Klas­sen­kampf von oben

Weg­du­cken oder wehren?

N.B.

Am Frei­tag, den 25. Juni, dis­ku­tier­ten wir in klei­ner, sehr enga­gier­ter Run­de über den ver­schärf­ten Klas­sen­kampf von oben und über Mög­lich­kei­ten der Gegen­wehr. Nach sech­zehn rein vir­tu­el­len Bil­dungs­aben­den konn­ten wir uns erst­mals wie­der in hybri­der Form austauschen.

Unser Refe­rent gab in sei­ner Ein­lei­tung einen umfas­sen­den Über­blick über die bedroh­li­chen gesell­schaft­li­chen Ent­wick­lun­gen, die alle­samt das Inter­es­se der Herr­schen­den bedie­nen. Vor dem Hin­ter­grund der kapi­ta­lis­ti­schen Aus­beu­tung von Men­schen und Natur ging er auf meh­re­re Berei­che ein.

FFF-Demo in Mannheim, 19. Juli 2019 (Foto:Privat)

FFF-Demo in Mann­heim, 19. Juli 2019 (Foto:Privat)

Zer­stö­rung, Spal­tung, Faschismus
Die Rüs­tungs­in­dus­trie brin­ge Gewin­ne durch Tod und Zer­stö­rung des mensch­li­chen Lebens und der Umwelt, unter ande­rem um welt­weit auf fos­si­le Ener­gie­trä­ger zugrei­fen zu kön­nen. Dafür wur­den im Jahr 2016 1,7 Bil­lio­nen US-Dol­lar aus­ge­ge­ben, wäh­rend in erneu­er­ba­re Ener­gien gera­de ein­mal 242 Mrd. Euro inves­tiert wor­den seien.

Gera­de in der aktu­el­len Kri­se und der Coro­na-Pan­de­mie neh­me die sozia­le Spal­tung wei­ter zu. Beson­ders betrof­fen sei­en davon Bewohner*innen von Gemein­schafts­un­ter­künf­ten: geflüch­te­te, obdach­lo­se, behin­der­te und pfle­ge­be­dürf­ti­ge Men­schen, aber auch Leiharbeiter*innen.

Die Armuts­ge­fähr­dungs­quo­te in Deutsch­land lie­ge bei 15 %, sei aber auf unter­schied­li­che Bevöl­ke­rungs­grup­pen sehr ungleich ver­teilt. Allein­er­zie­hen­de, migrier­te Men­schen, auch Kin­der und Jugend­li­che, sei­en stark betrof­fen. Am meis­ten wach­se momen­tan die Armut unter den alten Men­schen an.

Die­se zuneh­men­den Pro­ble­me berei­ten auch Ras­sis­mus und Natio­na­lis­mus einen frucht­ba­ren Boden. Die Gefahr des Faschis­mus neh­me deut­lich zu. Das zei­ge sich auch an den hun­der­ten jähr­li­chen Gewalt­ta­ten, von denen nur die auf­fäl­ligs­ten durch die Medi­en in eine brei­te gesell­schaft­li­che Wahr­neh­mung kämen. Spä­tes­tens seit dem NSU-Pro­zess sei die Ver­stri­ckung der faschis­ti­schen Bewe­gung mit dem Staats­ap­pa­rat nicht mehr zu leug­nen. Doch auch inner­halb von Tei­len der Bevöl­ke­rung wach­se die Bereit­schaft, sich mit faschis­ti­schen Orga­ni­sa­tio­nen und Par­tei­en zusam­men zu tun, wie das die „Querdenken“-Proteste gezeigt hätten.

Rück­sichts­lo­se Pro­duk­ti­on für Profite
Unser Refe­rent mach­te deut­lich, dass die Kli­ma­ka­ta­stro­phe bei all die­sen Pro­ble­men immer drän­gen­der die Fra­ge nach dem mensch­li­chen Über­le­ben stelle.

So dreh­te sich auch die Dis­kus­si­on zunächst um die­ses The­ma. Auf das Mär­chen des Umstiegs auf erneu­er­ba­re Ener­gien als ein­zig nöti­ge und mög­li­che Maß­nah­me dürf­ten wir nicht her­ein­fal­len. Viel­mehr sei eine grund­le­gen­de gesell­schaft­li­che Umge­stal­tung und die Ver­rin­ge­rung des Ener­gie­ver­brauchs erforderlich.

Im Kapi­ta­lis­mus füh­re die Kon­kur­renz zwi­schen den Unter­neh­men zu unnö­ti­ger Über­pro­duk­ti­on. Es wür­den voll­kom­men nutz­lo­se Waren für künst­lich erzeug­te Bedürf­nis­se oder für den mili­tä­ri­schen Kampf um Pro­fi­te und Macht pro­du­ziert. Unend­lich vie­le Kilo­me­ter über­flüs­si­ger Trans­port­we­ge wür­den zurückgelegt.
Der Kon­kur­renz­kampf um die höchs­ten Pro­fi­te die­ne den Inter­es­sen der herr­schen­den Klas­se, dem Kapi­tal, und am Ende sei die arbei­ten­de Klas­se die Leidtragende.

Soli­da­ri­sche Front und demo­kra­ti­sche Planung
Dem­ge­gen­über tre­ten wir für eine sozia­lis­ti­sche Gesell­schaft ein, in der die Pro­duk­ti­on nach den Bedürf­nis­sen der Men­schen demo­kra­tisch geplant und daher auch der Schutz der Umwelt und des Kli­mas ins Zen­trum gerückt wird.

Wie aber kom­men wir dahin? Einem gro­ßen Pro­blem­be­wusst­sein in Bezug auf gesell­schaft­li­che und öko­lo­gi­sche Fra­gen ste­he bei sehr vie­len eine gro­ße Rat­lo­sig­keit und das Gefühl der Aus­weg­lo­sig­keit in Bezug auf Alter­na­ti­ven ent­ge­gen. Die faschis­ti­sche Rech­te mache sich mit ihrem glo­ba­len auto­ri­tä­ren Auf­tre­ten die Schwä­che der Lin­ken zunut­ze. Dabei gebe es durch­aus vie­le eman­zi­pa­to­ri­sche und klas­sen­kämp­fe­ri­sche Ansät­ze. Die ver­schie­de­nen Strän­ge der Gegen­wehr gel­te es, in einer soli­da­ri­schen Front zusammenzuführen.

Unse­re Auf­ga­be als Sozialist*innen bestehe dar­in, die Betrof­fen­heit der Men­schen auf­zu­grei­fen und gegen die neo­li­be­ra­le Pro­pa­gan­da vom „alter­na­tiv­lo­sen“ Kapi­ta­lis­mus die Visi­on einer befrei­ten, demo­kra­ti­schen und bedürf­nis­ori­en­tier­ten Gesell­schaft zu ent­wi­ckeln. Dafür sei die Bil­dung einer organ­sier­ten poli­ti­schen Kraft erfor­der­lich, die die­ser Idee in den Bewe­gun­gen, den Kämp­fen und damit auch im Bewusst­sein zum Durch­bruch zu ver­hel­fen vermag.

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Juli/August 2021
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