Die Aktiven sind nicht klein zu kriegen!
W.K. / O.T.
Schon mehrfach haben wir über die Auseinandersetzungen beim Weinheimer Bodenbelagshersteller nora systems GmbH berichtet.
Seit vielen Jahren versucht die sozialpartnerschaftlich ausgerichtete BR-Mehrheit gemeinsam mit der Geschäftsleitung, die kritischen gewerkschaftlichen Kräfte im Betriebsrat auszuschalten. Fast alle Mittel, bis hin zur fristlosen Kündigung, sind dabei angewendet worden. Bisher waren diese Mobbing-Attacken allerdings letzlich erfolglos.
BR-Mobbing
In der letzten Avanti² haben wir dargestellt, wie die Betriebsratsmehrheit im Vorfeld der vom Landesarbeitsgericht angeordneten Wahlwiederholung Stimmung gegen die kritischen Gewerkschafter machte. Wir haben anlysiert, mit welchen Methoden sie das Wahlergebnis in ihrem Sinne zu beeinflussen versuchte.
Ihr Ziel ist dabei klar: Die Repräsentanten der kritischen Minderheit im Betriebsrat sollten diskreditiert und für die Belegschaft als nicht wählbar abgestempelt werden. Als Ergebnis der Betriebsratswahl sollte die kritische Opposition ausgeschaltet werden. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der jetzt abgeschlossenen Betriebsratswahl zu bewerten.
Neun Listen
Am 12.05.2015 war Wahltag. Die von den IG BCE-Vertrauensleuten angestrebte Persönlichkeitswahl war verhindert worden. Die bisherige BR-Mehrheit hatte sich nämlich dazu entschlossen, auf jeden Fall eine Listenwahl zu provozieren. Vor diesem Hintergrund kam es zur Kandidatur von insgesamt neun Listen mit 52 KandidatInnen. Diese waren in ihrer Mehrheit klar pro Kapital orientiert. Lediglich die Liste der Gewerkschaft IG BCE mit ihren 13 Kandidaten hatte sich in ihrem Wahlprogramm eindeutig für die Durchsetzung der Belegschaftsinteressen positioniert. Auf dieser Liste haben auch die bisherigen Minderheitsvertreter im Betriebsrat Helmut Schmitt und Herbert Keller kandidiert.
Die Namen dieser Listen sprechen für sich. Sie machen deutlich, welche inhaltlichen Positionen vertreten werden. Diejenigen, die als Personen in den neuen Betriebsrat gewählt worden sind, repräsentieren bis auf drei Ausnahmen wieder die alte Zusammensetzung des Gremiums nach der BR-Wahl 2014.
Licht und Schatten
Wichtig zu erwähnen ist, dass der bisherige BR-Vorsitzende G. Yilmaz nicht mehr zur Wahl angetreten ist. Damit ist ein besonders übler Vertreter der alten BR-Mehrheit abgetreten. Offensichtlich hat er seine Wiederwahl als fraglich angesehen.
Das Ergebnis macht trotzdem deutlich, dass es nicht gelungen ist, die Mehrheitsverhältnisse bei nora systems GmbH zu ändern. Es ist der alten Mehrheit sogar gelungen, ihr Ergebnis aus 2014 zu verbessern. Die Schmutzkampagne garniert mit Falschinformationen gegen die Vertreter der Minderheit im Vorwahlkampf hat insofern Früchte getragen.
Nichtsdestotrotz haben alte BR-Mehrheit und Geschäftsleitung aber ein wesentliches Ziel nicht erreicht: Die entscheidende Schwächung bzw. die Ausschaltung der kritischen Gewerkschafter Helmut Schmitt und Herbert Keller.
Im Gegenteil! Gegenüber zwei kritischen BR-Mitgliedern, die aus der BR-Wahl 2014 übrig geblieben waren, sind jetzt immerhin drei geworden. Das ist ein nicht zu unterschätzender Erfolg für die Minder- heitsposition.
Neu-alte Mehrheit
Dennoch ist völlig klar, wo es lang geht. Trotz der vielen Listen haben sich die verschiedenen gewählten Vertreter der alten Mehrheits-Strömumg schon wieder zusammengefunden, um gemeinsam zu koalieren. Die Mehrheitsverhältnisse sind insofern geklärt.
Der Beweis dafür ist in der konstituierenden BR-Sitzung am 19.05.2015 erbracht worden. Dort wurde mit klarer Mehrheit der Listenvertreter der „Alternative für nora“, Jürgen Zang, zum neuen BR-Vorsitzenden gewählt. Sein Stellvertreter wurde wieder Hans Erich Baumann von der Liste „Verantwortung für Nora“. Helmut Schmitt, der ebenfalls für die Funktion des Vorsitzenden bzw. des stellvertretenden Vorsitzenden kandidiert hatte, bekam in beiden Fällen nur die drei Stimmen seiner eigenen Liste.
Jürgen Zang, der im letzten Jahr erstmals in den BR gewählt worden war, hatte zwar erklärt, dass er für einen Neuanfang im Betriebsrat stehe. Diese Bekundung ist aber aufgrund der Schmutzkampagne im Vorfeld der BR-Wahl, die ja auch die Zustimmung des neuen BR-Vorsitzenden hatte, äußerst unglaubwürdig.
Welche Perspektiven?
Die Kollegen der Minderheit werden sich - wie in den Jahren zuvor - darauf einstellen müssen, dass sie per Abstimmung im Betriebsrat wenig bis nichts erreichen werden. Wichtig ist, dass sie offensiv den Schulterschluss mit der Belegschaft suchen und Aufklärung betreiben. Es gilt, die Belegschaft davon zu überzeugen, dass nur durch ihre Selbsttätigkeit ihre eigenen Interessen nachhaltig Gehör finden werden. Gerade die Arbeit im gewerkschaftlichen Vertrauenskörper wird hierfür der wichtigste Hebel sein. Nur dann kann es auch gelingen, bei der nächsten BR-Wahl die Mehrheitsverhältnisse bei Nora positiv zu ändern.