BR-Mobbing als Normalität auch für BDA-Präsident Dulger
H. N.
Zur „exklusiven Abendveranstaltung“ mit dem Thema „Endlich Optimismus! Was braucht Deutschland jetzt?“ hatten der Mannheimer Morgen (MM) und das Reiss-Engelhorn-Museum (rem) am 9. Mai 2023 eingeladen.
Das Programm war schlicht: Ein Vortrag von und eine Diskussion „mit Dr. Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), über die zukünftigen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen“.
„Führende Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Medien“, so die Ankündigung, sollten „zum intensiven Meinungsaustausch zusammen[kommen]“. Wie wir erfahren haben, gab es keine kritischen Anmerkungen aus den Reihen der anwesenden „Elite“ zu den neoliberalen Sprüchen des obersten deutschen Kapitalisten-Vertreters.
„‚Arbeitsrecht‘ bei Dulger – legal, egal, scheißegal?“
Keine Einladung erhalten hatte das Mannheimer Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“. Trotzdem ließen es sich einige Aktive nicht nehmen, am Tagungsort aufzutauchen. Auf einem ihrer mitgebrachten Transparente stellten sie die Frage: „‚Arbeitsrecht‘ bei Dulger – legal, egal, scheißegal?“
Dem von MM und rem beauftragten „Sicherheitsdienst“ gelang es nicht, die ungebetenen Gäste einzuschüchtern und zu vertreiben. Von Überlegungen, die Polizei zu Hilfe zu rufen, nahmen die Veranstalter der Tagung dem Vernehmen nach Abstand.
So kam es, wie es kommen musste. R. Dulger, der nicht nur BDA-Präsident, sondern auch Mitglied der Geschäftsführung des Dosierpumpenherstellers ProMinent ist, konnte bei der Ankunft in seinem schwarzen Mercedes-Maybach den „optimistischen“ Protest gegen die Machenschaften in seinem Unternehmen nicht übersehen.
Von einem der Demonstrierenden wollte er unbedingt wissen: „Arbeiten Sie auch bei ProMinent?“ Dulgers Chauffeur nahm währenddessen die Szene mit seinem Mobiltelefon auf.
Während der BDA-Präsident unter anderem einer weiteren Einschränkung des Streikrechts das Wort redet, lässt sein Bruder Andreas mit Hilfe seiner Handlanger Benedikt Nagel und Kai Golücke in dem Heidelberger Unternehmen der Dulgers einen gewerkschaftlich organisierten Betriebsrat komplett zerschlagen.
Zitieren wir dazu aus einer Information des Solikomitees, das seit über 10 Jahren ehrenamtlich den Kampf gegen BR-Mobbing führt: „Kann man so etwas als ‚Arbeitsteilung‘ bezeichnen? Oder lauert da das ‚Recht des Stärkeren‘ das sich bereits vor 90 Jahren hierzulande fast ungehindert austoben konnte, hinter den glänzenden Fassaden? Fragen über Fragen.“
Die Spitze des Eisbergs
Fakt ist jedenfalls, dass der Skandal bei ProMinent nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Jedes Jahr bekämpfen Firmen- oder Dienststellenleitungen mit kriminellen Methoden hunderte von Betriebsrats- oder Personalratsmitglieder.
Artikel 1 des Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Dieses zentrale Grundrecht wird zunehmend in den Chefetagen dieser Republik missachtet.
Die „Entscheider“ und ihre skrupellosen Helfershelfer (hochbezahlte Unrechtsanwälte und „Beratungsfirmen“ sowie willfährige „Betriebs- oder Personalräte“) können sich bei ihrem illegalen Tun sehr sicher fühlen. Das liegt daran, dass meistens Öffentlichkeit, Politik, Justiz, Medien und sogar zuständige Gewerkschaftshauptamtliche wie im Fall ProMinent einfach wegschauen. Bezeichnender- weise berichtete auch der MM mit keiner Silbe über den Protest gegen Dulger am 9. Mai.
Die brutale Ausschaltung beziehungsweise Verhinderung von demokratisch gewählten betrieblichen Interessenvertretungen geht Hand in Hand mit der Be- und Verhinderung von gewerkschaftlicher Organisierung.
Die Folgen dieses kriminellen Treibens für die Betroffenen sind kein Geheimnis: schwere Gesundheitsschäden, belastete Familienangehörige, ruinierte Existenzen und nicht zuletzt eingeschüchterte Belegschaften. Sehr viele Kolleginnen und Kollegen trauen sich bereits heute nicht mehr, sich für ihre demokratischen Rechte einzusetzen.
Gerade Gewerkschaften und die dort organsierten Betriebs- und Personalräte müssen endlich die Johann Wolfgang von Goethe zugeschriebenen Worte verstehen lernen: „Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“.