„Gelebte Demokratie“ zur Unterstützung des Faschismus?
E. B.
Einen „Marsch aufs Schloss“ hatten Querleugner-Kanäle für den 28. Mai 2022 in Neustadt an der Weinstraße angekündigt.
Aufgerufen zur Umwidmung des „Demokratiefestes“ auf dem Hambacher Schloss hatten unter anderem der Unternehmer und „Corona- Aktivist“ Wolfgang Kochanek, die örtliche „AfD“ und die „Freien Pfälzer“.
Ihre Demo war nicht erlaubt worden. Solange wie geladene Gäste an der Festveranstaltung teilnahmen, hinderte die Polizei zunächst die trotz Verbots angetretene Menge aus meist männlichen Impfgegnern, Neofaschisten, Reichsbürgern und Verschwö- rungsideologen am Zutritt. Danach wurde der rechte Marsch „spontan“ genehmigt.
3.000 konnten so ungehindert auf das Schlossgelände vordringen. Antisemitische und den Holocaust relativierende Parolen waren zu hören. Aktivistinnen und Aktivisten der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt und des Bündnisses gegen Rechts, die Infostände auf der Schlossterrasse aufgebaut hatten, wurden von dem braunen Pöbel beleidigt und mit Müll beworfen. Auf Drängen der Polizei mussten sie ihre Stände abbauen, um die rechten Marschierer nicht „zu provozieren“.
Das Regionale Bündnis gegen Rechts Neustadt bezeichnete danach in einer Stellungnahme das Fest als gescheitert und forderte „eine lückenlose Aufarbeitung der Vorfälle“. Dem Bündnis zufolge „scheint das Hambacher Demokratiefest in einer Reihe [von] … rechten Erfolgen, symbolträchtige Orte der Demokratie zu okkupieren, zu stehen. Dies hätte nicht geschehen dürfen.“
Stadt und Polizei hingegen sprechen in Zusammenhang mit der rechten Demo, aus der Antifaschistinnen und Antifaschisten bedroht und die Erinnerung an die Opfer von Nazi-Terror und Holocaust ver- höhnt wurde, von „gelebter Demokratie“. Das muss, wie es die VVN-BdA formulierte, als „zynische Verdrehung der Tatsachen“ angesehen werden. Denn dieses Demokratiefest der besonderen Art war ein weiteres Beispiel des verständnisvollen Umgangs von etablierter Politik und Polizei mit den Feinden demokratischer Grund- und Menschenrechte.