Ein Gespräch mit Betriebsrätinnen und Betriebsräten*
Auch 2021 kam es in vielen Unternehmen der Rhein-Neckar-Region zu COVID-19-Erkrankungen. Wir sprachen über dieses öffentlich kaum beachtete Thema mit Kolleg*innen eines Betriebs, in dem es im Mai zu Infektionen kam.
Zuerst ein Blick zurück auf das zurückliegende Jahr. Bei Euch waren permanent Kolleg*innen in Quarantäne? Hat sich das geändert?
Heiko: Nein. Bis heute sind im Durchschnitt etwa 4 Prozent der Beschäftigten in Quarantäne. Da sich das auf alle Abteilungen verteilt, kam es bisher kaum zu Auswirkungen auf die Arbeitsabläufe.
Lars: Dabei handelte es sich um Quarantäne-Anordnungen der Gesundheitsämter aufgrund eines Kontakts mit Infizierten außerhalb des Betriebs. Auch die Vorgesetzten schicken Beschäftigte nach Hause, selbst bei leichten Symptomen. Wir haben Zahlen, aber ob die das wirkliche Infektionsgeschehen abbilden, bezweifle ich.
Ada: Ich selbst komme aus der Verwaltung. Da haben viele zuhause gearbeitet. Manche von Ihnen mussten in Quarantäne und arbeiteten von zuhause weiter. Ob darunter auch COVID-19-Erkrankte waren, ist uns offiziell nicht bekannt.
Waren im letzten Jahr und während der dritten Welle viele der Beschäftigten im „Homeoffice“?
Heiko: Das Unternehmen sprach immer von „mobilem Arbeiten“. Aber das wäre jetzt ein anderes Thema. Bei der ersten Welle arbeiteten die meisten, bei denen es möglich war, zuhause. Bei der zweiten Welle waren es deutlich weniger. Bei der dritten Welle war es so zwischendrin. Das spiegelt, glaube ich, den bundesweiten Trend.
Ada: Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass zuhause arbeiten gar nicht so toll ist, wie es immer wieder berichtet wird. Deshalb sind viele so schnell als möglich wieder ins Büro gekommen. Im Moment arbeiten wegen des aktuellen Corona-Ausbruchs wieder mehr Kolleg*innen zuhause.
Trotz dieses Corona-Ausbruchs behauptet die Unternehmensleitung, auf den Infektionsschutz zu achten. Wie passt das zusammen?
Heiko: Formal wird der Infektionsschutz beachtet, aber widersprüchlich und nicht immer nachvollziehbar. Zum Beispiel gibt es an unsinnigen Stellen Maskenpflicht und an anderen, eher kritischen Stellen nicht.
Ada: Die Infektion erfolgte nicht am eigentlichen Arbeitsplatz, sondern im Rahmen eines Präsenz-Seminars. Wahrscheinlich war die unzulängliche Raum-Belüftung eine Ursache. Sicherlich hätte das Seminar später durchgeführt werden können. Nach dem Ausbruch wurden sofort alle geplanten Präsenz-Seminare abgesagt.
Letztendlich hatten alle großes Glück. Niemand erkrankte nach bisherigem Informationsstand schwer. Geimpfte anscheinend gar nicht. Obwohl fast eine komplette Arbeitsgruppe betroffen war, konnte die Zeit mit Urlaubsrückrufen und internen „Ausleihungen“ überbrückt werden.
Heiko: Die größte Angst des Unternehmens ist, dass die Produktion angesichts voller Auftragsbücher ins Stocken gerät. Der Laden muss laufen, aber kosten dürfen die Maßnahmen nichts. Zum Beispiel hatte der Betriebsrat nach dem Ausbruch Raumbelüftungssysteme gefordert. Aber diese hätten natürlich Geld gekostet. Daher gibt es sie bis heute nicht.
Kommen wir zum Schluss. Hat die Pandemie und dieses Infektionsereignis etwas in der Belegschaft, bei den Vertrauensleuten oder im Betriebsrat verändert?
Ada: Ich glaube nicht. Arbeits- und Gesundheitsschutz sind für Belegschaft und Betriebsrat noch kein relevantes Thema. Aber wir versuchen, ein Bewusstsein für die elementare Bedeutung des Gesundheitsschutzes zu entwickeln. Das braucht Zeit.
Lars: Ich sehe auch keine politische Veränderung. Das Unternehmen und die Belegschaft sind bislang ganz gut durch die Pandemie gekommen. Unser größtes Problem ist derzeit der Umbau des Unternehmens und was damit auf uns zukommt.
Heiko: Natürlich ist Corona wichtig. Aber im Hintergrund haben die externen Beratungsfirmen und die internen Arbeitsgruppen weitergearbeitet. Die haben während der Pandemie ihre Pläne fertiggestellt. Jetzt kriegen wir die gebündelt auf den Tisch. Da geht es um „Globalisierung der Prozesse“, um Umstrukturierung, neue IT und so weiter. Da werden das Unternehmen und wir Beschäftigte richtig durchgeschüttelt. Darauf bereiten wir uns vor.