Olym­pi­scher Brief“ gegen die Pro­fit­ori­en­tie­rung im Gesundheitswesen

O. T.

Warnstreik am Uniklinikum Heidelberg, 25. Januar 2018 (Foto:Avanti²)

Warn­streik am Uni­kli­ni­kum Hei­del­berg, 25. Janu­ar 2018 (Foto:Avanti²)

Ab 10. Janu­ar 2019 star­tet die bun­des­wei­te Akti­on „Olym­pi­scher Brief“ in Kiel. Sie will Druck für ein an den Bedürf­nis­sen der Men­schen ori­en­tier­tes Gesund­heits­sys­tem erzeu­gen. Von Kiel aus wird die 40 Meter lan­ge Schrift­rol­le mit dem Brief und mög­lichst vie­len Unter­schrif­ten in einem Sta­fet­ten­lauf quer durch Deutsch­land transportiert.

Die breit ange­leg­te Akti­on soll auf die schlim­me Situa­ti­on im Gesund­heits­we­sen auf­merk­sam machen und vor allem die Betrof­fe­nen in den Kran­ken­häu­sern ein­be­zie­hen. Die ent­spre­chen­den Ter­mi­ne für den Rhein-Neckar-Raum wer­den noch bekannt gegeben.

Am 5. Juni 2019 wird der Brief mit einem zen­tra­len Demons­tra­ti­ons­zug in Leip­zig der dort tagen­den Kon­fe­renz der Gesund­heits­mi­nis­te­rIn­nen über­ge­ben werden.

Unter­stützt die­se Aktion!
Face­book­sei­te: www.facebook.com/olympic.letter/

Im Fol­gen­den doku­men­tie­ren wir den „Olym­pi­schen Brief“

An
Die Gesundheitsminister*innenkonferenz,
den Bun­des­mi­nis­ter für Gesundheit,
die Gesundheitsminister*innen und -senator*innen der Länder,

wir schrei­ben Ihnen aus dem gan­zen Bun­des­ge­biet, aus öffent­li­chen, pri­va­ten, frei­ge­mein­nüt­zi­gen und kirch­li­chen Kran­ken­häu­sern. Wir sind Pfle­ge­kräf­te, Ärzt*innen, Heb­am­men, Rei­ni­gungs­kräf­te, Phy­sio- und Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen, MT-R-L-F-A‘s, Ser­vice-, Ver­wal­tungs- und Technikangestellte.

Wir haben es satt, aus­ge­nutzt und ver­heizt zu werden!
Die Bedin­gun­gen, unter denen wir arbei­ten machen krank – und gefähr­den die Patient*innen. Burn­out, Depres­sio­nen und chro­ni­sche Rücken­schmer­zen neh­men zu. Stress und Über­las­tung sind der uner­träg­li­che Nor­mal­zu­stand. Vie­le von uns sind unter­be­zahlt und pre­kär beschäf­tigt. Und wir sind viel zu Weni­ge. An uns wird gespart und es wird sich an uns berei­chert. Patient*innen wer­den blu­tig ent­las­sen und Ange­hö­ri­ge sind gezwun­gen den Pfle­ge­not­stand selbst abzu­fe­dern. Das macht uns wütend und wir neh­men es nicht län­ger hin!

Seit der Ein­füh­rung der Fall­pau­scha­len agie­ren Kran­ken­häu­ser wie Kon­zer­ne im Kon­kur­renz­kampf. Patient*innen und Beschäf­tig­te wer­den den Zwän­gen von Kos­ten­druck und Pro­fit­ma­xi­mie­rung unter­ge­ord­net. Ihr Leben, ihre Bedürf­nis­se und Sor­gen, selbst ihre Schmer­zen spie­len kei­ne Rol­le. Im durch­öko­no­mi­sier­ten Kran­ken­haus­be­trieb sind Gewinn und Ver­lust, schwar­ze und rote Zah­len die ein­zi­gen, uner­bitt­li­chen Taktgeber.

Die­ses Sys­tem ist poli­tisch gewollt und Sie, Minister*innen, ste­hen dafür in der Verantwortung.
Die Per­so­nal­un­ter­gren­zen, mit denen Sie vor­ge­ben zu han­deln, ändern dar­an nichts. Sie beschei­ni­gen sogar ¾ der Kran­ken­häu­ser, zu viel Per­so­nal zu haben und ermög­li­chen wei­te­ren Stel­len­ab­bau. Die Men­schen müs­sen ent­spre­chend ihres Bedarfs ver­sorgt wer­den und nicht ent­lang eines Minimums.

Die Her­aus­nah­me der Pfle­ge­per­so­nal­kos­ten aus den Fall­pau­scha­len und die Finan­zie­rung jeder neu ein­ge­stell­ten Pfle­ge­kraft durch die Kran­ken­kas­sen war ein rich­ti­ger Schritt in die­se Rich­tung. Ihm muss jetzt die Ein­füh­rung einer bedarfs­ori­en­tier­ten Per­so­nal­be­mes­sung fol­gen und kein bil­li­ger Trick, der den alten Zustand wie­der her­stellt, etwa mit Pflegepauschalen.

Wir for­dern eine ech­te Per­so­nal­be­mes­sung am Bedarf!
Schrei­ben Sie das gesetz­lich fest! Füh­ren Sie die ver­bind­li­che Bedarfs­er­mitt­lung auf Basis einer aktua­li­sier­ten Pfle­ge­per­so­nal­re­ge­lung (PPR) und ver­läss­li­che Per­so­nal­be­mes­sun­gen für alle Berufs­grup­pen in den Kli­ni­ken ein. Stel­len Sie die Finan­zie­rung aller Per­so­nal­kos­ten nach kran­ken­haus­in­di­vi­du­el­lem Bedarf dau­er­haft sicher. Gewähr­leis­ten Sie nach­hal­ti­ge Inves­ti­ti­ons­för­de­rung durch die Län­der. Schaf­fen Sie die Fall­pau­scha­len als Abrech­nungs­sys­tem ab!

Garan­tie­ren Sie damit gute Arbeits­be­din­gun­gen und bedarfs­ge­rech­te Ver­sor­gung in jeder Schicht. Dann – und nur dann – wer­den vie­le Teil­zeit­kräf­te wie­der auf­sto­cken, Berufsaussteiger*innen zurück­keh­ren und jun­ge Men­schen wer­den sich wie­der für den Pfle­ge­be­ruf entscheiden.

Kran­ken­haus­be­schäf­tig­te, Patient*innen und Ange­hö­ri­ge aus ganz Deutsch­land ste­hen hin­ter die­sen For­de­run­gen und mit ihnen die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit der Men­schen in die­sem Land. Denn alle wis­sen, dass es sie selbst oder Ange­hö­ri­ge tref­fen kann und wird. Wir alle brau­chen eine gute und siche­re Ver­sor­gung im Kran­ken­haus. Wir haben ein Recht dar­auf! Gemein­sam mit über 20 Bünd­nis­sen aus dem gesam­ten Bun­des­ge­biet for­dern wir es ein.

Han­deln Sie. Jetzt! 
Mehr von uns ist bes­ser für alle!

Aus Avan­ti² Rhein-Neckar Janu­ar 2019
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