch­kan­te und auch nach Lüt­zer­ath gelau­fen sind, was wir nicht mit­be­kom­men haben. Von einer Teil­neh­me­rin der Demo haben wir aber erfah­ren, dass ihrem Freund von der Poli­zei mit dem Schlag­stock ins Gesicht geschla­gen wor­den sei. So etwas geht gar nicht. Auch den Begriff „Kli­ma­ter­ro­ris­ten“ hal­ten wir für völ­lig unzu­tref­fend, da der aller­größ­te Teil der akti­ven Men­schen fried­lich ist. Sie machen zwar mit zivi­lem Unge­hor­sam auf sich auf­merk­sam, aber mit Ter­ro­ris­mus haben sie abso­lut nichts zu tun.

Wie wich­tig ist aus Eurer Sicht der Pro­test gegen die Kli­ma­po­li­tik der Regierung?
Wir hal­ten die­sen Pro­test für zwin­gend nötig, und er müss­te noch sehr viel stär­ker sein. Nur wenn die Men­schen wirk­lich mas­sen­haft auf die Stra­ße gehen, besteht eine rea­lis­ti­sche Chan­ce, Ein­fluss auf die kata­stro­pha­le Poli­tik der Regie­rung zu neh­men. So hat sie zum Bei­spiel zuge­las­sen, dass RWE die Men­schen, die dort schon seit Gene­ra­tio­nen leben, ein­fach ent­eig­nen konnte.

Die Amts­kir­che hat dabei kei­ne gute Rol­le gespielt. Die Kir­chen wur­den in den Dör­fern immer mit als ers­tes ver­kauft. Wich­tig wäre gewe­sen die Kir­chen gera­de nicht zu ver­kau­fen, damit die Men­schen eine Anlauf­stel­le haben, sowie sie in ihrem Wider­stand zu beglei­ten und zu unter­stüt­zen und auch, um der wei­te­ren Ent­eig­nung der Ein­woh­ner der Dör­fer nicht Vor­schub zu leis­ten. Uns ist nicht bekannt, dass wegen des Tage­baus jemals eine Kir­che ent­eig­net wur­de. Wäre es tat­säch­lich zu einer Zwangs­ent­eig­nung von Kir­chen gekom­men, wären sicher­lich Hun­dert­tau­sen­de auf die Bar­ri­ka­den gegan­gen. Statt­des­sen wur­de als Fol­ge nicht aus­rei­chen­den Wider­stan­des ein Auto­bahn­teil­stück abge­ris­sen, was jetzt für vie­le Men­schen rund 20 km Umweg bedeu­tet. Zusätz­lich wur­den aus der L 277 etwa 4 km her­aus­ge­ris­sen, wodurch jetzt der gan­ze Ver­kehr inklu­si­ve des Fern­last­ver­kehrs durch Key­en­berg fah­ren muss und die noch ver­blei­ben­den Bewoh­ner zusätz­lich belas­tet. Es wer­den sogar Wind­kraft­an­la­gen abge­baut, weil sie im Weg stehen.

RWE bag­gert Böden mit den bes­ten Boden­richt­wer­ten ab. Um zu ver­hin­dern, dass der Tage­bau nicht absäuft, wer­den hun­der­te Mil­lio­nen Liter bes­tes Grund­was­ser abge­pumpt. Das dient alles nur dem kli­ma- und umwelt­schäd­li­chen Braun­koh­le­ab­bau und dem Pro­fit von RWE.


*[Die Fra­gen stell­te H. S.]

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Febru­ar 2023
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