BR-Mob­bing, Ver­dachts­kün­di­gun­gen und das faschis­ti­sche Arbeitsunrecht

 

H. N.

Ein nicht unwe­sent­li­ches Ele­ment des auf­halt­ba­ren Auf­schwungs des Faschis­mus in Deutsch­land ist in der Arbeits­welt zu finden.

Protest gegen BR-Mobbing vor der BDA-Zentrale in Berlin, 4. Mai 2024. (Foto: Privat.)

Pro­test gegen BR-Mob­bing vor der BDA-Zen­tra­le in Ber­lin, 4. Mai 2024. (Foto: Privat.)

Zum einen gibt es die zuneh­men­den Pro­zes­se der Zer­stü­cke­lung, Ver­la­ge­rung oder gar Schlie­ßung gro­ßer tarif­ge­bun­de­ner, vor allem indus­tri­el­ler Betrie­be. Durch sie wird kol- lek­ti­ver Zusam­men­halt von Beschäf­tig­ten geschwächt bzw. gänz­lich eli­mi­niert. Zum ande­ren kön­nen nur poli­tisch Betäub­te das immer wei­ter fort­schrei­ten­de Zurück­drän­gen gewerk­schaft­li­cher Orga­ni­sie­rung und die sich aus­brei­ten­de Bekämp­fung von akti­ven Betriebs­rats- und Gewerk­schafts­mit­glie­dern ignorieren.

Hell­wach ist erfreu­li­cher­wei­se die Göt­tin­ger Pro­fes­so­rin Nico­le May­er-Ahu­ja. Ihr zufol­ge zähl­ten 2001 die DGB-Gewerk­schaf- ten etwa acht Mil­lio­nen Mit­glie­der, aktu­ell sind es nur noch rund 5,6 Mil­lio­nen. Der Anteil der Betrie­be mit Betriebs­rat ist der Arbeits­so­zio­lo­gin zufol­ge von 51 Pro­zent auf 42 Pro­zent zurück­ge­gan­gen. Ihre Schluss­fol­ge­rung: „Es wäre ein guter Schritt, gegen Betriebs­rats­mob­bing und Uni­on­bus­ting vorzugehen.“

Der Sozi­al­wis­sen­schaft­ler Klaus Dör­re spricht von einem „Gene­ral­an­griff auf Gewerk­schaf­ten und Mit­be­stim­mung.“ Er betont, dass die kom­men­den Aus­ein­an­der­set­zun­gen dar­über ent- schie­den, ob Gewerk­schaf­ten als hand­lungs- und kon­flikt­fä­hi­ge Akteu­re erhal­ten blieben.

Exis­tenz­be­dro­hen­de Angriffe
Eine Stu­die des Wirt­schafts- und Sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts (WSI) stell­te 2024 fest, dass sich die Behin­de­rung von Betriebs­rats­wah­len im Zeit­raum 2020-2022 mehr als ver­dop­pelt hat. Bezeich­nen­der­wei­se taucht der Begriff Ver­dachts­kün­di­gung kein ein­zi­ges Mal in die­ser Unter­su­chung auf.

Kenn­zeich­nend ist auch, dass es offen­kun­dig kei­ne sys­te­ma­ti­sche Erfas­sung der exis­tenz­be­dro­hen­den Angrif­fe gegen Betriebs­rä­te und akti­ve Gewerk­schafts­mit­glie­der gibt.

Betrof­fen von BR-Mob­bing und Gewerk­schafts­be­kämp­fung sind Groß-, Mit­tel- und Klein­be­trie­be aller Bran­chen. Die Span­ne reicht vom glo­bal agie­ren­den Groß­kon­zern Tes­la des Faschis­ten­freunds Musk über das mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men Pro­Mi­nent, des­sen Mit­ei­gen­tü­mer Rai­ner Dul­ger (BDA-Prä­si­dent und damit rang­höchs­ter „Sozi­al­part­ner“ der Repu­blik) ist, bis zum klei­nen, inha­ber­ge­führ­ten Auto­haus Ford Kohlhoff.

