Soli­da­ri­tät heißt Men­schen schützen

Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite!

H. N.

Welt­weit brei­tet sich das Coro­na-Virus immer schnel­ler aus. Die töd­li­chen Gefah­ren der seit Wochen offen­kun­di­gen Pan­de­mie wur­den und wer­den von inter­es­sier­ten Krei­sen igno­riert oder klein­ge­re­det. Wert­vol­le Zeit ist zudem von Poli­tik, Behör­den und Unter­neh­men aus Unfä­hig­keit und blin­der Rück­sicht­nah­me auf die Logik der Pro­fit­ma­xi­mie­rung ver­geu­det wor­den. Jetzt explo­die­ren die Infek­ti­ons- und zeit­ver­zö­gert auch die Ster­be­zah­len – nicht nur in Italien.

Die­se Pan­de­mie ist zum Brand­be­schleu­ni­ger für die Kri­se der kapi­ta­lis­ti­schen Wirt­schaft und Gesell­schaft gewor­den. Das erhöht den Druck auf die arbei­ten­de Klasse.

Mil­lio­nen abhän­gig Beschäf­tig­te wer­den in Kurz­ar­beit geschickt. Mit dem Kurz­ar­bei­ter­geld (60 % des pau­scha­li­sier­ten Net­tos, 67 % bei einem Kind im Haus­halt) wer­den vie­le Lohn­ab­hän­gi­ge schon nach kur­zer Zeit vor erheb­li­che Exis­tenz­pro­ble­me gestellt. Noch schlech­ter geht es klei­nen Selb­stän­di­gen und pre­kär Beschäf­tig­ten, die kein Kurz­ar­bei­ter­geld erhal­ten. Zudem ver­lie­ren vie­le Men­schen ihren Arbeits­platz oder haben ihn bereits verloren.

Wer ist verantwortlich?
Das Kapi­tal und die ihm die­nen­de Poli­tik üben sich nicht nur in „Scha­dens­be­gren­zung“. Sie len­ken von ihrer Ver­ant­wor­tung für das Aus­maß der Coro­na-Kata­stro­phe ab: hem­mungs­lo­se kapi­ta­lis­ti­sche „Glo­ba­li­sie­rung“ zur Pro­fit­ma­xi­mie­rung, skru­pel­lo­se Pri­va­ti­sie­rung und dras­ti­scher Abbau zen­tra­ler Berei­che des Gesund­heits­sek­tors, Dezi­mie­rung der Gewer­be­auf­sicht, der Gesund­heits­äm­ter und des gesam­ten Gesund­heits­sys­tems, Ver­ur­sa­chen eines enor­men Per­so­nal­man­gels im Pfle­ge­be­reich, weit­ge­hen­de Miss­ach­tung der Gebo­te des prä­ven­ti­ven Gesund­heits­schut­zes, Ver­la­ge­rung der Pro­duk­ti­on von jetzt feh­len­den, aber drin­gend benö­tig­ten medi­zi­ni­schen und phar­ma­zeu­ti­schen Pro­duk­ten in asia­ti­sche „Low-Cost“-Länder, mas­siv redu­zier­te Vor­rats­hal­tung von Des­in­fek­ti­ons­mit­teln, per­sön­li­chen Schutz­aus­rüs­tun­gen und Beatmungsgeräten, …

Zyni­sche Politik
Wie zynisch die herr­schen­de Poli­tik das Grund­recht „auf Leben und kör­per­li­che Unver­sehrt­heit“ miss­ach­tet lässt sich kon­kret bele­gen. Neben dem Bun­des­amt für Zivil­schutz lös­ten die Regie­ren­den bis zur Jahr­tau­send­wen­de in der Bun­des­re­pu­blik hun­der­te Depots mit Medi­ka­men­ten, medi­zi­ni­schem Gerät, Pfle­ge­klei­dung usw. auf. Hin­zu kam der ersatz­lo­se Abbau von 250.000 qua­li­fi­zier­ten „frei­wil­li­gen medi­zi­ni­schen Hilfs­kräf­ten“ und der ent­spre­chen­den Ausbildungskapazitäten.

