Prävention statt profitorientiertes Chaos
K. O.
Der Beschluss der Bundesregierung, den bisherigen (völlig ungenügenden) Infektionsschutz ab dem 2. April 2022 fast vollständig aufzuheben, ist verheerend und menschenverachtend. Rekordzahlen bei den nachgewiesenen Ansteckungen, den hospitalisierten Krankheitsfällen und den Todesopfern verlangen einen konsequenten und sofortigen Kurswechsel. Erforderlich ist eine Politik, die für den bestmöglichen Schutz unserer Gesundheit und unseres Lebens einsteht.
Diesem Anliegen entsprechen die Vorschläge der ISO für einen gesellschaftlichen Plan zur aktuellen (und zukünftigen!) Pandemiebekämpfung. Sie lassen sich in fünf Punkten zusammenfassen.
1. Für das Recht auf wirksamen Infektionsschutz
Ständige, für alle Menschen verständliche Aufklärung über die Gefahren der Pandemie, über das Recht auf wirksamen Infektionsschutz und die Notwendigkeit der flächendeckenden Umsetzung der AHA-L-Regeln.
Im Interesse des Selbstschutzes und des Schutzes anderer vor Ansteckung ist die Einhaltung der Abstandsregeln und das Tragen von wirksamen Masken richtig.
Kostenlose FFP2-Masken für alle, flächendeckende, einfach zugängliche, kostenlose und zuverlässige Testmöglichkeiten überall: in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz während der Arbeitszeit, in Kitas und Schulen usw.
Verbindliche und einfach zu konkretisierende Infektionsschutz-Maßnahmen in allen gesellschaftlichen Bereichen – beginnend mit den Brennpunkten der Pandemie (Alten- und Pflegeheime, Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Flüchtlingsunterkünfte, Handels- und Industriebetriebe), aber auch im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, an Universitäten etc.
2. Impfen
Impfen ist neben der Prävention eine zentrale Einzelmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie. Wir treten für eine niedrigschwellige, aufsuchende, flächendeckende Impfkampagne ein, begleitet von Aufklärung über die Wirkung des Impfstoffs. Wir sind gegen eine allgemeine Impfpflicht, sie kann Bedenken und Ängste nicht ausräumen, nur verstärken. Denn gleichzeitig wird sichtbar, dass Impfen allein die Verbreitung neuer Mutationen des Virus nicht verhindert – zumindest solange nicht das Gros der Weltbevölkerung geimpft ist.
3. Gesundheitsschutz am Arbeits- und Ausbildungsplatz
Belegschaften und Betriebsräte müssen in die Lage versetzt werden, die Einhaltung der Arbeitsschutzregeln aktiv einzufordern und zu kontrollieren. Gewerkschaften müssen sie dabei konsequent unterstützen.
Das betrifft insbesondere die betriebliche und überbetriebliche Überprüfung der erforderlichen Gefährdungsbeurteilungen und der Einhaltung des TOP-Prinzips: Das heißt Umsetzung der nötigen technischen (z. B. Luftfilter), organisatorischen (z. B. Abstandsregelungen) und persönlichen Schutzmaßnahmen (z. B. FFP2-Masken).
Unternehmensleitungen, die das verweigern, müssen von den zuständigen Stellen kontrolliert und sanktioniert werden (Berufsgenossenschaften, Gesundheitsämter und Gewerbeaufsichtsämter).
Überall, auch dort wo es keine formale Interessenvertretung gibt, müssen Beschäftigte das Recht erhalten, von ihnen bestimmte Gesundheitsschutz-Kommissionen einzurichten und darin tätig zu werden. Gewerkschaften müssen dies unterstützen.
Wirksame Durchsetzung des Rechts zur Bildung von Betriebsräten in allen Unternehmen mit mindestens fünf Beschäftigten. Konsequente politische und strafrechtliche Abwehr von Betriebsratsmobbing und Gewerkschaftsbekämpfung.
Erkrankungen an COVID-19 und häusliche Quarantäne dürfen nicht zu Arbeitsplatz- oder Einkommensverlust führen.
Statt „Homeoffices“ müssen Unternehmen Telearbeitsplätze zur Verfügung stellen, die gemäß Arbeitsstättenverordnung eingerichtet sind.
4. Ein vorbeugendes und öffentliches Gesundheitssystem
Wiederaufbau und -ausbau der durch die neoliberale Politik weitgehend handlungsunfähig gemachten Gesundheitsämter, der staatlichen Gewerbeaufsicht und der Berufsgenossenschaften.
Aufstockung und Qualifizierung des Personals in diesen Bereichen, damit in einem Pandemiefall die Nachverfolgung und Unterbrechung von Infektionsketten sowie die Aufsicht über Betriebe und Einrichtungen, die die Schutzmaßnahmen vor Ansteckungen nicht sicherstellen, möglich sind.
Die Privatisierung und Schließung von Klinken muss gestoppt werden. Abkehr vom System der Fallpauschalen und von der profitorientierten Ausrichtung auch öffentlicher Krankenhäuser. Unterstützung der Tarifbewegungen für mehr und besser bezahltes und qualifiziertes Personal, gesundheitsschützende Arbeitsbedingungen sowohl in der Kranken- als auch in der Altenpflege.
Für ein präventives, an den Interessen der Patient*innen ausgerichtetes, öffentliches Gesundheitssystem als integraler Bestandteil der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge, das nicht nur gute Arbeit und gute Einkommen für die Beschäftigten sicherstellt, sondern ihnen auch wirksame Entscheidungs- und Kontrollrechte einräumt.
Einrichtungen des Gesundheitswesens, selbst bereits privatisierte, gehören in Öffentliche Hand – nicht nur Krankenhäuser, auch Pflegeeinrichtungen, Pflegedienste, Altenheime, Rettungsdienste, Testeinrichtungen.
5. Internationale Solidarität
Freigabe aller Impfstoff- und Medikamentenpatente gemäß Artikel 14 GG (Durchsetzung der Sozialbindung des Eigentums) und Unterstützung aller internationalen Initiativen für ein an der Gesundheit der Menschen ausgerichtetes, demokratisch kontrolliertes System des Infektionsschutzes sowie der Produktion und Verteilung von Masken und Impfstoffen
Diese Vorhaben sind von den Profiteuren der Pandemie zu finanzieren: Erhebung einer Solidaritätsabgabe, Beendigung der Steuerflucht, Wiedereinführung einer Vermögenssteuer für alle zu versteuernde Jahreseinkommen ab 250.000 Euro.
Ein derartiger Plan wird letztendlich nur durch massiven, über die einzelnen Bereiche hinweg koordinierten Druck von unten durchgesetzt werden können. Erforderlich ist deshalb der Aufbau einer sozialen und ökologischen Front, die für klassenpolitische Solidarität nicht nur in Zeiten der Pandemie eintritt. Sie ist die Voraussetzung, um den Widerstand gegen die herrschende Politik mit der Abwehr der rechten, coronaleugnenden Bewegung konsequent zu verbinden.
Die Ursachen der Pandemie müssen international bekämpft werden – insbesondere die kapitalistische „Globalisierung“ und die damit verbundene Ausbeutung und Zerstörung von Mensch und Natur.
Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite!
Koordination der ISO, 27. März 2022