Für unse­re Rech­te streiten

Demo­kra­tie ist mehr als Parlamentarismus

 

U. D.

Nach dem Ampel-Aus am 6. Novem­ber und der Ver­trau­ens­fra­ge von Kanz­ler Scholz am 16. Dezem­ber 2024 ist klar, dass am 23. Febru­ar 2025 der Deut­sche Bun­des­tag neu gewählt wird.

Torblockade bei Alstom Mannheim, 16. April 2014. (Bildbearbeitung eines Fotos des BR Alstom: Avanti².)

Tor­blo­cka­de bei Als­tom Mann­heim, 16. April 2014. (Bild­be­ar­bei­tung eines Fotos des BR Als­tom: Avanti².)

Ange­sichts der tie­fen kapi­ta­lis­ti­schen Kri­se und dem poli­ti­schen Rechts­ruck muss nach der Wahl mit einer ver­schärf­ten natio­na­lis­tisch-neo­li­be­ra­len Poli­tik im Inter­es­se der Unter­neh­men und der Rei­chen gerech­net werden.

Die Zei­chen ste­hen auf Sturm
Wie­der ein­mal ver­nich­ten pro­fi­ta­ble Kon­zer­ne zehn­tau­sen­de Arbeits­plät­ze. Sie „bau­en“ sich um, digi­ta­li­sie­ren, ratio­na­li­sie­ren, schlie­ßen kom­plet­te Wer­ke und ver­la­gern die Pro­duk­ti­on an bil­li­ge­re Stand­or­te, um Men­schen und Natur noch inten­si­ver aus­zu­beu­ten. Gleich­zei­tig ver­stär­ken sie ihre Angrif­fe auf Beleg­schaf­ten, Ver­trau­ens­leu­te und Betriebsräte.

Statt kon­se­quen­te Gegen­wehr zu orga­ni­sie­ren, kom­men die Gewerk­schafts­füh­run­gen den Unter­neh­men sozi­al­part­ner­schaft­lich ent­ge­gen, regeln „sozi­al­ver­träg­lich“ Per­so­nal­ab­bau und akzep­tie­ren Kaufkraftverlust.

Genug ist nicht genug
Immer drän­gen­der for­dern „Wirt­schaft“ und Rei­che güns­ti­ge­re „Rah­men­be­din­gun­gen“, nied­ri­ge­re Ener­gie­kos­ten, gerin­ge­re Steu­ern, fle­xi­ble­re Arbeit und weni­ger „Büro­kra­tie“. Für Arbei­ten­de, Arbeits­lo­se und Rentner:innen und Bezieher:innen von Sozi­al­leis­tun­gen for­dern sie genau das Gegen­teil: Ver­schlech­te­run­gen und här­te­re Regeln. Unter­stützt wer­den sie dabei – trotz aller Unter­schie­de – von allen Par­la­ments­par­tei­en mit der Aus­nah­me von Tei­len der Linkspartei.

Ex-Minis­ter Lind­ner hat mit sei­nem Papier „Wirt­schafts­wen­de Deutsch­land“ nicht nur die Ampel aus­ge­schal­tet. Er hat die „Wün­sche“ des Kapi­tals über­nom­men und unge­schminkt die aktu­el­len Zie­le neo­li­be­ra­ler Poli­tik for­mu­liert: Auf der einen Sei­te die Ver­schlech­te­rung von Bür­ger­geld und Ren­te, Sozi­al­ab­bau, fle­xi­ble­re Arbeits­zei­ten und Abschot­tung gegen Flie­hen­de. Auf der ande­ren Sei­te nied­ri­ge­re Steu­ern und „bes­se­re“ Pro­fit­mög­lich­kei­ten für Unter­neh­men und Reiche.

Mehr Milei und mehr Musk?
Lind­ner will mehr Milei und Musk. Milei und Musk ver­tre­ten die rück­sichts­lo­se Zer­schla­gung und Pri­va­ti­sie­rung staat­li­cher Diens­te und dras­ti­schen Sozi­al­ab­bau. Bei­de bekämp­fen aggres­siv Gewerk­schaf­ten und wol­len im Inter­es­se der Rei­chen sämt­li­che Pro­fit­hemm­nis­se besei­ti­gen. Bei­de ver­tre­ten ein reak­tio­nä­res Gesell­schafts­mo­dell und Men­schen­bild. Und zu alle dem ruft Musk jetzt auch zur Wahl der AfD auf.

