Bedrohliche Verarmung?
E. B.
Am 7. Februar 2023 stand die Kundgebung des Aktionsbündnisses „Solidarität statt Preistreiberei!“ auf dem Paradeplatz im Zeichen der bedrohliche Ausmaße annehmenden Verarmung.
Zum Auftakt der Februar-Veranstaltung hielt ein Vertreter des Aktionsbündnisses eine Rede zum Thema. Danach berichtete ein Gewerkschaftssekretär von ver.di über die laufende Tarif- runde im Öffentlichen Dienst. Zu guter Letzt sprach ein Mitglied der SDAJ zu den Herausforderungen des Kampfs gegen Teuerung.
Wir dokumentieren im Folgenden den Beitrag des Aktionsbündnisses mit redaktionell eingefügten Zwischenüberschriften.
„Im Mittelpunkt unserer Protestaktion steht dieses Mal die bedrohliche weitere Verarmung vor allem von Bezieher:innen kleiner und mittlerer Einkommen.
Wir solidarisieren uns auch deshalb ausdrücklich mit den laufenden gewerkschaftlichen Tarifbewegungen für höherere Realein- kommen bei Coca Cola, der Deutschen Post AG, T-Max und im Öffentlichen Dienst. Wir fordern zudem zur Solidarität mit den gewerkschaftlichen Massenprotesten in Frankreich gegen die „Rentenreform“ oder in Bri- tannien gegen die Einschränkung des Streik- rechts auf.
Drastische Verschärfung der Armut
Eine von der Hilfsorganisation Oxfam durchgeführte aktuelle Analyse zeigt, dass im Jahr 2022 für mindestens 1,7 Milliarden abhängig Beschäftigte die Inflation das Lohnwachstum übersteigt. Dadurch wird die soziale Ungleichheit noch weiter zunehmen und die Armut sich drastisch weiter verschärfen.
Daten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) belegen, dass Lohnarbeitenden Reallohnverluste in Höhe von 337 Milliarden US-Dollar drohen. Am stärksten betroffen seien Frauen und Menschen mit einer Herkunft aus dem Ausland.
In krassem Gegensatz dazu steht die enorme Anhäufung von neuem Reichtum bei einem winzigen Teil der Menschheit. Laut Oxfam hat das reichste Prozent der Menschheit sich seit 2020 fast zwei Drittel des gesamten neu erwirtschafteten weltweiten Vermögens angeeignet.
Deutschland weist bezeichnenderweise im Vergleich zu anderen EU- oder OECD-Ländern die höchste Ungleichheit bei privaten Vermögen auf.
Paradies für Superreiche und Konzerne
Laut Oxfam verfügten 2021 die reichsten zehn Prozent hierzulande über mehr als zwei Drittel des gesamten Privatvermögens, das reichste Prozent mehr als ein Drittel und allein die reichsten 0,1 % etwa ein Fünftel.
Hingegen besitzen die ärmsten 50 % der Bevölkerung mit nur 1,3 % kein nennenswertes Vermögen. Viele von ihnen haben kaum oder gar keine Rücklagen für schwere Zeiten oder sind sogar verschuldet. Laut Sparkassen- und Giroverband haben mittlerweile 40 % ihre Girokonten überzogen und müssen Dispokredite zu Wucherzinsen in Anspruch nehmen.
Die Armut wächst in Deutschland rasant.
Um nur zwei Beispiele zu nennen: Die „Tafeln“ können dem Andrang von hungrigen Menschen nicht mehr Herr werden. Und mittlerweile ist fast jeder fünfte Renten-Beziehende über 65 Jahre von Altersarmut betroffen. Frauen sind davon beson- ders betroffen. Ihre Durchschnittsrente lag 2021 bei 832 Euro monatlich.
Diese Entwicklungen fallen nicht vom Himmel. Sie sind Ausdruck einer Politik, die Superreiche und Konzerne steuerlich und durch den Ausbau eines riesigen Billiglohnsektors hemmungslos begünstigt.
Wir meinen: Es ist höchste Zeit, das Übel an der Wurzel zu packen. Unsere Leben sind mehr wert als die Profite einer kleinen Minderheit! Deshalb: Solidarität statt Preistreiberei!“
Die nächste Protestversammlung gegen Preistreiberei findet am Dienstag, den 7. März 2023, um 18:00 Uhr ebenfalls auf dem Paradeplatz statt.