Stel­lung­nah­me der ISO zum Ukraine-Krieg

Waf­fen­still­stand sofort!
Rus­si­sche Armee raus aus der Ukraine!
Die Kriegs­trei­ber in Ost und West stoppen!
Nein zu Krieg und Aufrüstung!


Vorbemerkung

Der Über­fall rus­si­scher Streit­kräf­te auf die Ukrai­ne bewegt Men­schen welt­weit. Dis­kus­sio­nen jeder Art ent­zün­den sich an die­sem Krieg. In der ver­öf­fent­lich­ten Mei­nung der kapi­ta­lis­ti­schen Staa­ten, in der poli­ti­schen Lin­ken, in den Frie­dens­be­we­gun­gen, in Gewerk­schaf­ten und Par­tei­en: Über­all ver­su­chen die Men­schen die neue Situa­ti­on zu ver­ste­hen. Auch in der ISO dis­ku­tie­ren wir leb­haft und enga­giert miteinander.

Ostermarsch Mannheim, 16. April 2022. (Foto-Avanti².)

Oster­marsch Mann­heim, 16. April 2022. (Foto-Avan­ti².)

Wir ver­öf­fent­li­chen des­halb in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den Erklä­run­gen zum Krieg in der Ukrai­ne. Wir sind ‒ wie vie­le ande­re auch ‒ in einem Pro­zess der Mei­nungs­bil­dung. Wir ver­fü­gen über einen gro­ßen Vor­rat an Erkennt­nis­sen aus der Geschich­te und der Geschich­te unse­rer eige­nen Strö­mung, aber wie immer sind dies kei­ne unum­stöß­li­chen Weis­hei­ten, die für alle Zeit in Stein gemei­ßelt sind. Die Leh­ren aus der Geschich­te müs­sen jedes Mal neu auf die Wirk­lich­keit ange­wen­det werden.
Die­ser Her­aus­for­de­rung stel­len wir uns, und dies spie­gelt sich auch in einer lau­fen­den Aktua­li­sie­rung unse­rer Erklä­run­gen wider.

Nein zum Über­fall des Putin-Regimes auf die Ukraine
Der ver­bre­che­ri­sche Über­fall der rus­si­schen Kriegs­macht auf die Ukrai­ne ist eine huma­ni­tä­re Kata­stro­phe. Tau­sen­de Men­schen sind schon jetzt ermor­det wor­den, Zehn­tau­sen­de ver­wun­det, Mil­lio­nen sind trau­ma­ti­siert und auf der Flucht. Außer mili­tä­ri­schen wer­den ver­mehrt auch zivi­le Objek­te ange­grif­fen und zer­stört. Nur knapp ist bis­her eine ato­ma­re Kata­stro­phe ver­hin­dert wor­den. Ein Ende der Kriegs­gräu­el ist nicht in Sicht.

Von Carl von Clau­se­witz stammt der berühm­te Satz: „Der Krieg ist eine blo­ße Fort­set­zung der Poli­tik mit ande­ren Mit­teln.“ Für den Krieg in der Ukrai­ne gilt: „Die­ser Krieg ist die Fort­set­zung der impe­ria­len Klas­sen­po­li­tik der Herr­schen­den Russ­lands mit ande­ren Mitteln.“

Putin ist der „star­ke Mann“ des rus­si­schen Olig­ar­chen­ka­pi­ta­lis­mus. Das stra­te­gi­sche Ziel der Herr­schen­den in Russ­land ist die Aus­wei­tung ihres Ein­flus­ses. Putin setzt die Poli­tik des Zaren­reichs und der Dik­ta­tur Sta­lins gegen­über Nach­bar­staa­ten Russ­lands fort. Des­halb pro­pa­giert Putin einen groß­rus­si­schen Chau­vi­nis­mus. Zudem wird auch in Russ­land selbst und in den von Russ­land abhän­gi­gen Staa­ten, wie vor weni­gen Wochen in Kasach­stan, jede Art von Pro­test, Oppo­si­ti­on, Streik und Mas­sen­be­we­gung bru­tal unterdrückt.