Wer mehr Milei und Musk will, will eine ultra­har­te neo­li­be­ra­le Poli­tik gegen­über der gesam­ten arbei­ten­den Klas­se durch­set­zen. Genau dies droht vor allem, aber nicht nur, mit einer Kanz­ler­schaft von Merz. Merz ist neo­li­be­ral, unter­neh­mens- und pro­fit­ori­en­tiert. Dar­über hin­aus ist er All­tags­ras­sist, steht für Auf­rüs­tung, hat ein reak­tio­nä­res Frau­en­bild und will weni­ger Kli­ma­schutz. Gemein­sam mit Söder greift er nicht nur die Het­ze der AfD auf, son­dern ver­stärkt bewusst den gesell­schaft­li­chen Rechtsruck.

Grafik: D. R. (Bearbeitung und Foto: Avanti².)

Gra­fik: D. R. (Bear­bei­tung und Foto: Avanti².)

Kein Ver­trau­en in das Parlament …
1928 dich­te­te der Sati­ri­ker Kurt Tuchol­sky: „Ob die Funk­tio­nä­re ganz und gar ver­ros­ten – is ja janz ejal! Ob der schö­ne Rudi den Minis­ter­pos­ten end­lich kriegt – (das wird nicht bil­lig kos­ten): is ja janz ejal! Dein Geschick, Deutsch­land, machen Indus­trien, Ban­ken und die Schif­fahrts­kom­pa­nien – welch ein Bums­thea­ter ist die Wahl!“

Den­noch sind uns Wah­len und das Par­la­ment nicht egal. Ers­tens bie­ten sie die Mög­lich­keit, poli­ti­sche Zie­le zu ver­brei­ten. Zwei­tens muss ver­hin­dert wer­den, dass Faschis­ten Wah­len gewin­nen und den par­la­men­ta­ri­schen Macht­ap­pa­rat über­neh­men kön­nen, um so den Staat in eine auto­ri­tä­re Dik- tat­ur umzubauen.

Aber eine anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche, öko­lo­gi­sche, eman­zi­pa­to­ri­sche und basis- und räte­de­mo­kra­ti­sche Ver­än­de­rung kann mit Wah­len oder par­la­men­ta­ri­schen Mit­teln nicht durch­ge­setzt wer­den. Dazu ist der gesam­te par­la­men­ta­ri­sche Appa­rat mit sei­nen Aus­schüs­sen und sei­ner Minis­te­ri­al­bü­ro­kra­tie viel zu tief in den bür­ger­lich-kapi­ta­lis­ti­schen Staat inte­griert. Er ist dar­auf aus­ge­rich­tet, die kapi­ta­lis­ti­sche Pro­fit­wirt­schaft auf­recht zu erhal­ten. Und nicht zuletzt neh­men Kon­zer­ne, Invest­ment­fonds und Mil­li­ar­dä­re mas­siv Ein­fluss auf Poli­tik und Gesetzgebung.

… son­dern in die eige­ne Kraft
Eine Poli­tik im Inter­es­se der arbei­ten­den Klas­se muss unter ande­rem Arbeits­platz­ver­nich­tung, Sozi­al­ab­bau, Woh­nungs­not, Kli­ma­zer­stö­rung, Auf­rüs­tung, Ras­sis­mus, Faschis­mus, Anti­se­mi­tis­mus und Islam­feind­lich­keit bekämp­fen sowie für Frau­en­rech­te und die uni­ver­sel­len Grund- und Men­schen­rech­te eintreten.

Eine sol­che Poli­tik kann nur mit Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und eigen­stän­di­gen, außer­par­la­men­ta­ri­schen Kämp­fen durch­ge­setzt wer­den. Nur so kann die Kapi­tal­macht auf betrieb­li­cher und poli­ti­scher Ebe­ne erfolg­reich bekämpft wer­den. Nur so wird es gelin­gen, den poli­ti­schen Rechts­ruck umzu­keh­ren. Nur so kön­nen par­la­men­ta­ri­sche Mehr­hei­ten ver­än­dert und Ent­schei­dun­gen beein­flusst wer­den. Nur so lässt sich letzt­end­lich wie­der eine kämp­fe­ri­sche und attrak­ti­ve Lin­ke aufbauen.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2025
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