Mit „Verdachtskündigung“ gegen BR
H. N.
Schon seit mehreren Jahren wird bei ProMinent Heidelberg der aktive, in der IG Metall (IGM) organisierte Betriebsrat (BR) bekämpft.
Von besonderer Bedeutung ist dieses Treiben, weil Rainer Dulger, Miteigentümer und Mitglied der dreiköpfigen Geschäftsleitung des Unternehmens ist. R. Dulger ist Präsident der „Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V.“ (BDA), des wichtigsten deutschen Kapitalistenverbandes.
In den letzten Monaten vor den Betriebsratswahlen hatte das ProMinent-Management seine Angriffe planmäßig verschärft. Offensichtlich will es massive Verlagerungen von Arbeitsplätzen ins Ausland durchführen und sieht deshalb einen handlungsfähigen BR als Hindernis an.
BR-Mobbing ohne Ende?
Gerichtliche Anfechtungen von Betriebsrats-Beschlüssen, Verleumdung des BR in der Belegschaft („unkooperativ“, „zu teuer“, „gefährdet Arbeitsplätze“, „blockiert notwendige Unternehmensent- scheidungen“, „schadet der Firma in der Öffentlichkeit“ …), Behinderung des gewerkschaftlichen Engagements in der IGM, finanzielle Angebote an aktive Betriebsräte für das Aufgeben ihres Mandats und das Verlassen der Firma, Kündigungsandrohungen gegen den bisherigen Betriebsratsvorsitzenden und seinen Stellvertreter während einer Einigungsstellensitzung zum Gesundheitsschutz (!) in Anwesenheit von drei externen Juristen, die Gründung einer firmengesteuerten Liste „Pro ProMinent“, persönliche Einschüchterung von IGM-Kandidatinnen für die Betriebsrats-Wahlen, Beschädigung und Entfernen von Wahlaushängen der IGM-Liste, massiver Druck von leitenden Angestellten auf Beschäftigte „richtig“ zu wählen − die Aufzählung der gesetzeswidrigen Machenschaften der Geschäftsleitung und ihrer Handlager ist lang und sie wird immer länger.
Bei den BR-Wahlen am 5. April 2022 „siegte“ die gelbe Liste trotz intensivster Schützenhilfe durch das Management dennoch nur mit ganzen 6 Stimmen vor der IGM-Liste. Es ist offensichtlich, dass das Wahlergebnis durch Verstöße beeinflusst wurde, die im Nachhinein nicht mehr korrigiert werden konnten.
In einem solchen Fall ist es sehr wahrscheinlich, dass ein Gericht die Ungültigkeit der Betriebsratswahl feststellt. Allerdings hätten dazu drei wahlberechtigte Betriebsangehörige oder die zuständige Gewerkschaft die Wahl auch anfechten müssen. Dies ist leider nicht geschehen.
Laut einem Bericht der örtlichen Rhein-Neckar-Zeitung vom 7. April 2022 wollte der Bevollmächtigte der IG Metall Heidelberg, Geiger, nach der Wahl „kein weiteres Öl ins Feuer gießen“. Er wird mit der Aussage zitiert: „Die Belegschaft hat entschieden und wir schauen uns das jetzt an und entscheiden, wie wir jetzt damit umgehen.“
„Verdachtskündigung“ als Waffe
Wie zu befürchten war, führte die Geschäftsleitung nach den Betriebsratswahlen ihr BR-Mobbing konsequent fort. Sie setzte dazu das in solchen Fällen übliche Mittel der „Verdachtskündigung“ ein. Es steht zwar in völligem Widerspruch zu dem ansonsten geltenden Rechtsgrundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“, ist aber legal. Das ist kein Zufall, sondern ein bis heute nicht beseitigtes Erbe des faschistischen „Arbeitsrechts“!
Am 13. April 2022 überreichte das Management dem Betriebsrat einen „Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen und fristlosen, verhaltensbedingten Kündigung“ des bisherigen BR-Vorsitzenden. Eine ernstzunehmende Begründung für diese „Verdachtskündigung“ gibt es offenbar nicht. Deswegen hat das zu die- sem Zeitpunkt noch amtierende „alte“ BR-Gremium dem Antrag widersprochen.
Wenige Tage später beantragte die Unternehmensführung erneut die Zustimmung zur Kündigung, nun aber beim neu konstituierten Betriebsrat. Am 25. April 2022 hat dieser ebenfalls eine Ablehnung beschlossen.
Am Tag danach ist durch einen Pressebericht bekannt geworden, dass die Unternehmensführung bereits am 21. April 2022 beim Arbeitsgericht Mannheim (Kammern Heidelberg) einen „Zustimmungsersetzungsantrag“ eingereicht hat. Ein „Gütetermin“ ist auf den 12. Mai 2022 festgesetzt worden. Sollte es dabei zu keiner „gütlichen Einigung“ kommen, beginnt das Hauptverfahren vor der zuständigen Kammer.
Solidarität erforderlich
In einer Mitteilung des Mannheimer Komitees „Solidarität gegen Betriebsrats-Mobbing!“ zu dem Fall heißt es: „Alle, die solche Vorgehensweisen nicht akzeptieren wollen und können, sind aufgerufen, verstärkt Solidarität mit dem betroffenen Kollegen zu organisieren.“
Dies ist eigentlich die ureigenste Aufgabe der zuständigen IGM-Geschäftsstelle in Heidelberg. Laut RNZ vom 23. April 2022 teilte sie auf Anfrage zu den Vorgängen bei ProMinent mit, dass „ihr der Fall bekannt“ sei …