Unse­re Hal­tung zum Ukrai­ne-Krieg ist ein­deu­tig. Wir ver­ur­tei­len ihn als men­schen­ver­ach­ten­den Akt des kapi­ta­lis­tisch-olig­ar­chi­schen Putin-Regimes. Wir sind für den umge­hen­den Abzug der rus­si­schen Armee aus der Ukraine.

Wir ver­tei­di­gen das Selbst­be­stim­mungs­recht der Ukrai­ne und der dort leben­den Völ­ker. Die Ukrainer*innen haben das Recht, sich gegen den Über­fall zu ver­tei­di­gen. Wir sind für unein­ge­schränk­te huma­ni­tä­re Hil­fe für alle Opfer des Krie­ges und die Auf­nah­me aller Flüchtlinge.

Wir sind ins­be­son­de­re mit den Kräf­ten in der Ukrai­ne soli­da­risch, die sich gegen Putins Über­fall stel­len, die die Men­schen- und Grund­rech­te ver­tei­di­gen und die gegen die Aus­plün­de­rung ihres Lan­des kämpfen.

Natür­lich ste­hen wir auch auf der Sei­te der muti­gen Anti­kriegs­pro­tes­te in Russ­land und ver­ur­tei­len die Ver­haf­tun­gen und wei­ter­ge­hen­de Repression.

Wei­te­re Waf­fen­lie­fe­run­gen und Auf­rüs­tung wer­den den Krieg nicht been­den ‒ im Gegen­teil. Wir betei­li­gen uns des­halb aktiv an anti­mi­li­ta­ris­ti­schen Pro­tes­ten und tre­ten für ihre Aus­wei­tung ein.

Ostermarsch Mannheim, 16. April 2022. (Foto-Avanti².)

Oster­marsch Mann­heim, 16. April 2022. (Foto-Avan­ti².)

Mil­lio­nen von Men­schen in aller Welt sind auf den Stra­ßen gegen die Gei­ßel der Mensch­heit, gegen die Schre­cken des Krie­ges. Zurecht! Tod, Elend, Ver­trei­bung, Flucht tref­fen in jedem Krieg die nor­ma­len Men­schen. Die Ver­ant­wort­li­chen, die Befehls­ha­ber und Pro­fi­teu­re des Krie­ges sit­zen weit ab in Sicherheit.

Der impe­ria­lis­ti­sche Krieg des Putin-Regimes gegen die Ukrai­ne ist für die NATO und alle mili­ta­ris­ti­schen Kräf­te ein will­kom­me­nes Geschenk. Ins­be­son­de­re in Deutsch­land hat dies dazu bei­getra­gen, dass die pazi­fis­ti­sche Grund­stim­mung der­zeit in eine beacht­li­che Unter­stüt­zung für den Auf­rüs­tungs­kurs der Bun­des­re­gie­rung gekippt ist.

Gegen Auf­rüs­tung und Krieg
Im Jahr 2020 betru­gen laut dem schwe­di­schen Frie­dens­for­schungs­in­sti­tut SIPRI die welt­wei­ten Mili­tär­aus­ga­ben rund zwei Bil­lio­nen US-Dol­lar. Die der NATO-Staa­ten Deutsch­land, Bri­tan­ni­en und Frank­reich belie­fen sich im sel­ben Jahr auf rund 165 Mil­li­ar­den Dol­lar und die der USA auf 778 Mil­li­ar­den. In der Sum­me wären dies das Fünf­zehn­fa­che der rus­si­schen Rüstungsausgaben.

