Profitgier als Ursache?
R. S.
Am 17. Oktober 2016 erschütterte ein schwerer Unfall das BASF-Stammwerk in Ludwigshafen/Rhein. Aufgrund dessen sind bisher fünf Menschen gestorben. 44 weitere Kollegen sind bis heute noch nicht wieder gesund.
Jetzt kam die Nachricht, der Schuldige sei gefunden worden. Endlich!?
Ein 62-jähriger Arbeiter hätte die Explosion zu verantworten. Jedenfalls wird die Staatsanwaltschaft Frankenthal ihn anklagen, einen berufserfahrenen Beschäftigten der von der BASF beauftragten Spezialfirma für Rohrleitungsbau. Er selbst erlitt bei dem Unglück schwere Verletzungen, und er kann sich bis heute nicht an die damaligen Vorgänge erinnern.
Seine Aufgabe war es gewesen, mit einem Winkelschleifer eine entleerte Rohrleitung abzutrennen. Nach jetzigen Erkenntnissen soll er versehentlich eine daneben befindliche Rohrleitung mit der Trennscheibe angeschnitten haben. Diese Leitung war befüllt mit einem leicht entzündlichen Gasgemisch. Was dann passierte, war eine Kettenreaktion. Ein Feuer brach aus. Die starke Erhitzung durch den Brand verursachte die Explosion weiterer Leitungen.
Auf den Fotos, die nach dem Unglück veröffentlicht worden sind, sieht mensch einen breiten Rohrgraben, in dem mehr als zwanzig Leitungen parallel verlaufen. Sie liegen nur mit geringem Abstand direkt nebeneinander, sind etwa gleich breit und grau eingefärbt.
„Höchste Sicherheitsstandards?“
Das also ist die reale Arbeitssicherheit eines der größten Chemiekonzerne der Welt in seinem riesigen Ludwigshafener Werk. Die BASF rühmt sich gerne, dass sie die größten Erfahrung und die höchsten Sicherheitsstandards in der Branche besitzen würde.
Es sind im Laufe ihrer 150-jährigen Geschichte viele Unglücke in dieser Fabrik geschehen. Und trotzdem sind die fraglichen Rohre nicht farblich markiert, um sie besser unterscheiden zu können. Und dennoch werden die Nachbarrohre vor einer Reparatur nicht entleert, um mögliche Gefährdungen auszuschließen. Das System hat offensichtlich nicht einem ganzheitlichen und präventiven Arbeitsschutz entsprochen.
Konnte sich denn niemand vorstellen, dass ein Arbeiter (zumal einer Fremdfirma) bei diesen vielen, identisch aussehenden Rohrleitungen den Überblick verliert und daneben greift? Konnte sich niemand vorstellen, dass man beim Hantieren mit einer Trennscheibe ausrutschen kann, und einige Zentimeter daneben trifft?
Der Kollege ist ein Fachmann, aber er kommt nur für diese Arbeit und vielleicht nur an dem einen Tag. Stand er zudem vielleicht unter Zeitdruck? Auch wenn man ihm die Dicke der Rohre erklärt und Einzelheiten benannt haben sollte, ist er ein externer Kollege ohne Erfahrung an diesem Rohrgraben. Steht ein Aniliner neben ihm? Die BASF-Führung hat noch viele Fragen zu beantworten. Arbeitsschutz ist eine zentrale Führungsaufgabe, die sogar gesetzlich geregelt ist.
Offenbar gilt aber in der Bundesrepublik im übertragenden Sinne nach wie vor der alte Spruch: „Die Kleinen hängt man und die Großen lässt man laufen.”