Gewerkschaftliche Solidarität stärken
H. N.
„Vorwärts, und nicht vergessen
Worin unsre Stärke besteht!
Beim Hungern und beim Essen
Vorwärts, nicht vergessen
Die Solidarität!“
Das berühmte „Solidaritätslied“ (Text von Bertolt Brecht, Musik von Hans Eisler) hat es schon 1931 auf den Punkt gebracht. Aber das Lied ist in weiten Kreisen nicht mehr bekannt. Vor allem spielt seine Kernbotschaft in der alltäglichen Gewerkschaftspolitik nach Jahrzehnten der neoliberalen Offensive in den Betrieben und in der Gesellschaft eine viel zu geringe Rolle.
Explodierender Reichtum bei den herr- schenden 0,1 Prozent einerseits, zunehmende Massenverarmung andererseits, beschleunigte Klima- wie Natur- zerstörung und dadurch zunehmende physische und psychische Gesundheitsgefährdungen, Kriegstreiberei und Aufrüstung, Stärkung menschenverachtender und faschistischer Tendenzen, Aushöhlung demokratischer Rechte, wuchernde Konzernmacht und immer mehr ungeschützte Arbeitsverhältnisse – das sind nur einige Stichworte zu aktuellen, bedrohlichen Entwicklungen.
Von diesen sind nicht zuletzt die Gewerkschaften betroffen – durch Entsolidarisierung und Spaltung der Beschäftigten, durch Tarifflucht, durch Mobbing von Betriebsräten und durch Bekämpfung gewerkschaftlicher Organisationsmacht. Für jeden den- kenden Menschen müsste es klar sein, dass das aggressive und überholte kapitalistische Wirtschaftssystem eine existenzielle Bedrohung für die Gewerkschaften ist.
Nur wer kämpft, kann gewinnen!
Die jüngsten Warnstreiks bei der Post, im Verkehrsbereich und in vielen anderen Sektoren haben gezeigt: Nur wer kämpft, beweist Stärke. Die parallelen Aktionen von EVG und ver.di belegen: Gemeinsame Arbeitsniederlegungen machen unsere Klasse stärker und attraktiver. Es ist kein Zufall, dass ver.di in den letzten Wochen 70.000 neue Mitglieder gewonnen hat.
Nun hat die ver.di-Spitze mit der Einigung im Öffentlichen Dienst erneut einen Erzwingungsstreik zur Durchsetzung der eigenen Tarifforderungen vermieden.
Wir brauchen aber Gewerkschaften, die keine Angst vor Streiks haben, denn nur so kann unsere Gegenmacht gestärkt werden. Nur so können die anhaltenden Angriffe auf unsere Rechte, unsere Löhne und unsere Arbeits- und Ausbildungsplätze erfolgreich abgewehrt werden.
Leben ist mehr wert als Profite!
Es gibt keine Lohn-Preisspirale, sondern eine Profit-Preisspirale. Mit Erdöl, Erdgas, Kohle und Lebensmitteln wird international spekuliert.
Statt dagegen vorzugehen, unterstützt die Politik der Bundesregierung dieses unge hemmte Treiben.
Wir alle spüren die Teuerung. Teuerung wird gemacht. Sie ist das Ergebnis der Preistreiberei von Konzernen, die Rekordgewinne verbuchen. Wir sind aber diejenigen, die mit unserer Arbeit den Laden am Laufen halten._
Einkommen an Inflation anpassen
Durch die Rekordinflation haben viele Beschäftigte trotz der letzten Tarifabschlüsse real weit weniger Geld in der Tasche als vorher. Von den Menschen ganz zu schweigen, die Renten oder Sozialeinkommen beziehen.
Wir brauchen deshalb Löhne, Renten und Sozialeinkommen, die wie in Belgien oder Luxemburg automatisch mit der Inflation steigen.
Gegen die anhaltenden Arbeitsplatzvernichtungen (KFZ-Industrie, Handel, Banken …) hilft nur gemeinsamer betriebs-, branchen- und grenzüberschreitender Widerstand. Es gibt kein Recht auf Profitmaximierung, deshalb müssen wir ein Verbot von Entlassungen durchsetzen.
Solidarische Front aufbauen
In Frankreich haben die miteinander konkurrierenden Gewerkschaften im Kampf gegen die „Rentenreform“ eine Einheitsfront zustande gebracht. Worauf warten wir denn eigentlich in Deutschland?
Es ist auch hierzulande höchste Zeit für mehr gemeinsames gewerkschaftliches Han- deln innerhalb und außerhalb der Betriebe. Es gilt, eine solidarische Front zusammen mit außerparlamentarischen sozialen, ökologischen, antimilitaristischen und antifaschistischen Bewegungen aufzubauen.