Kapitalistische Barbarei oder Sozialismus?
U. D.
Am 14. November 2020 führte die ISO Rhein-Neckar ihr Herbstseminar „Schnell noch die Welt verändern?“ in „hybrider“ Form durch. Wir dokumentieren hier das Einleitungsreferat in einer überarbeiteten und komprimierten Fassung.
Krisen des Kapitalismus
Der globale Kapitalismus ist weit davon entfernt, eine friedliche, demokratische, freie und auf sozialer Gleichheit aller Menschen beruhende Welt zu schaffen. Vielmehr befindet er sich in einer tiefen Krise, die durch sich verschärfende „Teilkrisen“ gekennzeichnet ist. Sie erfassen so gut wie alle Bereiche: Klima, Wirtschaft, Ernährung, Gesundheit, Klassengesellschaft, Demokratie, Krieg, Bildung, Kultur, Flucht usw.
Die herrschende Klasse der Kapitalbesitzer hat ihre Antworten auf diese Krisen längst formuliert. Aber diese Antworten führen nicht zur Verbesserung der Lebenslage der übergroßen Mehrheit der Menschheit, sondern sollen „nur“ die Macht und den Reichtum der Herrschenden erhalten.
Die Folgen dieser Antworten sind verheerend:
• Die globalen Kapital- und Warenströme werden weiter liberali siert und dereguliert (z. B. TTIP, CETA). Damit werden regionale Wirtschafts- und Sozialstrukturen dem Zugriff des global agierenden Kapitals ausgeliefert.
• Die weltweite Konkurrenz verschärft sich bis hin zu „Wirtschaftskriegen“. Dies erhöht die Gefahr militärischer Konflikte.
• Immer mehr Waren sollen immer schneller und zu immer geringeren Kosten produziert werden. Dies führt zur fortgesetzten Ausbeutung natürlicher Ressourcen und menschlicher Arbeit.
• Die Machtkonzentration der „großen“ Kapitaleigner nimmt zu. Immer weniger Konzerne bestimmen die kapitalistische Welt wirtschaft.
• Belegschaften sind schier ununterbrochen mit Umstrukturierungen, Arbeitsverdichtung, Verkäufen, Entlassungen usw. konfrontiert.
• Prekäre und flexible Formen der Arbeitsverhältnisse werden weltweit durchgesetzt: Leiharbeit, Werkverträge, Befristungen, ungewollte Teilzeit usw.
• Die soziale Ungleichheit, d. h. die Konzentration des Reichtums, nimmt zu.
• Die sozialen Sicherungssysteme werden seitens der herrschenden Klasse permanent in Frage gestellt, unterhöhlt oder gar völlig beseitigt.
• Das gesamte menschliche Leben soll dem Kapital als Investitionsfeld zur Verfügung gestellt werden: Ernährung, Wasser, Energie, Gesundheit, Pflege, Wohnen, Bildung, Kultur usw.
Dies alles schafft die Grundlage für das Entstehen rechtsnationalistischer, rassistischer, fundamentalistischer, autoritärer und faschistischer Strömungen und Bewegungen. Diese sind der offensichtlichste Ausdruck einer zunehmend unsolidarischen, konkurrierenden und barbarischen Welt und stellen eine massive Gefahr dar.
Unsere Alternative
Unser gesellschaftliches Gegenmodell zum kapitalistischen Chaos ist der ursprüngliche Sozialismus: eine freie, solidarische und demokratische Gesellschaft ohne Hunger, Unterdrückung und Krieg.
Kernelemente dieses Modells sind:
1. Ausweitung der Grund- und Menschenrechte.
2. Eine bedürfnisorientierte, ökologische, demokratisch geplante und kontrollierte Wirtschaft statt einer privaten Profitwirtschaft.
3. Uneingeschränkte, direkte Rätedemokratie.
4. Unabhängigkeit der Gerichte.
5. Eigenaktivität und Selbstorganisation der Menschen sowie ihrer unmittelbaren Beteiligung an den gesellschaftlichen Entscheidungen.
6. Internationalismus statt Nationalismus.
7. Globale Solidarität und Frieden, statt weltweite Vorherrschaft einer Klasse oder eines Staates oder Blocks.
Dies ist letztendlich die Jahrtausende alte Idee von einem besseren Leben und einer besseren Welt. Eine Idee, die nicht nur die Arbeiter*innenbewegung seit ihrer Entstehung vorantrieb, sondern immer wieder Rebellionen und Revolutionen bis hinein ins 21. Jahrhundert inspirierte und inspiriert.
Die Verwirklichung dieser Idee hat zur Voraussetzung, dass der Kapitalismus überwunden wird. Dies bedeutet unter anderem, dass die Verfügungs- und Entscheidungsgewalt des Kapitals über die Produktion beseitigt und der bürgerliche Staatsapparat durch basisdemokratische Organe der Gegenmacht herausgefordert und letztendlich ersetzt wird. Also durch eine radikale Umgestaltung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse.
Eine solche revolutionäre Veränderung kann erfolgreich nur von der großen Mehrheit, einer politisch bewussten Arbeiter*innenklasse, gemeinsam mit existierenden, fortschrittlichen Initiativen und Bewegungen aus allen gesellschaftlichen Bereichen durchgesetzt werden.