Seit 2004 ver­fügt der Zivil­schutz zwar wie­der über eine eige­ne Behör­de, aber mit weni­ger als 20 % des ursprüng­li­chen Per­so­nals. Die bun­des­ein­heit­li­che Glie­de­rung, Aus­bil­dung und Koor­di­na­ti­on durch Pan­de­mie­plä­ne und Dienst­vor­schrif­ten ist jedoch nach wie vor mas­siv geschwächt. Zwi­schen 2008 und 2013 wie­sen Fach­leu­te die Poli­tik immer wie­der auf enor­me Lücken im Bevöl­ke­rungs­schutz und bei den medi­zi­ni­schen Res­sour­cen im Fal­le von Virus­epi­de­mien hin. Die Regie­ren­den igno­rier­ten das Fazit einer „Bund-Län­der-Übung“, ihre eige­ne Pan­de­mie-Risi­ko­ana­ly­se von 2012 und das „Grün­buch“ des Zukunfts­fo­rums Öffent­li­che Sicherheit.

Kri­sen­pro­fi­teu­re
Kapi­tal und Poli­tik ver­su­chen, die bedroh­li­che Coro­na-Kri­se skru­pel­los für ihre Inter­es­sen aus­zu­nut­zen: mas­si­ve Ein­schrän­kun­gen von Grund­rech­ten sowie der Rech­te von Betriebs­rä­ten, Per­so­nal­rä­ten und Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tun­gen, Aus­he­be­lung des Arbeits­zeit­ge­set­zes und ins­be­son­de­re des Ver­bots der Sonn­tags- und Fei­er­tags­ar­beit, Aus­höh­lung des Daten­schut­zes, Pro­pa­gie­ren des bar­geld­lo­sen Bezah­lens, Ver­ge­sell­schaf­tung von Unter­neh­mens­ri­si­ken durch steu­er­fi­nan­zier­te „Schutz­schir­me“ für (gro­ße) Fir­men, de fac­to aus­ge­höhl­te Über­prü­fung der Geneh­mi­gung von Kurz­ar­beit und Befrei­ung der Fir­men von den dadurch anfal­len­den Sozialversicherungsbeiträgen.

Was tun?
Die Aus­brei­tung des Coro­na-Virus stellt alle die­je­ni­gen vor extre­me Anfor­de­run­gen, für die Men­schen wich­ti­ger als Pro­fi­te sind. Die Pan­de­mie schränkt unse­re Hand­lungs­mög­lich­kei­ten sehr stark ein. Wir soll­ten des­halb schnell ler­nen, uns unter bis­her unbe­kann­ten Bedin­gun­gen zu engagieren:

• Es ist an der Zeit, akti­ver zu wer­den, sich demo­kra­tisch zu orga­ni­sie­ren und bes­ser zu vernetzen.

• Es gilt nun neue Kom­mu­ni­ka­ti­ons­we­ge zu ent­wi­ckeln, um poli­ti­sche Mei­nungs­bil­dung und Soli­da­ri­tät auch unter den der­zei­ti­gen Not­stands­be­din­gun­gen auf­recht­zu­er­hal­ten. Dies ist ins­be­son­de­re für betrieb­lich und gewerk­schaft­li­che Akti­ve eine gro­ße Her­aus­for­de­rung, die am Arbeits­platz jetzt noch mehr unter Druck gesetzt werden.

• Wir ver­su­chen, unse­ren Bei­trag zur Auf­klä­rung zu leis­ten. Damit kön­nen wir einer­seits Falsch­mel­dun­gen bekämp­fen und ande­rer­seits ein ange­mes­se­nes Pro­blem­be­wusst­sein stärken.

• Die anhal­ten­de Abwäl­zung der gesund­heit­li­chen, poli­ti­schen, sozia­len und wirt­schaft­li­chen Kri­sen­fol­gen auf die gro­ße Mehr­heit der Bevöl­ke­rung leh­nen wir ent­schie­den ab.

• Des­halb rufen wir zur Stär­kung soli­da­ri­scher Zusam­men­ar­beit über alle Orga­ni­sa­ti­ons-, Bereichs- und Staats­gren­zen auf!

• Mit oder ohne Coro­na: Wir zah­len nicht für Eure Krise(n)!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar April 2020
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