SIPRI zufol­ge hat­te Deutsch­land bereits 2020 mit 52,8 Mil­li­ar­den Dol­lar den siebt­größ­ten Rüs­tungs­etat der Welt. Die BRD gab damit „nur“ 8,9 Mil­li­ar­den weni­ger als Russ­land (62 Mil­li­ar­den Dol­lar) aus. Die deut­schen Mili­tär­aus­ga­ben stie­gen in den letz­ten zehn Jah­ren um 28 Prozent.

Mit den glo­ba­len Mili­tär­aus­ga­ben könn­te welt­weit der Hun­ger besei­tigt, Pan­de­mien bekämpft, die Kli­ma­ka­ta­stro­phe abge­wehrt und Bil­dung für alle finan­ziert wer­den. Krie­ge um Macht und Ein­fluss der Herr­schen­den for­dern von den arbei­ten­den Klas­sen sinn­lo­se Opfer, ob als uni­for­mier­tes Kano­nen­fut­ter oder als zivi­les Bombenopfer.

Bun­des­kanz­ler Scholz schwa­dro­nier­te jüngst im Bun­des­tag von einer „Zei­ten­wen­de“. Mit sei­nem Coup lei­te­te er die Wen­de zu noch mas­si­ve­rer Auf­rüs­tung und Umver­tei­lung von unten nach oben ein. Zusätz­lich zu einem im Grund­ge­setz zu ver­an­kern­den „Son­der­ver­mö­gen“ von 100 Mil­li­ar­den Euro sol­len jähr­lich mehr als zwei Pro­zent des Brut­to­in­lands­pro­dukts für die Bun­des­wehr zur Ver­fü­gung gestellt wer­den. Der „Ver­tei­di­gungs­haus­halt“ von 52,8 Mil­li­ar­den US-Dol­lar (2020) stie­ge damit auf über 70 Mil­li­ar­den pro Jahr.

Die Stei­ge­rung der Rüs­tungs­aus­ga­ben wird die­sen Krieg weder been­den noch ver­kür­zen. Aller­dings sind die Akti­en­kur­se der deut­schen Rüs­tungs­kon­zer­ne in weni­gen Tagen um bis zu 89 Pro­zent gestie­gen. Und bezeich­nen­der­wei­se sieht die Bun­des­re­gie­rung bis­her dem hem­mungs­lo­sen Trei­ben der Kriegs­ge­winn­ler (Öl-, Ener­gie-, Che­mie-, Rüs­tungs­kon­zer­ne …) taten­los zu.

Die Herr­schen­den haben nicht nur in Deutsch­land einen mas­si­ven Wirt­schafts­krieg gegen Russ­land begon­nen. Die­ses Vor­ge­hen wird ver­harm­lo­send „Sank­tio­nen“ genannt. Aber wird es durch die­se Sank­tio­nen für das Putin-Regime unmög­lich, den Krieg wei­ter zu finan­zie­ren? Das Geld, das in Steu­er­oa­sen geparkt ist, hat kei­nen Pass auf dem „Rus­sisch“ steht. Die Akti­en­pa­ke­te und Invest­ment­fonds ken­nen kein „Vater­land“. Die Olig­ar­chen Russ­lands sind auf Engs­te ver­schmol­zen mit den Kon­zer­nen und Mil­li­ar­dä­ren über­all auf der Welt.

Was tun?
Demos sind gut, aber nicht aus­rei­chend. War­um soll­ten wir kei­ne Frie­dens­pau­sen in Betrie­ben, Schu­len und Unis gegen den Ukrai­ne-Krieg und gegen die Auf­rüs­tung organisieren?

Es ist drin­gend erfor­der­lich, eine brei­te, inter­na­tio­na­le Bewe­gung gegen den Krieg in der Ukrai­ne und gegen alle Kriegs­trei­ber aufzubauen.

Heu­te steht das Ende des Krie­ges in der Ukrai­ne im Vor­der­grund. Dar­über hin­aus sehen wir als inter­na­tio­na­le Sozialist*innen, dass es in einem sich ver­schär­fen­den Kon­flikt Russ­land – NATO kei­ne gerech­te Sei­te gibt.