Das Komi­tee „Soli­da­ri­tät gegen BR-Mob­bing!“ hat die Metho­den der BR-Mob­ber und Gewerk­schafts­has­ser auf­grund sei­ner lang­jäh­ri­gen Unter­stüt­zungs­ar­beit für die Opfer die­ser Art des Klas­sen­kampfs von oben genau analysiert.

Es fängt meis­tens mit von den Betrof­fe­nen kaum wahr­ge­nom­me­nen Nadel­sti­chen an. Die End­stu­fe ist mit der Zer­schla­gung eines funk­tio­nie­ren­den gewerk­schaft­lich orga­ni­sier­ten BR-Gre­mi­ums und/oder der Ent­fer­nung des/der Betriebs­rats­vor­sit­zen­den erreicht.

Schrei­ner & Part­ner, sicher­lich die füh­ren­de Kanz­lei für die „arbeits­recht­li­che“ Umset­zung von BR-Mob­bing hier­zu­lan­de, wirbt im Netz unver­fro­ren mit dem Bei­trag „Die Ver­dachts­kün­di­gung – Kün­di­gen ohne die began­ge­ne Pflicht­ver­let­zung zu bewei­sen“. Ver­schwie­gen wird, dass die Ver­dachts­kün­di­gung ein Instru­ment des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts ist.

Gegen Ver­dachts­kün­di­gun­gen
Laut dem Komi­tee „Soli­da­ri­tät gegen BR-Mob­bing!“ wer­den jähr­lich meh­re­re hun­dert Kolleg:innen Opfer von Ver­dachts­kün­di­gun­gen. Die­ser Ein­schät­zung nach ist das aber nur die öffent­lich bekann­te Spit­ze eines zuneh­mend grö­ßer wer­den­den Eisbergs.

Bereits auf dem Gewerk­schafts­tag der IG Metall 2015 wur­de ein Antrag aus Mann­heim ange­nom­men, der unter ande­rem fest­legt: „Ins­be­son­de­re ist das Mit­tel der ‚Ver­dachts­kün­di­gun­gen‘ von Betriebs­rä­tin­nen und Betriebs­rä­ten durch den Gesetz­ge­ber zu unter­bin­den und auch im Arbeits­recht dem Grund­satz der Unschulds­ver­mu­tung Vor­rang zu geben.“

In Ergän­zung dazu wur­de auf dem DGB-Bun­des­kon­gress 2018 beschlos­sen, „dass das Mit­tel der ‚Ver­dachts­kün­di­gun­gen‘ von Betriebs­rä­ten und Betriebs­rä­tin­nen durch den Gesetz­ge­ber unter­bun­den wird und auch im Arbeits­recht dem Grund­satz der Unschulds­ver­mu­tung Vor­rang zu geben ist.“
Es ist nicht bekannt, ob es Schrit­te zur Umset­zung die­ser bei­den Beschlüs­se gege­ben hat. Jeden­falls ist bis heu­te kei­ne gewerk­schaft­li­che Stra­te­gie für die Abschaf­fung der rechts- und ver­fas­sungs­wid­ri­gen Ver­dachts­kün­di­gung zu erkennen.

Gera­de ange­sichts des Rechts­rucks und des­sen Aus­wir­kun­gen auf die Arbeits­welt ist es höchs­te Zeit, das skan­da­lö­se Fort­wir­ken des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts zu been­den. Der Offe­ne Brief an die Vor­sit­zen­den der Ein­zel­ge­werk­schaf­ten und des DGB – „Nie wie­der ist jetzt!“: Fort­wir­ken des faschis­ti­schen Arbeits­un­rechts been­den! soll­te auch des­halb aktiv ver­brei­tet und unter­stützt werden.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar März 2025
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