Das war der 1. Mai 2023 in Mannheim
K. S.
Bei bestem Wetter zog die diesjährige 1. Mai-Demonstration des DGB unter dem Motto „Ungebrochen Solidarisch“ um 10 Uhr vom Gewerkschaftshaus über den Friedensring und die Planken zum Marktplatz in Mannheim.
Getragen von den verschiedenen Einzelgewerkschaften, einem Jugendblock und einem eigenen antikapitalistischen Block zeigte der Demonstrationszug die Vielfalt der politischen Strömungen und sozialen Initiativen, die sich der Gewerkschaftsbewegung verbunden fühlen.
In der Tradition der Arbeiterbewegung ist der Erste Mai „das Ineinander von Demonstration und Fest, von Arbeitswelt und künstlerischer Produktion, Literatur, Theater, Gesang; die Bedeutung des Verhältnisses zur Natur und das Bedürfnis, ihr Bild auf den Prozess der gesellschaftlichen Emanzipation zu übertragen (das Erwachen der Natur als Symbol des Erwachens der Gesellschaft; die Sonne des Ersten Mai , die die Rechte des Klassenkampfs ins Licht setzt; das Bild eines leuchtenden Tagesanbruchs, usw.).“ *
So auch in Mannheim. Die Sonne war da. Der Marktplatz voll und als Ankunftsort der Demonstration von einer großen Bühne und vielen Ständen umrahmt. Die zentrale 1. Mai-Rede von Sylvia Bühler vom ver.di-Bundesvorstand war überraschend kämpferisch.
Antikapitalistische Sozialkritik
Sylvia Bühler sprach über die notwendige Gegenwehr in Zeiten sich zuspitzender sozialer Krisen. In einem großen Rundumschlag vom Mindestlohn bis zur Gesundheitsversorgung zeigte sie auf, dass auch bei ver.di die Konfliktfähigkeit nur durch die eigene Stärke zu sichern und auszubauen ist.
Das politische Theater kam durch die viel beklatschte szenische und satirische Inszenierung der Gewerkschaftsjugend zu seinem Recht. Darin verbanden die jungen Kolleginnen und Kollegen antikapitalistische Sozialkritik mit dem Aufruf zu verstärkter gewerkschaftlicher Gegenwehr.
Ralf Heller, Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes Rhein-Neckar West und Betriebsratsvorsitzender des Mannheimer Uni-Klinikums (UMM), hatte dafür gesorgt, dass brennende Themen wie Krankenhausfinanzierung und der erbärmliche Zustand des Gesundheitswesens im Allgemeinen bei der Gewerkschafts-Kundgebung einen Schwerpunkt bildeten. Dazu hielt auch Sebastian Höhn, Vertrauenskörperleiter des UMM, einen kämpferischen Beitrag.
Aktuelle Tarifkonflikte im Bereich seiner Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten sprach Kai Eifler an. Insbesondere nahm er Bezug auf die Warnstreiks bei Bäckerbub.
„Nur wer kämpft, zeigt Stärke.“
Schließlich kam durch Wolfgang Alles, Sprecher des Überbetrieblichen Solidaritätskomitees Rhein-Neckar, der anhaltende Skandal des Betriebsratsmobbings am Beispiel ProMinent zur Sprache, der Firma des BDA-Präsidenten Dulger.
Die musikalische Begleitung durch Megaton entsprang nicht dem Liedgut der Arbeiterbewegung, sondern der Tradition des Punkrock. Doch sorgte auch dies bei vielen Anwesenden für gute Laune, da die Band aus Heidelberg mit tollem Gesang und rockigen Riffen – wenn auch zu laut – einzuheizen wusste.
Insgesamt beteiligten sich nach DGB-Angaben rund 1.600 Menschen am Ersten Mai in Mannheim.
Bei Sonnenschein und guten Gesprächen ließ sich an diesem Ersten Mai Kraft tanken für die kommenden Auseinandersetzungen. Wie war in dem von Aktiven der ISO-Rhein-Neckar verteilten Flugblatt zu lesen? „Nur wer kämpft, zeigt Stärke.“ Und: „Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite!“
* [Andrea Panaccione, „Erster Mai“, in: Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 3, Hamburg 1997, S. 827.]