Unse­re Per­spek­ti­ve ist eine ande­re. Wir sind für:
• die sofor­ti­ge Been­di­gung des rus­si­schen Angriffs auf die Ukraine
• den Rück­zug der rus­si­schen Armee aus der Ukrai­ne und ihren Grenz­ge­bie­ten sowie der NATO-Trup­pen aus Osteuropa
• unein­ge­schränk­te huma­ni­tä­re Unter­stüt­zung der Zivil­be­völ­ke rung und die demo­kra­tisch kon­trol­lier­te Ver­tei­lung von Hilfs gütern
• die ent­schä­di­gungs­lo­se Ent­eig­nung der Aus­lands­ver­mö­gen vor allem der rus­si­schen aber auch der ukrai­ni­schen Olig­ar­chen, um damit die huma­ni­tä­re Hil­fe für alle Kriegs­op­fer zu bezahlen 
• die poli­tisch unein­ge­schränk­te Unter­stüt­zung aller, die in Russ land für ein Ende des Krie­ges und für die Ein­hal­tung der Men schen- und Grund­rech­te eintreten
• die äußerst wich­ti­ge Soli­da­ri­tät mit den sozia­len, demo­kra­ti schen und sozia­lis­ti­schen Kräf­ten in Russ­land und der Ukraine
• die Auf­nah­me aller Flüch­ten­den aus der Ukrai­ne und einen so for­ti­gen Stopp der unglei­chen Behand­lung ande­rer Flüch­ten der – glei­che Rech­te für alle
• unkom­pli­zier­te Auf­nah­me von Flüch­ten­den aus Russ­land und deser­tie­ren­der Soldaten 
• die Unter­stüt­zung aller, die sich dem Krieg ent­zie­hen durch Flucht, Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rung und Desertion
• die Ver­nich­tung aller Atom­waf­fen und die Still­le­gung aller Atom- kraftanlagen
• den Rück­zug aller deut­schen Trup­pen aus dem Ausland
• den Stopp der wei­te­ren Auf­rüs­tung der Bundeswehr
• die Umwand­lung des 100 Mil­li­ar­den Euro umfas­sen­den „Son der­ver­mö­gens“ und des jähr­li­chen Rüs­tungs­bud­gets von 70 Mil liar­den Euro in einen demo­kra­tisch kon­trol­lier­ten öffent­li­chen Fonds für alter­na­ti­ve Frie­dens­si­che­rung, sozia­le Ver­tei­di­gung, Bil dung, Gesund­heit und Klimaschutz
• die Ver­ge­sell­schaf­tung und den Umbau der Rüs­tungs­in­dus­trie sowie für den Ein­zug der Extra­pro­fi­te der Kriegs­ge­winn­ler (Rüs tungs-, Öl-, Gas- und Strom­kon­zer­ne …) und ihre demo­kra­tisch kon­trol­lier­te Umver­tei­lung für sozia­le und öko­lo­gi­sche Zwecke
• den Aus­tritt Deutsch­lands aus der NATO und deren Auflösung
• inter­na­tio­na­le Klas­sen­so­li­da­ri­tät gegen die „Olig­ar­chen“ über all auf der Welt!

Wir wis­sen, dass die­se und mög­li­che ande­re For­de­run­gen nur durch eine star­ke und gut ver­netz­te anti­mi­li­ta­ris­ti­sche sozia­le Bewe­gung sowohl auf natio­na­ler als auch auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne durch­zu­set­zen ist. Wir wis­sen auch, dass es dafür einer mas­si­ven Stär­kung von orga­ni­sier­ter und orga­ni­sie­ren­der Gegen­macht der arbei­ten­den Klas­se bedarf. Dafür set­zen wir uns gemein­sam mit ande­ren ein.

Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Mai 2022
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