Mitglieder der Gewerkschaft GDL klar für Streik
Anlässlich des am 19. Dezember 2023 bekanntgegeben Ergebnisses der Urabstimmung sprach Avanti² mit Danny Grosshans, 2. stellvertretender Vorsitzender des Bezirks Süd-West der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).*
Das Urabstimmungsergebnis liegt vor. Wie ist die Stimmung an der Basis der GDL?
Die Mitglieder der GDL haben mit einem klaren Votum von 97 Prozent für längere und häufigere Arbeitskampfmaßnahmen gestimmt. Dieses eindeutige Signal der GDL-Mitglieder spiegelt auch die Stimmung in den Betrieben wider und zeigt die solidarische Entschlossenheit, gemeinsam für bessere Arbeits- und Entgeltbedingungen den Arbeitgebern die Stirn zu zeigen.
Die Deutsche Bahn AG behauptet, die Forderungen der GDL seien „völlig überzogen“. Insbesondere die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung wird als nicht verhandelbar hingestellt.
Woran orientiert sich die GDL bei ihren Forderungen?
Wann wurden die Forderungen der GDL denn in der Vergangenheit als angemessen bezeichnet? Wir hören diese Leier vor und während jeder Tarifverhandlung vom Pressesprecher des „roten Riesen“. Nach unserem Ermessen sind aber nicht die berechtigten Forderungen der GDL-Mitglieder überzogen, sondern die Bonuszahlungen in den Vorstandsetagen der DB AG in Höhe von 5 Millionen Euro bei immer schlechter werdender Leistung. Deren Motto lautet: „Wasser predigen und selbst im Hinterzimmer den Wein flaschenweise köpfen.“
Seit Jahren hören unsere Kolleginnen und Kollegen Versprechungen, dass die Arbeitgeber für einen ausgeglichenen Personalbestand sorgen wollen. Doch es passiert absolut nichts! Schichten werden produktiver, Ruhezeiten kürzer und Überstunden häufen sich an. Die Berufe im unregelmäßigen Wechseldienst werden auf Grund der schlechten Arbeitsbedingungen im hart umworbenen Fachkräftemarkt nicht mehr angenommen. Die Absenkung der Arbeitszeit schafft Perspektiven für das vorhandene Personal und am Ende werden sich neue Eisenbahnerinnen und Eisenbahner wieder für unsere ehrenwerten Berufe an 365 Tagen im Jahr begeistern können.
Unsere GDL-Amtsinhaber in den Betriebsräten und Ortsgruppen nehmen täglich die Sorgen und Nöte unserer Kolleginnen und Kollegen auf. Dabei kristallisierte sich an der Basis eindeutig der Ruf nach einer spürbaren Belastungssenkung heraus. Deshalb stehen am Ende eines demokratischen Prozesses in dieser Tarifrunde neben den monetären Verbesserungen eben eine 5-Tage-Woche und die Absenkung der Arbeitszeit zur Debatte.
Welche Rolle spielt das Tarifeinheitsgesetz (TEG) in der aktuellen Tarifauseinandersetzung?
Die GDL handelt auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen. Wir haben das Tarifeinheitsgesetz angenommen und haben in immer mehr Betrieben die durch das TEG gesetzlich geforderten Mehrheiten. Dass jetzt die DB AG der GDL verwehrt, Tarifverträge für DB Netz (Fahrdienstleiter) abzuschließen zeugt davon, dass ein Staatskonzern das TEG tendenziös und nur in seinem und dem Interesse seiner Hausgewerkschaft (der EVG) zur Anwendung bringt oder eben nicht. Die GDL streikt nicht gegen das TEG, sondern für gute Arbeits- und Entgeltbedingungen. Im Übrigen ist die Deutsche Bahn AG das einzige Unternehmen in Deutschland, welches das TEG zur Anwendung bringt. Alle anderen Arbeitgeber leben Tarifpluralität und versuchen nicht, ihre Belegschaften zu spalten!
Die GDL hat den Ruf, die kämpferischste Gewerkschaft Deutschlands zu sein. Zahlt sich das bei der Mitgliedergewinnung aus?
Die Ergebnisse überzeugen! Im Jahr 2002 haben wir uns erfolgreich dagegen gewehrt, dass es Lokführer und Zugbegleiter 1. und 2. Klasse innerhalb des DB-Konzerns gibt. Das Personal im Nahverkehr sollte damals mehr arbeiten und weniger verdienen als im Fern- oder Güterverkehr. Die damalige Transnet (heute EVG) hatte den Tarifvertrag dafür bereits unterschrieben. Durch unsere Abwehrhaltung gegen die Abwärtsspirale haben immer mehr Zugbegleiter den Weg in die GDL gefunden. Mit der Besitzstandswahrung der Zusatzversorgung haben wir 2021 ebenfalls für alle Eisenbahnerinnen und Eisenbahner eine massive Verschlechterung verhindern können. Das führte erneut zu einem enormen Mitgliederzuwachs. Jetzt, wo wir als Gewerkschaft für alle direkten Eisenbahner unseren Organisationsbereich – auch dank des TEG – erweitert haben, verzeichnen wir Zuwächse aus allen Bereichen.