Belegschaften als Spielball des Großkapitals?
(Teil I)
S. T.
Ein Gespenst geht um. Auch in der Rhein-Neckar-Region. Immer öfter kommt es zum Kauf beziehungsweise Verkauf von Firmen, ja von ganzen Konzernen. ABB und Hitachi, Alstom und General Electric, Nora und Interface, PFW und Hutchinson, VAG und Aurelius – das sind nur einige der Namen, die in der letzten Zeit bekannt geworden sind.
Vom Verkauf eines Konzerns, eines Unternehmens oder einer Firma, in welcher Form auch immer, profitieren im Zweifelsfall immer die beteiligten „Investoren“. Die Belegschaften, die den jeweiligen Laden am Laufen halten, jedoch so gut wie nie.
Erst verkauft und dann auch noch betrogen
Vorab ein Beispiel, das so oder so ähnlich in der Rhein-Neckar-Region passiert ist:
Ein Unternehmen stand kurz vor der (wirklichen) Schließung. Ein ausländischer Investor hat dieses Unternehmen übernommen und „generalsaniert“. Das heißt, massiver Personalabbau, „Überprüfung“ aller Arbeitsabläufe, Abbau betrieblicher und tariflicher Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Jetzt arbeiten dort die Überbleibsel der Belegschaft, die vorher tarifgebunden war, ohne Tarifbindung und für weit weniger als die Hälfte der ehemaligen Tarifentgelte.
Auch wenn ein Teil der Arbeitsplätze erhalten geblieben ist, so ist aus unserer Sicht dennoch nicht von einem positiven Beispiel zu sprechen. Wenn Ihr das anders bewertet oder Fälle kennt, bei denen es nach einem Verkauf für eine Belegschaft ohne Einschränkung besser geworden ist, dann berichtet uns das bitte.
Ausbluten durch „Finanzinvestoren“
Es gibt Unternehmensverkäufe, bei denen sich im ersten Moment nicht viel für eine Belegschaft ändert. Das hängt aber in der Regel mit der Strategie des „Investors“ zusammen. So folgen „Finanzinvestoren“ einer grundlegend anderen Strategie als sogenannte „strategische Investoren“.
„Finanzinvestoren“ wollen mit dem Einsatz von möglichst wenig Eigenkapital und mit geringem Risiko möglichst viel Profit in möglichst kurzer Zeit machen. Sie nehmen bei relativ geringem Eigenkapitalanteil große Kredite auf und kaufen damit ein Unternehmen. Ihr Ziel ist es, dieses nach einer gewissen Zeit, natürlich mit einer satten Preissteigerung, weiter zu verkaufen.
In der Zeit, in der die gekauften Unternehmen unter der Herrschaft der „Finanzinvestoren“ stehen, wird oftmals nur wenig in das laufende Geschäft eingegriffen. Das gekaufte Unternehmen muss in der Regel selbst die Kreditlast tragen. Die im Unternehmen erwirtschafteten Gewinne werden selbstverständlich vom „Investor“ abkassiert.
Doch der größte Profit entsteht zumeist beim nächsten Verkauf des Unternehmens. Gemessen am eingesetzten Eigenkapital sind Renditen von bis zu 100 % keine Seltenheit. Wenn der nachfolgende Käufer dann erneut ein „Finanzinvestor“ ist, geht das gleiche Spiel, nur in verschärfter Form – sonst würde das System nicht funktionieren – wieder von vorne los.
„Strategische Investoren“ als Alternative?
„Strategische Investoren“ verfolgen in der Regel etwas andere Ziele als „Finanzinvestoren“. Diese sind praktisch immer „Exit-orientiert“. Der „strategische Investor“ hat natürlich bei einer Beteiligung oder Übernahme ebenfalls Renditeziele, aber sie sind nicht so kurzfristig wie bei „Finanzinvestoren“.
„Strategische Investoren“ interessieren sich für den Zugriff auf Technologien, Expertenwissen und neue Märkte bis hin zur „Marktbereinigung“. Der Verkauf einer neu erworbenen Beteiligung an Dritte kommt meist nur dann in Betracht, wenn sich die gesetzten Ziele nicht umsetzen lassen oder sich im Laufe der Zeit ändern.
Auch wenn „strategische Investoren“ weniger „gierig“ als reine „Finanzinvestoren“ erscheinen – es geht ihnen nicht um die arbeitenden Menschen, sondern um „nachhaltige“ Profite. Insbesondere wenn sich die erwarteten Vorteile einer Beteiligung oder Übernahme nicht einstellen entstehen große Risiken für Arbeits- und Ausbildungsplätze. Denn auch ein „strategischer Investor“ kann diese gefährden. Es ist also für einen Betriebsrat und eine Belegschaft in jedem Fall erforderlich, sich die eigenen Interessen und Ziele bewusst zu machen und die Zielsetzungen von „Investoren“ kritisch zu prüfen.
[Fortsetzung folgt.]